Anleger sollten vorsichtig sein Das bringt die Facebook-Aktie

Düsseldorf/New York · In einer Woche startet der bisher größte Börsengang eines Internet-Unternehmens. Zuletzt musste Facebook erneut eine Schwäche der Firma bestätigen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu der 77 Milliarden-Euro-Aktion – und sagen, warum Privatpersonen vorsichtig sein sollten.

Chronologie des Facebook-Aufstiegs
Infos

Chronologie des Facebook-Aufstiegs

Infos
Foto: afp, JUSTIN SULLIVAN

In einer Woche startet der bisher größte Börsengang eines Internet-Unternehmens. Zuletzt musste Facebook erneut eine Schwäche der Firma bestätigen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu der 77 Milliarden-Euro-Aktion — und sagen, warum Privatpersonen vorsichtig sein sollten.

Schlechter kann man einen Börsengang an sich nicht einleiten: Vor zwei Wochen musste Facebook einen Einbruch des sowieso nur niedrigen Quartalsgewinns auf 205 Millionen Dollar (150 Millionen Euro) einräumen — zwölf Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Montags erschien Gründer und Chef Mark Zuckerberg im Kapuzenpulli bei einem Mittagessen mit hunderten Bankmanagern in New York — Kult statt guter Zahlen, lautet die unterschwellige Botschaft.

Am Donnerstag musste der US-Konzern eine wichtige Schwäche des Geschäftsmodelles bestätigen: Es ist unklar, wie das Unternehmen damit umgeht, dass die Nutzer immer häufiger per Smartphone ihre Facebook-Kontakte pflegen. Denn auf dem kleinen Display wird es noch schwerer als auf einem PC-Monitor, passende Werbung einzublenden.

Trotz dieser Rückschläge steht fest, dass am Freitag in einer Woche der größte Börsengang eines Internetunternehmens bislang startet. Ein Teil der Aktien des Unternehmens soll für bis zu 11,8 Milliarden Dollar verkauft werden. Insgesamt wäre das Unternehmen dann knapp 100 Milliarden Dollar wert, umgerechnet rund 77 Milliarden Euro. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Börsengang.

Warum geht Facebook an die Börse?

Eine Reihe der Inhaber inklusive Zuckerberg will Kasse machen. Wenn sie ihre Anteile zu dem erhofften Kurs von bis zu 35 Dollar pro Stück abgeben, erhalten sie Milliarden. Alleine Zuckerberg wird Schätzungen zufolge eine Milliarde Dollar auf sein privates Konto überwiesen bekommen und bleibt trotzdem Haupaktionär. Außerdem wird das Unternehmen im Rahmen einer Kapitalerhöhung neue Aktien ausgeben, deren Erlös für Investitionen und Zukäufe dienen soll.

Kann ich als deutscher Privatkunde Aktien kaufen?

Zum Börsengang an sich nicht. Nur die Deutsche Bank gehört als deutsches Institut zu den 31 Banken, die das "Going-public" unterstützen, doch sie ist zurückhaltend. Kurz nach dem Börsengang wird Facebook allerdings wie jedes andere börsennotierte Unternehmen kaufbar sein — wahrscheinlich ungefähr zum Preis der Erstnotierung, vielleicht aber auch noch teurer. Es könnte aber auch billiger werden. Der freie Markt entscheidet.

Lohnt sich der Kauf?

Vorsicht! Gemessen an den Gewinnen von rund 700 Millionen Euro im Jahr 2011 wäre das Unternehmen bestenfalls zehn Milliarden Euro wert. Auch der Umsatzvergleich spricht Bände. Amazon und Google haben jeweils Umsätze von mehr als 30 Milliarden, Facebook hatte 2011 nur einen Umsatz von nicht einmal drei Milliarden Euro und hofft trotzdem auf einen Börsenwert in Nähe von Amazon und viel höher als Ebay. Zum Vergleich: Alle deutschen Großkonzerne haben zigfach höhere Umsätze als Facebook — aber selbst Technikgigant Siemens ist weniger wert.

Ein Facebook-Kauf wäre reine Spekulation?

Ja, und Spekulanten gewinnen keineswegs immer. Nach Expertenberechnung müsste Facebook in den nächsten zehn Jahren jedes Jahr 34 Prozent wachsen, um den erhofften Börsenwert nachträglich zu rechtfertigen. Ausgeschlossen ist das nicht, aber schwer: An sich müsste der Werbeumsatz exorbitant steigen, doch in Wahrheit ging er im ersten Quartal zurück. Bislang setzt Facebook pro Nutzer im Jahr nicht einmal drei Euro um — 30 Euro pro Jahr müsste Facebook aber schaffen.

Was bedeutet das alles für die 901 Millionen Facebook-Nutzer?

Die Nutzer können nur hoffen, dass der Börsengang scheitert und weniger einbringt, als erhofft. Denn je weniger Facebook wert sein wird, umso niedriger ist später der Druck der Aktionäre, den Börsenwert mit möglicherweise auch fragwürdigen Methoden hochzuhalten.

Was heißt das konkret?

Facebook ist schon hektisch dabei, die Beziehung zu den 901 Millionen Kunden zu "monetarisieren", also zu Geld zu machen. Konkret: Die Daten der Kunden werden genutzt, um passende Werbung einzublenden. Bisher ist dieser Trend erträglich, doch je stärker Facebook Geld machen muss, umso mehr könnten Einblendungen stören. Außerdem wird Facebook eine Reihe an Zusatzgeschäften aufziehen: So wurde gestern bekannt, dass das Unternehmen einen sogenannten "App-Store" aufbauen will. Dabei sollen die Nutzer kleine Mini-Programme für Geld laden können. Und falls das alles nichts fruchtet, könnte Facebook einen radikalen Schritt gehen: Wenn der Konzern eine Nutzungsgebühr einführt, wäre die Kasse schnell voll.

(RP/pst/felt/sap)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort