Covestros umstrittene Röhre Gericht entscheidet über CO-Pipeline

Düsseldorf · Sie gilt als das Stuttgart 21 des Rheinlands: Seit Jahren wird um die Kohlenmonoxid-Pipeline gestritten. Am Mittwoch verhandelt das OVG in Münster. Selbst wenn es grünes Licht gibt, braucht Covestro Jahre für die Inbetriebnahme.

 Gegen die Pipeline gibt es seit Jahren Proteste.

Gegen die Pipeline gibt es seit Jahren Proteste.

Foto: dpa/Oliver Berg

Die Kohlenmonoxid-Ppipeline, die das giftige Gas von Dormagen nach Krefeld-Uerdingen bringen soll, ist eins der umstrittensten Industrieprojekte im Land. 2007 fiel der Startschuss für den Bau. Doch bislang verhinderten Klagen die Inbetriebnahme. Am Mittwoch nun soll sich der Vorhang für den nächsten Akt des Dramas öffnen, dann lädt das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster zur mündlichen Verhandlung.

Worum geht es? Die Pipeline unterquert zweimal den Rhein und läuft teilweise an Wohngebieten vorbei. Anwohner und Umweltschützer fürchten Vergiftungen, falls die Pipeline ein Leck bekommt, zumal Kohlenmonoxid (CO) geruchs- und farblos ist. Sie kritisieren den Trassenverlauf und die aus ihrer Sicht unzureichende Sicherung. Die Betreiber (erst Bayer, dann Covestro) wiesen die Kritik zurück, zumal nachgebessert wurde. 2014 landete der Fall vor dem OVG Münster, das die Verfassungsmäßigkeit des Genehmigungsverfahrens anzweifelte und das Bundesverfassungsgericht (BVG) anrief. Dort holten sich die OVG-Richter aber ein blutige Nase und müssen nun erneut entscheiden. Das BVG hat 2016 entschieden, dass das vom Landtag 2006 verabschiedete Rohrleitungsgesetz der Verfassung entspricht, der Bau dem Allgemeinwohl nützt und Enteignungen erlaubt waren.

Wie lange dauert die Verhandlung? Sichere Termine sind der 19. und 20. August. Gegebenfalls geht es am 21. und 28. August weiter. Es wird mit einem Urteil noch im August gerechnet. Um den Corona-Infektionsschutz zu gewährleisten, findet die Verhandlung in der Aula des Fürstbischöflichen Schlosses in Münster statt. Es kann sein, dass eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht zugelassen wird.

Ist die Pipeline fertig? Fast. „Wir unternehmen derzeit nur Arbeiten, um die Anlage instand zu halten und betreiben die dazugehörigen Sicherungsmaßnahmen“, erklärte ein Covestro-Sprecher. Gefüllt ist die 67 Kilometer lange Leitung derzeit mit Stickstoff. Das sei üblich, wenn eine Pipeline längere Zeit nicht wird. So werde unter anderem Korrosion vermieden, so der Chemiekonzern.

Wann könnte die Pipeline starten? „Selbst bei einem positiven Entscheid in Münster für uns würde es bis zur Inbetriebnahme mehrere weitere Jahre dauern“, so der Covestro-Sprecher. Es seien noch Abstimmungen und Planungen nötig. Umgesetzt werden müsse auch noch die Verlegung einer zweiten „Geo Grid“-Matte, die 2018 genehmigt wurde. Diese Matten bedecken die Pipeline in der Erde und sollen verhindern, dass die Leitung bei Bauarbeiten versehentlich und unbemerkt beschädigt wird. Kritiker hoffen, dass Covestro die Leitung am Ende gar nicht mehr in Betrieb nimmt.

Was passiert bei Covestro, wenn die Pipeline nicht kommt? Kohlenmonoxid ist ein Rohstoff für die Kunststoff-Herstellung. Covestro stellt das Gas zwar auch in Krefeld selbst her, will den Standort aber durch die Belieferung per Pipeline aus Dormagen absichern. Eine Produktion in Krefeld ohne zusätzliche Absicherung durch die CO-Lieferungsmöglichkeit aus modernen Reformern in Dormagen sei auf Dauer eine Insellösung mit massiven Einschränkungen der Wettbewerbsfähigkeit, so Covestro. Der Chemiekonzern sieht also den Standort bei einem Aus der Pipeline auf Dauer in Gefahr: „Für Uerdingen könnte ohne die neue Rohrfernleitung durchaus eine Abwärtsspirale entstehen“, hieß es.

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