Vorstand Liam Condon verlässt Bayer Der Monsanto-Macher geht

Leverkusen · Liam Condon war einer der Macher des Monsanto-Deals. Nun verlässt er Bayer vorzeitig, auf ihn folgt der Brasilianer Rodrigo Santos. Santos wechselt aber nicht nach Monheim. Die Geschäfte im dritten Quartal liefen besser als erwartet, die Aktie steigt. Doch die Glyphosat-Klagen lassen Bayer nicht los.

 Liam Condon.

Liam Condon.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Er war einer der Macher des Monsanto-Deals: Liam Condon, der lange Zeit der Bayer-Vorstand für das Agrochemie-Geschäft war, geht. Der 53-Jährige verlässt den Leverkusener Konzern zum Jahresende. Condon habe den Aufsichtsrat gebeten, „seinen bis 31. Dezember 2023 laufenden Vertrag zum 31. Dezember 2021 aufzulösen, um Karrieremöglichkeiten außerhalb von Bayer zu verfolgen“, teilte der Konzern mit.

Condon war auch für die Integration des umstrittenen Zukaufs zuständig, der Bayer einst 59 Milliarden Euro kostete. Wäre das Kalkül des Konzerns aufgegangen und der Monsanto-Deal ein Erfolg geworden, galt der Ire auch als ein potenzieller Kandidat für den Vorstandsvorsitz. Doch bis heute belastet die Welle an Glyphosat-Klagen den Konzern. Die Aktie hat seit Ankündigung der Übernahme die Hälfte des Wertes verloren. Die Kritik an Bayer-Chef Werner Baumann hält an.

Condon, der neben Englisch und Deutsch auch Irisch, Französisch, Japanisch und Mandarin spricht, war im Konzern beliebt. Sein Platz war in Monheim, er lief Langstrecken-Volksläufe in der Region mit sehr guten Zeiten.

Auf ihn folgt nun Rodrigo Santos - und er wird seinen Sitz nicht in Monheim, sondern in St. Louis haben, auch wenn Monheim Zentrale für die Division bleibt. Der 48-Jährige Brasilianer ist seit 23 Jahren bei Bayer und kommt aus Condons Sparte: Er ist derzeit als Chief Operating Officer für die globale kaufmännische Leitung des Agrargeschäfts zuständig. „Wir freuen uns, dass mit Rodrigo Santos ein ausgewiesener Experte mit mehr als 25-jähriger internationaler Erfahrung die Leitung der Division Crop Science übernimmt. Rodrigo Santos zeichnet sich durch seine Kundenorientierung, Durchsetzungsstärke sowie Innovationskraft aus“, sagte Aufsichtsrats-Chef Norbert Winkeljohann. Santos ist verheiratet und hat drei Kinder.

Monsanto war nicht nur wegen der Klagen eine Enttäuschung, sondern lange auch wegen der operativen Schwächen. Immerhin das ändert sich nun: Im dritten Quartal konnte die Sparte Crop Science ein kräftiges Umsatzplus um 26 Prozent erzielen, vor allem das Maisssaat-Geschäft lief gut. Auch der Gewinn verbesserte sich deutlich auf 471 Millionen Euro. Vor einem Jahr hatte es noch einen Verlust gegeben.

Insgesamt konnte Bayer sein Ergebnis im dritten Quartal überraschend deutlich steigern: Der Gewinn (Ebitda) erhöhte sich um mehr als 16 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro. Das war mehr, als Analysten erwartet hatten. So liefen die Geschäfte mit den Medikamenten Xarelto (Schlaganfall) und Eylea (Augen) gut, auch das Geschäft mit dem Krebsmedikament Nubeqa wuchs deutlich. Bei Xarelto konnte Bayer eine Verlängerung des Patentes erreichen: „Das Europäische Patentamt hat eine erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und unser Patent für die am breitesten genutzte, einmal tägliche Verabreichung von Xarelto bis Mitte Januar 2026 aufrechterhalten – und damit fast zwei Jahre länger als bisher angenommen“, sagte Baumann.

Bayer aktualisierte seinen Ausblick für das Jahr 2021: Bereinigt um Währungseffekte erwartet man einen Umsatz von 44 Milliarden Euro. Dies entspricht nun einem Anstieg von sieben Prozent. Die Anleger freute das, die Aktie legte um drei Prozent auf gut 51 Euro zu. Ihr Höchstwert lag mal bei 140 Euro.

Doch die Glyphosat-Klagewelle lässt den Konzern nicht los: Der freie Cash Flow bleibt negativ. Er soll sich jetzt auf minus 0,5 bis minus 1,5 Milliarden Euro belaufen, bisher hatte Bayer mit bis zu minus drei Milliarden Euro gerechnet. „Es ist damit zu rechnen, dass sich ein Teil der Vergleichszahlungen für den Rechtskomplex Glyphosat in das Jahr 2022 verschieben wird“, erklärte der Konzern. Auch die Schuldenlast bleibt hoch: Bayer rechnet jetzt bis zum Jahresende mit einer Nettofinanzverschuldung von 35,5 Milliarden Euro.

Die Zahl der Glyphosat-Klagen liegt unverändert bei 125.000, von denen Bayer bisher 96.000 beigelegt hat oder die nicht vergleichsberechtigt sind. Nun hofft der Konzern auf eine Entscheidung des obersten US-Gerichts: Der Supreme Court könnte noch in diesem oder im nächsten Quartal entscheiden, ob er Bayers Revision im Fall des krebskranken Ed Hardeman annimmt, so Baumann. Für den Fall, dass das Ergebnis am Ende negativ für den Konzern ausfalle, habe Bayer bereits Rückstellungen getätigt. Insgesamt belaufen sich die Rückstellungen für die 125.000 Klagen auf bis zu 9,6 Milliarden Dollar, für künftige Glyphosat-Klagen auf 6,5 Milliarden.

Für die Impfstoff-Produktion in Wuppertal, die Bayer mit dem Tübinger Hersteller Curevac betreiben wollte, um in der Pandemie zu helfen, sieht Baumann keine Chance mehr: „Curevac hat den Zulassungsantrag spät eingereicht und dann zurückgezogen, nun gibt es keine Basis für eine Impfstoff-Produktion mehr.“ Man sei aber weiter an der mRNA-Technologie interessiert.

Im Kampf gegen die Pandemie wirbt Bayer weiter um das Impfen: „Wir halten unsere Leute an, sich impfen zu lassen. Jeder sollte sich impfen lassen, das ist das Mittel der Wahl im Kampf gegen die Pandemie“, so Baumann. In manchen Bereichen, in denen Bayer-Mitarbeiter in Kliniken tätig sind, gibt es faktisch auch eine Impfpflicht: „In manchen Bereichen müssen wir sicherstellen, dass unsere Mitarbeiter nicht medizinisches Personal und Patienten ins Risiko stellen“, sagte Baumann weiter.

In Deutschland, auch in Leverkusen, könnten 60 Prozent der Belegschaft bereits wieder vor Ort arbeiten. „Wir arbeiten daran, in diese Richtung zu gehen.“ Zugleich gebe es viele hybride Arbeitsmodelle, das sei das „New Normal“. Er selbst, so Baumann, sei fast jeden Tag vor Ort.

Nichts Neues gab es zum Thema Stellenabbau: Bis Jahresende sollen 12.000 Stellen, wie im Jahr 2018 angekündigt, abgebaut werden. Netto betrage der Abbau 8000 Stellen, da Bayer auch viel eingestellt habe, so Baumann. Was darüber hinaus das im Jahr 2020 verkündete Sparprogramm bedeutet, wollte Bayer erneut nicht in Zahlen zum Jobabbau beziffern. Kündigungen in Deutschland sind bis Ende 2025 ausgeschlossen.

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