Betrugsvorwurfs Deutsche-Bank-Chef Fitschen ab Dienstag vor Gericht

München · Für Jürgen Fitschen sind dies entscheidende Tage. Der Ko-Chef der Deutschen Bank will die Neuausrichtung des Kreditinstituts anpacken. Und praktisch gleichzeitig muss er sich vor dem Landgericht München I gegen eine drohende Verurteilung und einen damit wohl verbundenen Verlust seines Jobs wehren.

Die Protagonisten im Kirch-Drama
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Foto: dpa, nie pzi lof sja

Am Dienstag beginnt der Deutsche-Bank-Prozess gegen Fitschen und vier Ex-Vorstände des Geldhauses, darunter die früheren Chefs Josef Ackermann und Rolf Breuer. 110 Seiten umfasst der Anklagesatz der Staatsanwaltschaft. Es ist ein detaillierter Abriss eines des größten Wirtschaftskrimis der deutschen Geschichte - über die Pleite des Medienmoguls Leo Kirch und die Rolle der Deutschen Bank darin.

Eine womöglich gezielte indiskrete Interviewäußerung Breuers beschleunigte Anfang 2002 die milliardenschwere Pleite des Kirch-Konzerns. Dem vorausgegangen waren intensive Gespräche hinter Kirchs Rücken über eine Zerschlagung seines Konzerns, einmal sogar unter Beteiligung des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD). Nach einem jahrelangen Rechtsstreit, während dessen Verlauf Leo Kirch 2011 mit 84 Jahren starb, zahlte die Bank vor gut einem Jahr 925 Millionen Euro Schadenersatz an die Kirch-Erben.

Fitschen beteuert Unschuld

Die Äußerungen der insgesamt fünf Angeklagten in dem Zivilprozess bilden die Grundlage für die Anklage in diesem Strafprozess. Im Urteil hatte Richter Guido Kotschy unmissverständlich klar gemacht, dass er die Herren von der Deutschen Bank mit ihrem großen Anwältestab für dreiste Lügner hält, die das Gericht übertölpeln und so eine Zahlung an Kirch verhindern wollten. Diesen Vorwurf griff die Staatsanwaltschaft auf und erhob den Vorwurf des versuchten schweren Prozessbetrugs.

Darauf steht eine Strafe zwischen einem und zehn Jahren Haft. Für Fitschen geht es in dem zunächst bis September terminierten Prozess um alles. Einen Vergleich als schnelle Lösung habe er nicht in Erwägung gezogen, sagte der 66-Jährige in der Illustrierten "Stern". "Es wird jetzt eben ein bisschen ungemütlich." Fitschen zeigte in dem Interview kurz vor Prozessbeginn gemischte Gefühle. "Das Fatale ist, dass einen manche schon vorverurteilen", klagte er. Gleichzeitig beteuerte er seine Unschuld. "Ich war ja aufrichtig", sagte der Bankchef.

Aufrichtigkeit wird Schlüsselfrage

Tatsächlich wird die Bewertung der Aufrichtigkeit die Schlüsselfrage für Fitschen in dem Prozess. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft entwarf Breuer zusammen mit der Rechtsabteilung der Bank für den Zivilprozess eine Verteidigungsstrategie mit falschen Angaben zum Ablauf einer Vorstandssitzung wenige Wochen vor der Kirch-Pleite. Dieser Verteidigungsstrategie sollen sich die vier Mitangeklagten - außer Fitschen und Ackermann noch die ehemaligen Vorstände Clemens Börsig und Tessen von Heydebreck - angeschlossen haben.

Allerdings scheint Fitschen in dem Zivilprozess schon kräftige Bauchschmerzen gehabt zu haben. Die Anklage ist überzeugt, dass er sich noch gut an die Sitzung kurz vor der Kirch-Pleite erinnerte und deshalb genau gewusst habe, dass die Breuer-Verteidigungsstrategie auf einer Lüge aufbaute. Während die anderen Angeklagten vor Gericht aber dieser Strategie entsprechend falsche Aussagen gemacht haben, habe Fitschen sich bei seiner Zeugenaussage nicht mehr an die Absprachen gehalten.

"Vage und in sich nicht schlüssige Angaben"

Fitschen habe während seiner Vernehmung "vage und in sich nicht schlüssige Angaben" gemacht, erklärt die Staatsanwaltschaft. Damit habe er erreichen wollen, dass die Zivilklage von Kirch abgewiesen wird, ohne dass er die falschen Angaben der anderen bestätigt. Später sei Fitschen dann einfach nicht mehr zur Zeugenaussage erschienen. Weil er zunächst mitmachte und später die Lügengeschichte nicht stoppte, habe er sich schuldig gemacht.

Bis Ende September sind fast alle Dienstage für das Verfahren geblockt, mindestens 16 Prozesstage hat das Gericht veranschlagt. Kostbare Zeit, die Fitschen gut für die Deutsche Bank brauchen würde und die er nun auf der Anklagebank verbringt.

(AFP)
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