John Cryan wird Nachfolger Deutsche-Bank-Chefs Jain und Fitschen treten zurück

Frankfurt/Main · Die Co-Chefs der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen und Anshu Jain, haben überraschend ihren Rücktritt angekündigt. Jain wird zum 30. Juni 2015 zurücktreten, Jürgen Fitschen zum Abschluss der Hauptversammlung im Mai 2016, teilte die Deutschen Bank am Sonntag in Frankfurt mit.

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Foto: dpa, brx fpt tmk

Aufsichtsratsmitglied John Cryan (54) wurde gleichzeitig zum 1. Juli 2015 zum Co-Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank ernannt. Nach dem Ausscheiden von Fitschen soll Cryan alleiniger Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank werden.Zuvor hatten bereits das "Wall Street Journal" und die "Financial Times" über den bevorstehenden Schritt berichtet.

Der Brite Cryan ist seit 2013 Mitglied des Aufsichtsrats der Deutschen Bank und hat die Funktion des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses inne. Er ist zudem Mitglied des Risikoausschusses. Mit Amtsantritt als Co-Vorstandsvorsitzender wird er sein Mandat als Mitglied des Aufsichtsrats der Bank niederlegen.

Cryan war zudem von 2012 bis 2014 Präsident Europa von Temasek, dem Staatsfonds Singapurs. Von 2008 bis 2011 war er Finanzvorstand der UBS. Nach dem Studium an der Universität Cambridge startete er seine Karriere 1982 bei den Wirtschaftsprüfern von Arthur Andersen in London, seit 1987 hatte er verschiedene Funktionen im Corporate Finance-Geschäft und in der Kundenberatung von UBS und SG Warburg inne.

Der Aufsichtsrat habe Jain gebeten, bis Januar 2016 als Berater der Bank zur Verfügung zu stehen. Fitschen soll einen geregelten Übergang sicherstellen und bis zum Abschluss der Hauptversammlung am 19. Mai 2016 im Amt bleiben.

Sven Giegold, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europa-Parlament, begrüßt den Rückzug der Deutsche-Bank-Spitze als "wichtigen Schritt, um das Vertrauen in die Deutsche Bank neu aufzubauen". "Die Rücktritte sind insbesondere für die leidgeplagten Investoren gute Nachrichten", sagt Giegold unserer Redaktion. "Wie die Fifa im Sport braucht die Deutsche Bank in der Finanzwelt eine konsequente Selbstreinigung." Zudem sei die Politik gefordert, die Eigenkapitalanforderungen an sehr große Banken weiter zu erhöhen und das Investmentbanking abzutrennen, sagte Giegold: "Systemrelevante Banken bleiben ein Fremdkörper in der sozialen Marktwirtschaft."

Das Duo steht seit Jahren heftig in der Kritik

Milliardenschwere Rechtsstreitigkeiten, eine unrühmliche Vergangenheit und eine maue Aktienkursentwicklung: Das Duo steht seit Jahren heftig in der Kritik. Bei der Hauptversammlung im Mai räumten Jain und Fitschen auch selbst ein, dass ihre bisherige Amtszeit seit Juni 2012 keine reine Erfolgsgeschichte gewesen sei. Der Abbau von Altlasten sei teurer und dauere länger als gedacht. Zudem habe das Management die neuen Vorgaben der Aufseher weltweit unterschätzt.

Trotzdem seien die vergangenen drei Jahre "keine verlorene Zeit" gewesen, bilanzierte Fitschen: "Wir fühlen uns auf einer besseren Basis als vor drei Jahren." Beide Co-Chefs bekräftigten, sie fühlten sich auf "dem richtigen Weg". Die Aktionäre überzeugte das nicht. Sie zeigten dem Führungsduo die gelbe Karte: Jain und Fitschen wurden lediglich mit jeweils 61 Prozent entlastet. Üblich sind mit mindestens 90 Prozent erheblich mehr. Direkte Folgen hatte das nicht, weil nur der Aufsichtsrat über eine Abberufung von Vorständen entscheiden kann.

Zuvor schloss Jain Rücktritt noch aus

Auf der Hauptversammlung vor knapp drei Wochen hatte Jain einen Rücktritt noch ausgeschlossen. "Das Beste, was ich tun kann, ist die Probleme der Bank zu lösen und ihre Leistung zu optimieren", hatte er in einem Zeitungsinterview gesagt. Investoren und Aktionäre hatten Jain und Fitschen wegen der neuen Strategie, eines halbherzigen Vorstandsumbaus und der vielen Rechtsstreitigkeiten, in die die Deutsche Bank verwickelt ist, deutlich kritisiert.

39 Prozent des anwesenden Kapitals verweigerten dem Deutsche-Bank-Vorstand die Entlastung - das kam einer Ohrfeige gleich. "Bei so einem Ergebnis kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen", hatte einer der zehn größten Aktionäre gemahnt. Die Doppelspitze steht aber schon länger unter Druck. Wesentliche Ziele - insbesondere für Rendite und Kosten - wurden nicht erreicht. Selbst Aufsichtsratschef Paul Achleitner attestierte Jain und Fitschen auf der Hauptversammlung eine eher "durchwachsene" Bilanz. Die Aufklärung der Rechtstreitigkeiten erweist sich als länger und kostspieliger als gedacht.

Erst am Freitag wurden Aktionäre und Beobachter der Deutschen Bank durch die Nachricht aufgeschreckt, dass ein Fall von Geldwäsche in Russland, mit dem die Bank konfrontiert ist, mit umgerechnet sechs Milliarden Dollar deutlich größer ausfallen könnte als gedacht. Im April hatte das Institut verkündet, die vor sieben Jahren übernommene Postbank wieder abzuspalten. Das restliche Privatkundengeschäft mit den "blauen" Filialen wird zusammengestrichen, während die Investmentbanker wieder an Macht gewinnen.

(dpa/rtr/afp)
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