Schuldenkrise in Europa Der Ton wird deutlich schärfer

Brüssel (RPO). Zwei Tage vor dem Krisen-Gipfel in Brüssel verschärft sich in der Schuldenkrise der Umgangston. Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, fordert mit eindringlichen Worten eine schnelle Lösung für Griechenland. Für Aufsehen sorgt zudem ein Interview des ehemaligen EZB-Chefvolkswirts Otmar Issing. Dieser fordert im Falle einer Umschuldung den Rauswurf Athens aus der Gemeinschaftswährung.

 Umschuldung nur bei Ausstieg aus dem Euro: Finanzexperte Otmar Issing.

Umschuldung nur bei Ausstieg aus dem Euro: Finanzexperte Otmar Issing.

Foto: dapd, APN

Deutliche Worte 48 Stunden vor dem nächsten Gipfel zur Rettung des Euros: Der frühere Chefvolkswirt der EZB, Otmar Issing, hat eine Umschuldung Griechenlands mit Verbleib im Euro-Raum als "GAU" bezeichnet. "Bleibt Griechenland danach Mitglied der Währungsunion und kann auf weitere Hilfen sowie Refinanzierung bei der EZB vertrauen, ist das Ende der Währungsunion eingeläutet", sagte Issing der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

 EZB-Chef Jean-Claude Trichet übte Kritik am Vorgehen der großen ratingagenturen im Zusammenhang mit der Euro-Krise.

EZB-Chef Jean-Claude Trichet übte Kritik am Vorgehen der großen ratingagenturen im Zusammenhang mit der Euro-Krise.

Foto: AFP, AFP

Die Signalwirkung wäre seiner Ansicht nach fatal. "In Griechenland würden so gut wie alle Reformbemühungen eingestellt. Das Land erhielte faktisch einen Freibrief, mit der verhängnisvollen Politik der Vergangenheit fortzufahren", sagte der Ökonom der Zeitung.

Trichet drückt auf das Tempo

Der amtierende Chef EZB erhöht vor dem Treffen indes den Druck auf die Teilnehmer. Zu einem Zahlungsausfall der Athener Regierung dürfe es auf keinen Fall kommen. "Wir fordern die Euro-Länder auf, so schnell wie möglich eine entsprechende Lösung zu finden", sagte Trichet der slowakischen Zeitung "Hospodarske Noviny". "Ein Kreditereignis, ein Zahlungsausfall, teilweise oder nicht, muss vermieden werden."

Die Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder kommen am Donnerstag zu einem Krisengipfel in Brüssel zusammen. Dabei soll es um ein zweites Hilfspaket für das hochverschuldete Griechenland gehen. Offen ist noch, wie private Gläubiger des Landes wie Banken und Versicherungen diesmal an dem Rettungseinsatz beteiligt werden können, ohne dass die Ratingagenturen dies als einen Zahlungsausfall Griechenlands werten. Deutschland ist für einen Beitrag der privaten Gläubiger, die EZB fürchtet dadurch jedoch gefährliche Turbulenzen an den Finanzmärkten.

Mehrere Modelle

Bis zum Gipfel arbeiten die Experten der Euro-Länder unter Hochdruck an einer Lösung. Am Dienstag fand in Brüssel ein Treffen ranghoher Finanzfachleute aus den Euro-Ländern statt, angereist war etwa der Wirtschaftsberater von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, Xavier Musca. Diskutiert werden mehrere Modelle für die Griechenland-Rettung. In dieser Woche müsse das Griechenland-Problem langfristig gelöst werden, lautete eine Einschätzung in ranghohen Brüsseler Kreisen. Es gebe "Signale", dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen Beschluss für eine längerfristige Lösung auf dem Gipfel mittragen werde.

Eine Option ist, dass die Regierung in Athen weitere Milliarden aus dem Euro-Rettungsfonds erhält, um damit seine eigenen Staatsanleihen auf dem Markt wieder zurückzukaufen. Denn die Schuldtitel werden im Moment etwa zur Hälfte ihres Nennwertes gehandelt. Möglich wäre auch, dass der Rettungsfonds die griechischen Anleihen direkt aufkauft. So würde sich die Schuldenbelastung des Landes verringern, das Szenario eines Zahlungsausfalls wäre abgewendet. Allerdings rechnen Experten damit, dass die Preise für griechische Staatsanleihen umgehend anziehen, wenn es zu dieser Lösung kommen sollte.

(DAPD/RTR/AFP/csi)
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