Urteil in Mailand Deutsche Bank im Zinswetten-Streit freigesprochen

Mailand · Großer juristischer Erfolg für die Deutsche Bank und die UBS. Ein Berufungsgericht in Mailand hat die beiden Banken sowie die HRE-Tochter Depfa und JPMorgan vom Vorwurf freigesprochen, die Stadt Mailand mit riskanten Zinswetten über den Tisch gezogen zu haben.

Die Baustellen der Deutschen Bank
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Das Gericht erklärte, der Vorwurf des schweren Betrugs entbehre jeder Grundlage. Der Prozess gilt als Präzedenzfall, er genoss in Italien hohe Aufmerksamkeit, weil Hunderte Kommunen ähnlich verlustreiche Geschäfte eingegangen waren. In erster Instanz waren die vier Banken zu Millionenstrafen verurteilt worden, gegen neun Mitarbeiter waren Bewährungsstrafen von bis zu acht Monaten verhängt worden. Auch sie sprach das Berufungsgericht frei.

Die Staatsanwaltschaft kann innerhalb von 90 Tagen Revision beim obersten Gericht einlegen. Staatsanwalt Piero de Petris sagte, er werde sich mit einer Entscheidung Zeit lassen. "Man muss erst einmal das Urteil lesen." UBS-Anwalt Fabio Cagnola äußerte sich zufrieden: "Besser (als das Urteil) wäre nur eine Entschuldigung gewesen." Ein Deutsche-Bank-Sprecher sagte: "Das Urteil bestätigt, dass die Deutsche Bank und ihre Mitarbeiter korrekt und im Einklang mit Gesetzen und Regulierungen gehandelt haben."

Mailand wollte sich mit dem Swap-Kontrakt gegen die schwankenden Zinsen auf eine nahezu 1,7 Milliarden Euro schwere 30-jährige Anleihe absichern, die die Stadt 2005 begeben hatte. Ähnliche Zinswetten waren an Hunderte Kommunen und Regionalverwaltungen in Italien verkauft worden. Die Banken versprachen den Stadtkämmerern niedrigere Zinsen - doch in der Finanzkrise verloren sie Millionen, weil sich die Märkte nicht in die Richtung bewegten, auf die sie gesetzt hatten. 2013 saßen nach Angaben des Finanzministeriums noch 275 Verwaltungen auf 536 Derivate-Kontrakten im Volumen von 27,5 Milliarden Euro. Ihnen drohen Milliardenverluste. Der Staat hatte den Kommunen solche Geschäfte 2009 verboten.

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Foto: AP

Die Deutsche Bank und andere deutsche Geldhäuser hatten riskante Zinsswaps auch in Deutschland an Stadtkämmerer und mittelständische Firmen verkauft. Auch diese entpuppten sich als verlustreich für die Käufer. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte die Deutsche Bank im Fall eines Mittelständlers aus Hessen verurteilt, weil die komplexe Transaktion nach seiner Auffassung "bewusst zulasten des Anlegers" konstruiert worden sei. Seither haben sich viele Banken mit Kommunen und Firmen auf Vergleiche geeinigt. Eigentlich darf auch in Deutschland die öffentliche Hand keine spekulativen Finanzgeschäfte eingehen.

In Mailand waren die Banken in erster Instanz zu je einer Million Euro Strafe verurteilt worden. Zudem sollten insgesamt 87 Millionen Euro vermeintlich unrechtmäßig kassierte Gewinne einbehalten werden. Allein die Deutsche Bank hätte 24,3 Millionen Euro zurückgeben müssen, die Depfa knapp 24 Millionen Euro. Staatsanwalt De Petris hatte daran in seinem Plädoyer im Berufungsverfahren festgehalten und zuletzt noch Haftstrafen von sechs Monaten für vier Banker gefordert. Doch das Gericht gab der Berufung statt.

(REU)
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