Wem gehören die fünf IT-Giganten? Die digitalen Machthaber

Analyse | Düsseldorf · Apple, Meta, Amazon & Co. gehört das halbe Netz. Wer hat bei den mächtigen IT-Konzernen eigentlich das Sagen? Ein Blick auf die Besitzverhältnisse zeigt: Das große Internet ist manchmal überraschend klein.

Auf dem Bildschirm eines Smartphones sind Logos verschiedener Apps zu sehen (Symbolbild).

Auf dem Bildschirm eines Smartphones sind Logos verschiedener Apps zu sehen (Symbolbild).

Foto: dpa/Fernando Gutierrez-Juarez

Mal schnell per iPhone oder Computer ein Krankheitssymptom googeln, eine Whatsapp-Nachricht verschicken oder ein Buch auf Amazon kaufen: Permanent bewegt man sich in den Imperien der Unternehmen Alphabet (vormals Google), Apple, Meta Platforms (vormals Facebook), Amazon und Microsoft. Die fünf Internetgiganten haben sich die wichtigen Bereiche der digitalen Welt aufgeteilt. Doch wem gehören diese Giganten?

Einmal pro Jahr steht für jedes der Unternehmen die große Jahresversammlung an. Auf der werden wichtige Entscheidungen getroffen. Dort treffen zwei Gruppen von Eigentümern aufeinander, die kaum unterschiedlicher sein könnten. Auf der einen Seite sind da die globalen Geldverwalter. Besonders wichtig sind zwei Namen. Die Vanguard Group ist hierzulande nur wenig bekannt. Das ist bei Blackrock anders. Der „schwarze Felsen“ der Finanzwirtschaft ist ein Lieblingsfeind der linken Zivilgesellschaft und war hierzulande häufiger wegen einer prominenten Personalie in der Diskussion: Der heutige CDU-Vorsitzende Friedrich Merz war lange Zeit Aufsichtsratschef und oberster Lobbyist der deutschen Blackrock-Tochter gewesen.

Die beiden US-Unternehmen, die gerne auch „Schattenbanken“ genannt werden, stellen die Spitze der globalen Kapitalwirtschaft dar. Sie sammeln Gelder von Pensionsfonds und Stiftungen ein, Rücklagen von Unternehmen, Erbvermögen reicher Familien und Ersparnisse kleiner Privatleute. Die verwalteten Geldvermögen bewegen sich in schwindelerregenden Höhen: Im zweiten Quartal dieses Jahres hat Vanguard umgerechnet 7,7 Billionen US-Dollar verwaltet, Blackrock sogar 9,5 Billionen. Das ist doppelt so viel wie die Gesamtleistung der deutschen Volkswirtschaft – und die ist bekanntermaßen ziemlich hoch.

Diese seltsamen Finanzgebilde agieren anders, als man das aus Filmen über Investmentbanken kennt. Sie kaufen nicht gezielt Anteile einzelner Unternehmen auf. Stattdessen agieren sie passiv: Sie bieten Fonds an, über die man jeweils mikroskopisch kleine Anteile von Dutzenden oder gar Tausenden Firmen erwerben kann. Investiert man in einen solchen „Index-Fonds“, kauft die Schattenbank mit dem Geld beispielsweise gleichermaßen Anteile an allen Unternehmen im Deutschen Aktienindex Dax. Die Finanzakteure haben Hunderte einzelner Fonds im Angebot, die in verschiedene Länder und Branchen investieren, etwa in die 5000 größten Unternehmen der Welt, die größten US-Konzerne oder die wichtigsten Technologie-Firmen.

Über diesen Mechanismus halten die Schattenbanken auch Anteile an den globalen IT-Giganten. Und zwar im großen Maßstab: Vanguard ist bei allen „digitalen Fünf“ stets der größte Anteilseigner neben den Gründern, der zweitgrößte Anteilseigner ist in allen Fällen Blackrock. Allein die Apple-Anteile der beiden Schattenbanken sind zusammengerechnet 420 Milliarden US-Dollar wert.

Daneben gibt es noch „kleinere“ Finanzakteure, die allerdings ebenfalls Hunderte Milliarden oder gar Billionen schwer sind und beispielsweise State Street Corporation, T. Rowe Price oder Fidelity Investments heißen. Schattenbanken bereiten Politik, Zivilgesellschaft und Wissenschaft zunehmend Kopfzerbrechen. Die Höhe der verwalteten Vermögen steigt mit jedem Jahr. Der Wissenschaftler Jan Fichtner hat sich mit der „Hidden Power“ – der versteckten Macht – der globalen Finanzakteure beschäftigt. Er meint: Die Einflussnahme basiert auf indirekten Mechanismen. Die Managements der Unternehmen, an denen Blackrock, Vanguard & Co. beteiligt sind, würden wissen, dass man vielleicht einmal auf deren Wohlwollen angewiesen ist. Etwa, wenn andere Anteilseigner einen Strategiewechsel erzwingen wollen. Das könne in den Vorstandsetagen zu einer Art vorauseilenden Gehorsam führen: „Für das Management ist es rational, sich im Interesse der wichtigen Geldverwalter zu verhalten.“

Auf der einen Seite ist da also der Kosmos der meist anonym agierenden Geldverwalter. Auf der anderen Seite liegt in einigen Fällen noch sehr viel Macht bei den ursprünglichen Gründern. Der Amazon-Erfinder Jeff Bezos hält 12,3 Prozent der Anteile an Amazon und ist damit aktuell der drittreichste Mensch der Welt. Die Gründer von Meta Platforms und Alphabet – Mark Zuckerberg, Larry Page und Sergey Brin – halten über eine komplizierte Aktienkonstellation sogar die Stimmrechtsmehrheit an den jeweiligen Konzernen. Mark Zuckerberg vereint dadurch ganze 61,1 Prozent der Stimmrechte an Meta Platforms auf sich, dem Facebook-, Whatsapp- und Instagram-Mutterkonzern. Larry Page und Sergey Brin wiederum kommen zusammen auf 51,3 Prozent der Stimmrechte am Google-Mutterunternehmen Alphabet.

Schaut man sich die Eigentumsverhältnisse bei den fünf IT-Giganten an, zeigt sich ein krasses Missverhältnis. Die Imperien der teuflischen Fünf umfassen Plattformen, Betriebssysteme und Onlinedienste mit Milliarden Nutzerinnen und Nutzern. Der Kreis der Leute, die bei den Konzernen das Sagen haben, ist hingegen sehr überschaubar. Würde man die Gründer sowie das Management der immer gleichen Finanzakteure an einem Ort versammeln, dürfte die überschaubare Gruppe locker in den Rathaussaal einer nordrhein-westfälischen Kleinstadt passen. Das große Internet ist manchmal überraschend klein.

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