Interview mit Telekom-Chef René Obermann "Der Preiskampf geht weiter"

Bonn (RPO). Telekomchef René Obermann über Strategiepläne im kommenden Jahr und erste Erfolge der Service-Offensive. Zudem erklärt der Manager, warum das Sparprogramm noch lange nicht abgeschlossen ist und wie das iPhone für den Durchbruch des mobilen Internet sorgt.

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Foto: AFP

Herr Obermann, Sie blicken auf ein turbulentes Jahr zurück. Die Auseinandersetzung mit Verdi und der Streik um die Ausgliederung von 50000 Mitarbeitern waren prägend. Hat sich denn der Service durch die neue Gesellschaft verbessert?

Obermann Ja, zum Beispiel die Erreichbarkeit in den Callcentern hat sich stark verbessert. Sie liegt mittlerweile bei rund 90 Prozent, mehr als 75 Prozent der Anrufe werden binnen 20 Sekunden angenommen. Die Termintreue beim Vor-Ort-Service hat sich zuletzt auf mehr als 75 Prozent verbessert, um ein zweites Beispiel zu nennen. Künftig werden noch die Computersysteme und Arbeitsabläufe optimiert, damit die Mitarbeiter einen noch genaueren Überblick über die Aktivitäten des Kunden haben. Noch ist nicht alles perfekt, deshalb müssen wir weiter hart daran arbeiten.

Sie schicken ihre Servicetechniker nun auch samstags zum Kunden. Zuschläge werden aber nicht gezahlt.

Obermann Weil viele unserer Kunden nur Samstag können und wir um jeden kämpfen. Der Samstag ist deshalb für unsere Servicetechniker mittlerweile Regelarbeitstag, wie für viele andere Arbeitnehmer auch. Als Gegenleistung garantieren wir Beschäftigung über mehrere Jahre. Die Kostenrelationen vor unserer Reform waren nicht mehr tragbar. Wir haben so die Arbeitsplätze im Unternehmen halten können, andernfalls wären wir gezwungen gewesen, sie an Billiganbieter zu vergeben, wie das unsere Konkurrenz heute schon größtenteils tut. Ich bin froh, dass wir das vermeiden konnten.

Verdi hat aber schon jetzt angekündigt, gegen weitere tief greifende Veränderungen vorzugehen. Können Sie noch einen Streik wie den um T-Service durchstehen?

Obermann Ich glaube, dass die Veränderungen, die noch anstehen, kein ähnlich großes Konfliktpotenzial haben. Wir setzen — wie in der Vergangenheit auch - darauf, dass wir mit Verdi zu vernünftigen Einigungen kommen werden.

Wie steht es denn heute um das Verhältnis zu Ihren Mitarbeitern? Vor einigen Monaten wurden Sie wegen der Umstrukturierungen zum Teil ziemlich übel beschimpft.

Obermann Ich verstehe natürlich, dass die Mitarbeiter im Service den notwendigen Veränderungen zunächst kritisch gegenüberstanden Andererseits: Die beste Motivation liefert ein erfolgreiches Unternehmen und da haben wir schon einiges vorzuweisen: Zum Beispiel im DSL-Markt, bei der Marktführerschaft im Mobilfunk oder bei wichtigen Produktinnovationen.

Was müssen Sie im kommenden Jahr noch anpacken, um den Rosa Riesen weiter auf die Erfolgsspur zu bringen?

Obermann Wir werden unsere Strategie und alle daraus abzuleitenden Maßnahmen diszipliniert abarbeiten. Wir werden die Wettbewerbsfähigkeit im Inland weiter steigern und im Ausland im Mobilfunk weiter wachsen. Darüber hinaus steht das mobile Internet vor dem Durchbruch, diesen Trend wollen wir fördern. Im Systemgeschäft konzentrieren wir unsere Angebote ebenfalls stärker auf die Integration von Telekommunikation und IT. Bei allem steht die Fokussierung von Kompetenzen und finanziellen Ressourcen auf diese Felder im Vordergrund, um darin Weltklasse zu werden.

Also können die Aktionäre hoffen, dass der Aktienkurs auch endlich wieder steigt?

Obermann Der Kurs bewegt sich bereits wieder auf einem Niveau, das wir seit Jahren nicht mehr hatten. Das ist ein erstes Zeichen dass wir bei unseren Aktionären wieder Vertrauen gewinnen konnten, man traut uns die notwendigen Reformen zu. Zudem sind wir in Wachstumsmärkten wie Breitband oder mobilem Internet sehr erfolgreich unterwegs. Es geht also voran.

Aber das reicht doch nicht.

Obermann Natürlich müssen wir weiter für die nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes arbeiten, um unsere Zukunft eigenständig gestalten zu können. Denn neben gutem Service, zufriedenen Kunden und engagierten Mitarbeitern ist ein steigender Aktienkurs ein Indikator für ein erfolgreiches Unternehmen.

Also besteht keine Gefahr, dass die Telekom in den nächsten Jahren doch noch zerschlagen wird?

Obermann Ich glaube fest daran, dass wir als integriertes Unternehmen mehr Wert sind als die Summe unserer Teile. Im Netzmanagement, bei Vertrieb und Kundenservice, bei Produktentwicklung oder beim Markenmanagement, überall gibt es erhebliche Synergien. Wir müssen sie nur konsequent nutzen, und dazu sind wir entschlossen!

Wie wird sich denn dieser Markt 2008 entwickeln. Werden die Preise weiter purzeln?

Obermann Da möchte ich keine Prognose abgeben. DSL-Anschlüsse liegen aktuell in einer Bandbreite von 30 bis 40 Euro und am Ende muss jedes Unternehmen mit seinen Produkten auch Geld verdienen. Ich bin aber sicher, dass auch das kommende Jahr sehr dynamisch werden wird. Wir haben bei DSL-Anschlüssen wieder einen Marktanteil von mehr als 40 Prozent, den wollen wir halten. Wir wollen als Anbieter wahrgenommen werden, bei dem das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Deshalb werden wir uns beim Preis auch nicht von unseren Wettbewerbern die Butter vom Brot nehmen lassen.

Sie bauen Ihr VDSL-Netz aus, auch die Konkurrenz buddelt immer häufiger, um eigene Glasfaserkabel zu verlegen. Wie bewerten Sie diese Aktivitäten und verändert das den Umgang mit Wettbewerbern?

Obermann Ich finde es gut, dass die Mitbewerber anfangen, mehr eigene Investitionen zu tätigen. Dadurch schaffen wir mehr Wettbewerb bei der Netzinfrastruktur. Schließlich kann kein Geschäftsmodell jahrelang darauf basieren, dass wir investieren und alle anderen zu günstigen und regulierten Konditionen unsere Netze mitnutzen.

Mit diesen Marktveränderungen geht auch eine Konsolidierung des Marktes einher. Wie viele Anbieter bleiben am Ende übrig?

Obermann Ich werde mich nicht auf eine Zahl festlegen. Aber es liegt in der Natur dieser kapitalintensiven Branche, dass sich der Markt bereinigt. Am Ende bleiben im Netzbereich einige wenige übrig, auf der Diensteebene erwarte ich eine große Vielfalt der Anbieter.

Was heißt das für den Kunden? Etwa bei Angeboten wie Internet-Fernsehen?

Obermann Wir werden den Kunden noch mehr interaktive Dienste anbieten können, als unser Entertain-Angebot bereits jetzt aufweist. Wir wollen dies im kommenden Jahr stark vorantreiben, weil das Angebot gut angelaufen ist. Bereits jetzt ist die Zahl von 100.000 Kunden überschritten.

Und was heißt das für das mobile Internet?

Obermann Der mobile Internet-Zugang wird daneben immer wichtiger, weil die Kunden auch unterwegs komfortabel im Netz surfen wollen. Wir investieren weiter in Technologien und Service, die das unterstützen. Den Markt beflügeln werden unter anderem Community-Anwendungen wie Youtube, Flickr, Wikipedia oder Studi VZ Zudem sind alle Anwendungen interessant, die Daten und Mehrwert-Informationen in Echtzeit liefern wie z.B. Nachrichten, Börsenkursabfragen oder Flugdatenauskünfte.

Wie viele Kunden nutzen bei der Telekom das mobile Internet?

Obermann Wir haben derzeit mehr als drei Millionen Nutzer in Europa. Das iPhone ist dabei ein attraktives Gerät, das die Nutzung erhöht, andere werden folgen.

Im kommenden Jahr wird die UMTS-Variante des iPhone auf den Markt kommen. Es heißt, dass Vodafone sich dann erneut um die Vermarktung positionieren wird.

Obermann Das ist mir nicht bekannt. Wir vermarkten das iPhone exklusiv. Das ist eine langfristige Partnerschaft, die auf beiden Seiten funktioniert: Apple bietet ein hervorragendes Gerät und wir das führende Netz, das erst alle Anwendungen ermöglicht. Wir werden auch weiter mit Apple im Geschäft bleiben aber auch mit anderen Unternehmen zusammenarbeiten, wenn es darum geht, den Wunsch der Kunden nach einem mobilen, offenen Internet-Zugang zu erfüllen.

Silke Fredrich und Martin Kessler führten das Interview.

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