Ökostrom Das Saubermann-Image der Bahn

Die roten Streifen an den ICE-Triebzügen werden durch grüne ersetzt. Das soll das Umweltbewusstsein des Staatskonzerns unterstreichen. Dabei muss der Konzern noch lange auf Kohlestrom setzen.

 Staatssekretär Enak Ferlemann und Bahn-Chef Richard Lutz stellen das neue ICE-Design vor: Der grüne Streifen soll für ein Öko-Image sorgen.

Staatssekretär Enak Ferlemann und Bahn-Chef Richard Lutz stellen das neue ICE-Design vor: Der grüne Streifen soll für ein Öko-Image sorgen.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Die Deutsche Bahn macht auf ökologisch-dynamisch. Erst kündigte der Staatskonzern an, den Einsatz des umstrittenen Herbizids Glyphosat um die Hälfte zurückzufahren, am Dienstag präsentierte Konzernchef Richard Lutz dann gemeinsam mit Verkehrs-Staatssekretär Enak Ferlemann das neue Gewand der ICE: An der Spitze und am Ende des Zuges wird der rote Streifen durch einen grünen ersetzt. Ein zusätzliches grünes Stecker-Symbol zeige, dass alle Fernverkehrszüge mit 100 Prozent Ökostrom unterwegs sind.

100 Prozent Ökostrom? Das klingt erst einmal nach großem Bahnhof inmitten der aufgeheizten Klimadebatte. Immerhin benötigt die Deutsche Bahn immense Strommengen, um rund 20.000 Züge mit elektrischer Energie zu versorgen. Allerdings gibt es für die Botschaften, die derzeit aus dem Bahntower durch die Republik verbreitet werden, einen wenig schmeichelhaften Begriff: Vom „Greenwashing“ sprechen Fachleute, wenn ein Konzern versucht, sich mit öffentlichkeitswirksamen Kampagnen ein umweltfreundlicheres Image zu geben, als es de facto verdient.

Die Bahn übertreibt nicht, wenn sie sagt, dass 100 Prozent ihres Fernverkehrsstroms aus Ökostrom kommt. Allerdings tut sie das bereits seit Januar 2018. Und sie lässt den Fakt unter den Tisch fallen, dass es im Regionalverkehr ungleich schlechter aussieht. Unterm Strich deckt die Deutsche Bahn nämlich immer noch ein Viertel ihres Energiebedarfs mit Stein- und Braunkohle. Und auf die fossilen Energieträger wird der Konzern auch noch auf absehbare Zeit angewiesen sein. So hat beispielsweise die Bahn-Tochter DB Energie mit dem Stromkonzern Eon einen langfristigen Liefervertrag über Steinkohlestrom aus dem immer noch nicht ans Netz gegangenen Kraftwerk Datteln geschlossen. Nach Angaben der Grünen im Bundestag reichten die Verträge bis in die 2040er-Jahre hinein.

Hinzu kommt, dass zehn Prozent der Verkehrsleistung im Personenverkehr und sechs Prozent im Güterverkehr mit Dieselloks betrieben werden. Die großflächige Umrüstung auf wasserstoff- und batteriebetriebene Züge steht noch aus.

Doch die Marschrichtung ist klar: Bis Jahresende will die Bahn nach eigenen Angaben den Ökostromanteil, um drei Prozentpunkte auf 60 Prozent steigern, bis 2030 sollen es 80 Prozent bis 2050  will sie komplett auf erneuerbare Energien umgestiegen sein.

Unbestritten ist auch, dass die Ökobilanz einer Bahnfahrt deutlich besser ist, als diejenige von Autofahrten oder von einem Flug. Und so hofft die Bahn, mit ihrem Öko-Image inmitten der aufgeheizten Debatte mehr Menschen an Bord zu locken und so gleich noch ihre Fahrgastziele zu erreichen.

Mehr noch als die Umweltfreundlichkeit dürfte dabei ein Faktor ziehen, den Lutz am Rande der Designvorstellung ansprach: Komme die von der großen Koalition angedachte Absenkung der Mehrwertsteuer für Bahntickets von 19 auf sieben Prozent, werde diese eins zu eins an die Kunden weitergegeben.

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