Große Nachfrage im Herbst Sorge vor Warteschlangen am Düsseldorfer Flughafen
Düsseldorf · Die Chefs des Flughafens Düsseldorf und der Airline Tuifly erwarten einen Reiseboom. Aber der Staat hole zu wenig Security-Leute, um die vielen Reisenden schnell genug durchzuschleusen. Das Sanierungsprogramm des Airports ist nun beendet.
Thomas Schnalke, der Flughafenchef von Düsseldorf, und Oliver Lackmann, Leiter von Tuifly in Deutschland, sind trotz der schwierigen Lage, in der sich ihre Branche derzeit befindet, guter Dinge: Beide glauben, dass es mit dem Flugverkehr wieder deutlich aufwärts geht: „Gerade Privatreisen ziehen an – die Menschen wollen in den Urlaub oder ihre Verwandten und Freunde sehen“, sagt Schnalke. „Die Herbstferiennachfrage ist sehr zufriedenstellend“, erklärt Tui-Manager Lackmann. Griechenland, die Kanaren, Zypern seien sehr gefragte Ziele. Vier Tui-Jets würden am Flughafen der Landeshauptstadt dauerhaft stehen, im nächsten Sommer sogar wieder fünf – mehr als an jedem anderen Airport Deutschlands. Nun würden noch über 6.000 Zusatztickets für den Herbst angeboten, im Winter soll ausnahmsweise ein Boeing 787-Dreamliner-Langstreckenjet mit 300 Sitzplätzen hinzukommen, mit dem wohl Tui Belgien Chartergäste fliegen wird. Lackmann: „Strecken mit einer Distanz von bis zu 6.000 Kilometern wie auf die Kapverdischen Inseln oder auch nach Dubai können wir gut mit der in Düsseldorf neu stationierten Boeing 737 Max erreichen. Mit dem Dreamliner werden in der trüben Jahreszeit Menschen aus NRW zu Kreuzfahrten in der Karibik fliegen.“ Er ergänzt: „Das Kreuzfahrtgeschäft kommt wieder in Schwung.“
Zudem weist Lackmann darauf hin, dass immer mehr Kreuzfahrten nur für Geimpfte und Genesene zugelassen sind: „In Norwegen sind Landgänge beispielsweise nur für Geimpfte möglich. Wenn die Staaten solche Vorgaben machen, folgen die Kreuzfahrtunternehmen wie auch unsere Schwesterfirma Tui Cruises.“
Sowohl Schnalke als auch Lackmann müssen aber auch einräumen, das die Luftfahrt immer mehr unter Druck gerät. Sie müsse beim Klimaschutz stärkeres Engagement zeigen. Lackmann, der selbst Pilot ist, betont, die Tui habe eine der modernsten Flugzeugflotten Europas. Die seit Juli neu in Düsseldorf stationierte Boeing 737 Max verbrauche weniger als 2,9 Liter Kerosin pro Passagier und 100 Kilometer. „Es ist nicht umweltbelastender, mit uns auf die Kapverden zu fliegen, als mit einer Reihe anderer Maschinen auf die rund 1000 Kilometer näheren Kanarischen Inseln“, so der Airline-Chef.
Beide Manager befürworten, dass die Industrie – unterstützt vom Staat – schnell große Anlagen aufbaut, um „grünes“ Kerosin zu produzieren. „Wir brauchen ein globales Energiekonzept, um synthetisches, umweltfreundliches Kerosin herzustellen“, meint Schnalke. Gemeint ist, dass Kerosin mithilfe von Solar oder Windenergie so hergestellt wird, dass bei der Produktion genauso viel CO2 aus der Atmosphäre entnommen wird, wie dann beim Verbrennen wieder ausgestoßen wird. Lackmann ergänzt: „Wir wissen, dass die Herstellung von synthetischem Kerosin technisch möglich ist. Jetzt müssen möglichst schnell Pilotprojekte und Großanlagen realisiert werden.“
Dafür solle dann auch das Geld aus der in Deutschland erhobenen Luftverkehrsabgabe genutzt werden. Die Politik müsse aber aufpassen, so Lackmann, dass sie keine unklugen Vorschriften macht: „Es wäre nicht verständlich, wenn die europäischen Airlines gezwungen werden, viel relativ teures Öko-Kerosin vor dem Start beizumischen, aber andere Airlines fliegen von außerhalb der EU mit vollem Tank hier ein und verzichten dann auf diese Mehrausgabe. Damit würden wir dem Umweltschutz einen Bärendienst erweisen.“
Außerdem weist Lackmann darauf hin, Tui achte stark darauf, dass so viel Treibstoff wie möglich gespart werde: „Die Kerosinkosten sind ein großer Posten. Auch darum schulen wir die Piloten und Pilotinnen, besonders spritsparend zu fliegen.“
Schnalke und Lachmann befürchten, dass es auch in den nächsten Wochen am größten Flughafen des Landes immer wieder zu längeren Wartezeiten für Passagiere kommen könne. „Wir sehen häufiger personelle Unterbesetzungen beim Sicherheitsdienstleister der Bundespolizei“, sagt Schnalke. Es gebe, bedingt durch die Corona-Pandemie, immer mehr kurzfristige Buchungen, zum Herbstferienbeginn am 11. Oktober erwarte er bis zu 380 Flüge pro Tag, doch sei er sich keineswegs sicher, ob die Sicherheitskräfte die vielen Passagiere dann zügig abfertigen könnten.: „Erstens sind alle Abläufe komplizierter geworden, weil beispielsweise Nachweise von Impfungen oder Tests häufig beim Check-In überprüft werden müssen. Zweitens fürchte ich, dass das Bundesinnenministerium aus der Vergangenheit nicht genügend gelernt hat“. Zwar beauftrage die Bundespolizei ja eine private Sicherheitsfirma, „aber es scheint in den Verträgen nicht ausreichend sichergestellt zu sein, dass wirklich immer genügend Leute für die Kontrollen der Passagiere da sind, auch bei besonders vielen Fluggästen.“
Lackmann sieht die Lage aus Airline-Sicht ganz ähnlich: „Wir erleben häufiger, dass es an den Sicherheitskontrollen wegen personeller Unterbesetzung zu Verzögerungen und dadurch zu Verspätungen bei Abflügen kommt. Die Bundespolizei scheint da zu wenig Leute beim Sicherheitsdienstleister zu bestellen. Das ist ärgerlich für den Flughafen, der völlig unschuldig an diesem Problem ist. Aber es ist auch nicht zu akzeptieren für uns und die Passagiere.“ Manche Fluggesellschaften müssten immer neu entscheiden, ob Passagiere mit gültigen Ticket zurückgelassen werden: „Auf häufig geflogenen Routen wie nach München können Fluggesellschaften im Fall des Falles auch einmal ein oder zwei in der Schlange wartende Passagiere zurücklassen, weil ja wenige Stunden später schon der nächste Jet fliegt und die Gäste mitnehmen kann“, berichtet er aus der Praxis. „Bei selten geflogenen Routen wie beim fünfstündigen Flug auf die Kapverden warten wir im Zweifelsfall lieber, weil es kein zeitnahes Ersatzangebot gibt.“
Das könne dann am Abend wiederum zu sehr späten Landungen führen, wenn verspätete Jets zurückkehren.
Schnalke rät dazu, die Anreise zum Airport richtig zu planen. „Die Passagiere sollten genügend Zeit mitbringen. Der Check-In-Prozess dauert länger als früher.“ Aber extrem früh sollten Reisende auch nicht da sein, damit es zu keiner Überfüllung des Airports komme. Ratsam sei oft, das Gepäck schon am Vorabend abzugeben.
Schnalke ergänzt, der Airport arbeite daran, nach der Corona-Krise wieder Überseeflüge anbieten zu können. Als wichtigen Schritt will Emirates ab Dezember zweimal am Tag Düsseldorf von Dubai aus mit einem Großraumfluzeug vom Typ A380 anfliegen, aktuell gibt es nur Flüge mit kleineren Jets.
Was die Umstrukturierung angeht, weiß der Flughafenchef Forschritte zu vermelden: Das Umbauprogramm am Airport sei abgeschlossen, erlärt Schnalke. 330 Beschäftigte hätten einem freiwilligen Aufhebungsvertrag oder einer vergleichbaren Lösung wie Frühverrentung zugestimmt, nur bei der Cargo-Tochter gebe es „einige betriebsbedingte Kündigungen“, so Schnalke. „Wir haben das Unternehmen deutlich verkleinert. Wir sind nun marktgerecht aufgestellt.“ Das deckt sich mit der Passagierprognose: Schnalke rechnet damit, dass erst 2025 wieder so viele Menschen wieder über Düsseldorf fliegen wie 2019.