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Konzerne machen Kasse Der Stromkunde zahlt die Zeche

Düsseldorf (RPO). Schwere Vorwürfe gegen die deutschen Stromversorger. Einer Studie der Grünen zufolge, knöpfen die Konzerne den Endverbrauchern in diesem Jahr eine Milliarde Euro zu viel ab, obwohl die Preise an der Leipziger Strombörse deutlich sinken. Verbraucherschützer stützen diesen Eindruck. Denn die Kosten für die Bürger kennen offenbar nur eine Richtung: nach oben.

In den vergangenen Jahren sanken die Preise an der Leipziger Strompreise um 30 bis 40 Prozent. Eine Kilowattstunde Strom wurde somit im Einkauf 0,8 Cent billiger. Dies geht aus einer Studie der Grünen Bundestagsfraktion hervor, aus der die "Saarbrücker Zeitung" am Dienstag zitiert. Die Kostenersparnisse, so der Vorwurf, würden jedoch nicht an die Kunden weitergegeben. Im Gegenteil: Die Kosten für Stromverbraucher in Deutschland steigen. Und die Versorger kassieren demnach eine Milliarde Euro mehr als eigentlich angemessen.

DIW kritisiert Konzerne

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat die Energiekonzerne ebenfalls wegen zu hoher Strompreise in Deutschland kritisiert. "Die Energiekonzerne hätten die Strompreise für die Verbraucher eigentlich senken müssen", sagte die Energie-Expertin des Instituts, Claudia Kemfert, gegenüber unserer Redaktion.

Sie bestätigte damit das Gutachten im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion. Demnach konnten sich die Energiekonzerne seit 2008 deutlich günstiger Strom beschaffen als in den Jahren davor. "Das Bundeskartellamt sollte die Strompreisentwicklung seit 2008 untersuchen", forderte Kemfert. Sollte sich dabei herausstellen, dass die Konzerne ihre marktbeherrschenden Stellungen ausnutzten, "müsste das Kartellamt eingreifen".

454 Anbieter erhöhen die Preise

Die Zahlen von Verbraucher-Portalen stützen diesen Eindruck. So weist Verivox in seiner Halbjahresbilanz einen Anstieg der Stromkosten von zwei Prozent aus. Für einen Musterhaushalt fällt dieser Anstieg durchaus ins Gewicht. Wurden im Januar 2010 noch 22,59 Cent pro Kilowattstunden fällig, mussten im Juli bereits 22,97 Euro bezahlt werden.

Dabei drehen aber nicht alle Anbieter an der Preisschraube. Nach Angaben von Verivox erhöhten 454 Anbieter die Preise sogar durchschnittlich um sechs Prozent. 129 Grundversorger senkten die Kosten um immerhin durchschnittlich fünf Prozent.

Auch ein Blick auf die Entwicklung der vergangenen zwei Jahre macht Verbrauchern wenig Hoffnung. Seit Januar 2008 stiegen die Preise laut Verixox um rund 2,3 Cent pro Kilowattstunde an. Besonders deutlich war der Anstieg am Jahresende 2008. Hier stiegen die Preise um deutlich über einen Cent an.

Für RWE-Kunden ist es ab Sonntag mal wieder so weit: Mehrere Millionen Haushalte müssen im neuen Monat mehr für den Grundversorgungstarif der RWE bezahlen, im Durchschnitt etwa 60 Euro im Jahr pro Haushalt. Laut dem Vergleichsportal Toptarif haben weitere Energieversorger bereits einen Preiszuschlag ab September angekündigt.

"Es droht ein heißer Herbst"

"Auf dem Strommarkt droht uns ein heißer Herbst", sagt FlexStrom-Vorstand Martin Rothe. "Die Energiepreise werden wohl weiter anziehen." Untersuchungen zufolge liegt der Strompreis der großen Versorger derzeit bei 23 Cent je Kilowattstunde und könnte bald schon auf über 25 Cent steigen. Für eine Familie mit 4500 Kilowattstunden Jahresverbrauch ist das eine Mehrbelastung von etwa 90 Euro im Jahr.

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Bärbel Höhn, forderte die Energiekonzerne auf, die Kunden endlich von den stark gefallenen Einkaufspreisen profitieren zu lassen. Höhn macht jedoch auch den Verbrauchern Vorwürfe.

Offenbar sei bisher die Wechselbereitschaft noch nicht groß genug, "sonst würde die Weitergabe von Preissenkungen besser funktionieren", erklärte Höhn. Auch die energiewirtschaftliche Sprecherin der Grünen, Ingrid Nestle, beklagt den nicht funktionierenden Wettbewerb auf dem Strommarkt.

Streit um Atomkraft geht weiter

Die von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) geplante moderate Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke stößt indes in der Energiebranche auf Widerstand. RWE-Vorstandschef Jürgen Großmann warnte in der "Süddeutschen Zeitung" vor einem vorzeitigen Abschalten von Atomkraftwerken, weil damit betriebs- und volkswirtschaftliches Kapital verschleudert werde.

Gerade Deutschland mit seiner immer noch starken und "hoffentlich auch weiterhin leistungsfähigen industriellen Basis" brauche die Atomkraft als tragende Säule, sagte Großmann.

(csi/felt)
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