Auch Köln zittert Bei Ford sind mehr als 20.000 Jobs in Gefahr

Düsseldorf · Der Autokonzern verdient in Europa praktisch kein Geld mehr – jetzt sind mehr als 20.000 Jobs bedroht. Die IG Metall ist nervös, ein Experte sieht gerade Gefahren für den Standort in der Domstadt.

 Ein Ford-Mitarbeiter arbeitet in Köln an einem Fiesta. (Archiv)

Ein Ford-Mitarbeiter arbeitet in Köln an einem Fiesta. (Archiv)

Foto: dpa/Oliver Berg

Der US-Autokonzern Ford könnte bis zu 24.000 Stellen in Europa streichen. Dies berichtet die britische Zeitung „Sunday Times“ unter Verweis auf die Studie einer Bank. Die Europazentrale in Köln bezeichnet den Bericht zwar als Spekulation, erklärt aber, ein Umbau sei geplant, um eine operative Gewinnmarge von sechs Prozent zu erreichen. Im ersten Halbjahr erreichte Ford in Europa mit 54.000 Mitarbeitern aber nur eine Marge von 0,3 Prozent, im zweiten Quartal wurden rote Zahlen geschrieben. „Wir sind extrem unzufrieden“, erklärt Jim Hackett, Vorstandschef von Ford.

„Die US-Zentrale kann die schlechten Zahlen in Europa nicht weiter hinnehmen“, sagt Automobilexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach.

Das NRW-Wirtschaftsministerium erklärt, die Lage in der Autoindustrie genau zu verfolgen – zu Ford konkret äußert sich die Behörde aber nicht, während die SPD Dienstags im Landtag konkretes Handeln für Ford in Köln forderte.„Wir müssen die Autoproduktion in NRW langfristig sichern“, sagt SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty, allerdings ohne konkreten Hinweis, wie dies gehen solle.

„Ford steht mit dem Rücken zur Wand“, so der Wirtschaftsprofessor Ferdinand Dudenhöffer. Er meint, dem US-Konzern fehle in Europa mit 1,044 Millionen verkauften Wagen die kritische Masse, um gegen den Giganten Volkswagen mit mehr als 3,7 Millionen verkauften Autos in Europa, um gegen Renault-Dacia (1,6 Millionen) oder auch den neuen Riesen Peugeot-Citroen-Opel (2,5 Millionen) standzuhalten.

Als Ausweg für Ford in Europa hält er eine Kooperation mit Fiat-Chrysler oder Renault-Dacia für gut denkbar, um „gemeinsam auf höhere Stückzahlen zu kommen“. Insbesondere Stellen beim Entwicklungszentrum in Köln seien dann bedroht: „Das eigenständige Entwickeln von Autos fast nur für Europa ist relativ gesehen zur verkauften Stückzahl sehr teuer. Also muss Ford auch an diesen Kosten sparen – am besten durch eine Kooperation, möglicherweise auch durch einen Verkauf oder Teilverkauf des Europa-Geschäftes.“ Vorbild könne sein, wie General Motors Opel an Peugeot-Citroën abgab. „Die sind nun wettbewerbsfähiger.“

Dabei zeichnen sich Teile des Umbaus ab. Ford und VW wollen Nutzfahrzeuge gemeinsam für Europa entwickeln und bauen – ein Teil der Produktion könnte dabei von einem Ford-Werk in der Türkei übernommen werden. Thomas Sedran, Leiter der Nutzfahrzeugsparte von VW, sagt: „Wir würden das natürlich auch allein schaffen und immer noch Geld verdienen. Aber in einer Partnerschaft funktioniert es besser.“ Allerdings erklärt der Betriebsrat von VW, er würde der Kooperation nur zustimmen, wenn die Jobs im Transporter-Werk in Hannover nicht gefährdet würden.

Angesichts des allgemeinen Umbaus ist auch die Belegschaft nervös. „Wir sind beunruhigt“, sagt Dieter Kolsch, erster Bevollmächtiger der IG Metall in Köln. Er weist darauf hin, dass Ford größter privater Arbeitgeber der Domstadt mit 18.500 Mitarbeitern ist, in Saarlouis arbeiten mehr als 6000 Beschäftigte. Kolsch: „Die Kostenprobleme sind bekannt. Nun müssen Geschäftsführung und Betriebsrat gemeinsam Lösungen finden, um die Ausgaben zu senken, ohne Arbeitsplätze zu gefährden.“ Er sieht das Werk in Köln und das in Saarlouis nicht als gefährdet an, weil riesige Beträge in die Produktion des neuen Fiesta in Köln und des neuen Focus in Saarlouis gesteckt worden seien.

Auch das Management in Deutschland will die Standorte halten, doch auf einer Betriebsversammlung sprach Deutschland-Geschäftsführer Gunnar Herrmann laut einem Medienbericht einen wunden Punkt an. Die Abwesenheitsquote im Kölner Werk liege mit 11,8 Prozent viel höher als bei vielen anderen Firmen. IG-Metall-Mann Kolsch sagt: „Wir müssen das Gesundheitsmanagement verbessern. Davon profitieren Unternehmen und Beschäftigte.“

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