Düsseldorf Der Exodus der Dax-Konzerne

Düsseldorf · Degussa, Mannesmann, ThyssenKrupp und nun Eon: Düsseldorf hat klangvolle Namen deutscher Industriegeschichte verloren. Damit fallen oft auch Steuern, Kultur-Sponsoring und Jobs weg.

Der Exodus der Dax-Konzerne
Foto: dpa, ve lof htf

Einst war Düsseldorf der Schreibtisch des Ruhrgebietes: Nördlich der Ruhr wurde Stahl gekocht, Strom erzeugt und Kunststoff gegossen. In der Landeshauptstadt - nah bei, aber chicer - wurden die Gewinne eingesammelt. Hier standen in architektonisch oft ausgefallenen Zentralen die Schreibtische der Vorstände. ThyssenKrupp residierte im Drei-Scheiben-Haus in der Innenstadt, Mannesmann im Hochhaus am Rheinufer und Eon unter einem Dach mit dem Museum Kunstpalast. Vorbei.

Der Chemiekonzern Degussa ging in der Evonik AG auf und zog - nach Essen. Weil dort eben schon die Kohletochter RAG war. Krupp-Patriarch Berthold Beitz holte die Zentrale des Stahlkonzerns ThyssenKrupp aus Düsseldorf zurück - nach Essen. Weil dort schon die Wiege des Krupp-Konzerns gestanden hatte. Und nun verlässt mit Eon der vorletzte Dax-Konzern die Landeshauptstadt - in Richtung Essen. Weil er dort aus glorreichen Zeiten seiner Tochter Ruhrgas noch Immobilien hat. Und vielleicht auch, weil er so der Revier-fixierten Landesregierung einen Gefallen tun kann.

Essen erlebt eine Renaissance, aus historischen und aus pragmatischen Gründen. Bauen, mieten, wohnen - hier ist alles ein bisschen günstiger als in Düsseldorf. Und trotzdem ist man genauso schnell am Flughafen.

Zudem verschwanden in Düsseldorf so klangvolle Dax-Vertreter wie Mannesmann und Metro. Der vom Röhrenbauer zum Mobilfunker mutierte Konzern wurde 2000 vom britischen Rivalen Vodafone geschluckt. Der Handelskonzern ist zwar noch am Rhein, stieg aber 2012 von der ersten in die zweiten Börsenliga ab. Als einziges Dax-Unternehmen bleibt Waschmittel-Konzern Henkel Düsseldorf erhalten.

Was läuft schief? "Der Kommune kann man keinen Vorwurf machen, das sind betriebswirtschaftliche Entscheidungen der Unternehmen", sagt Udo Siepmann, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf. Dennoch würden solche Wegzüge einen Imageverlust bedeuten. "Der Punkt geht an Essen." Grundsätzlich müsse die Stadt Düsseldorf sehen, dass sie ihre Attraktivität erhalte, genug Flächen ausweise, bezahlbaren Wohnraum für Mitarbeiter biete, Flughafen und Hafen nicht vernachlässige, mahnte Siepmann.

Dass sich nun gleich drei der fünf größten deutschen Versorger (Eon, RWE, Steag) in Essen ballen, berge allerdings für die Ruhr-Stadt auch Risiken: "Die Energiebranche steckt in der Krise. Jede neue Wende in der Energiepolitik schlägt in Essen künftig voll durch." Zumal Sparprogramme meist als erstes in der Verwaltung ansetzen. Klumpen-Risiko nennt man das.

Mit den Zentralen verliert Düsseldorf auch Steuereinnahmen, Eon etwa soll im Schnitt jährlich einen Millionen-Betrag gezahlt haben. Aber auch Stellen und Kultur-Sponsoring geraten in Gefahr. Eon stockt nun zwar seine Mitarbeiterzahl auf. Doch die Zukunft des Sponsorings ist offen. Derzeit zahlt Eon knapp eine Million Euro an den Kunstpalast (und sponsort einzelne Ausstellungen). Das gilt bis Ende 2017. "Bei dieser Vereinbarung bleibt es", betonte der Eon-Sprecher. Ob danach Eon oder die neue, in Düsseldorf bleibende Kraftwerks-Tochter Uniper die volle Förderung übernimmt, wird in Konzernkreisen bezweifelt. Womöglich werde Eon gar seine Millionen-schwere Immobilie am Rhein verkaufen, wird spekuliert. Doch all' das ist nicht entschieden.

Immerhin haben die Eon-Mitarbeiter eine Standortzusage erhalten: Für sieben Jahre garantiert ihnen der Konzern den Arbeitsplatz in Düsseldorf beziehungsweise Essen. Und womöglich übernimmt ein Düsseldorfer den Aufsichtsrats-Vorsitz von Uniper: Ulrich Lehner, wird spekuliert. Wenigstens das ein Punkt für Düsseldorf.

(RP)
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