Verbandspräsident verspricht "klare Orientierung" Das Handwerk wirbt um Studienabbrecher

Saarbrücken · Es ist das große Problem der deutschen Wirtschaft: der Fachkräftemangel. Und so setzen Betriebe und Regierung auch auf Hochqualifizierte aus dem Ausland, um diesem zu begegnen. Das Handwerk allerdings buhlt nun um junge Menschen aus einer ganz anderen Ecke – um Studienabbrecher.

 Otto Kentzler ist Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks.

Otto Kentzler ist Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks.

Foto: dpa, Michael Kappeler

Es ist das große Problem der deutschen Wirtschaft: der Fachkräftemangel. Und so setzen Betriebe und Regierung auch auf Hochqualifizierte aus dem Ausland, um diesem zu begegnen. Das Handwerk allerdings buhlt nun um junge Menschen aus einer ganz anderen Ecke — um Studienabbrecher.

Sie gelten als Berufe mit Zukunft, die sogenannten MINT-Fächer, denn gerade hier wird sich in den nächsten Jahren der Fachkräftemangel besonders deutlich bemerkbar machen. Für Abiturienten also eigentlich die perfekte Wahl, wenn es um das Studium geht. Doch gerade in diesen Fächern ist die Abbrecherquote hoch.

Die Hochschul-Informations-Systems GmbH vom Mai 2012 hat in einer Studie festgestellt, dass — gerechnet am Absolventenjahr 2010 — nur jeder zweite Studienanfänger von 2006/2007 im Bachelorstudiengang Ingenieurwissenschaften an den Universitäten auch einen Abschluss in der Tasche hat. Insgesamt haben demnach 28 Prozent der Bachelorstudenten ihr Studium vorzeitig abgebrochen.

Während die Politik und die Universitäten etwa durch bessere Betreuung versuchen gegenzusteuern, hat das Handwerk mit diesen Abbrechern ganz andere Pläne. Sie sollen für einen handfesten Beruf geworben werden, wie der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Otto Kentzler, der "Saarbrücker Zeitung" verriet.

"Berufserfolg statt Studienfrust"

"Die Handwerkskammern haben begonnen, gezielt um enttäuschte Studenten zu werben", so Kentzler in dem Interview. "Im Handwerk bekommen sie eine klare Orientierung — und zwar nach oben. Gesellenbrief, Meisterbrief, Selbstständigkeit — Berufserfolg statt Studienfrust." Der Verbandspräsident spricht das an, was viele Studenten vor allem zu Beginn der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge bemängelten: überfrachtete Stundenpläne und Organisationschaos.

Inzwischen hat sich zwar einiges geändert, aber dennoch sind viele Hörsäle an den Universitäten überfüllt. Und genau das sieht auch Kentzler. "Schauen Sie sich doch an den Massen-Universitäten um: Rund ein Drittel der Studenten gibt frühzeitig auf", sagt er. In naturwissenschaftlichen Fächern werde mit jeder Zwischenprüfung Leistungsschwächere in großer Zahl ausgesiebt. "So kann man mit diesen jungen Leuten doch nicht umgehen!"

Natürlich kommt das Werben des Handwerksverbandspräsidenten nicht von ungefähr. Denn auch das Handwerk bekommt den Fachkräftemangel deutlich zu spüren. Entsprechend sagt Kentzler auch, der Trend zur Akademisierung in Deutschland sei fatal. Und er bemerkt auch, dass sich auf lange Sicht nichts daran ändern werde, dass das Handwerk nach Azubis und Fachkräften suche.

"Unsere Betrieb müssen weiter mit sinkenden Schulabgängerzahlen fertig werden", so Kentzler in der "Saarbrücker Zeitung". Daher wolle man im Rahmen einer Imagekampagne gezielt um Jugendliche werben — unter dem Motto: "Das Handwerk bringt dich überall hin."

(das)
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