Interview mit Deutsche-Bank-Chef Fitschen „Chinas Größe macht Angst“

Düsseldorf (RPO). Deutsche-Bank-Vorstand Jürgen Fitschen spricht im Interview mit unserer Redaktion über die volkswirtschaftliche Macht der Chinesen und die Neuentdeckung der Privatkunden beim größten deutschen Geldinstitut.

Chronik: US-Immobilienkrise und die Folgen
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Foto: AP

Der Dax ist in der vergangenen Woche zweimal abgestürzt. Wird die Finanzkrise langsam bedrohlich?

Fitschen Die Finanzkrise, die durch die Kreditkrise in USA ausgelöst wurde, ist noch nicht zu Ende. Doch die Gefahr eines weltweiten Crashes sehe ich nicht. Sorgen müssen wir uns eher um die Inflation.

Warum?

Fitschen Die Verbraucherpreise sind zwischenzeitlich in Euroland um mehr als 3,5 Prozent und in den USA um mehr als vier Prozent gestiegen. Nun müssen die Notenbanken gegensteuern.

Angst macht vielen Deutschen auch die Globalisierung ...

Fitschen Die Globalisierung ist besser als ihr Ruf. Deutschland ist Gewinner der Globalisierung, doch nicht jeder in Deutschland gewinnt.

Wer gewinnt?

Fitschen Zu den Gewinnern zählen zum Beispiel der Maschinenbau und die Logistik-Branche. Unter den weltweit führenden Logistik-Unternehmen sind viele deutsche Firmen wie DHL, Schenker, Kühne&Nagel und Dachser. Es stimmt auch nicht, dass Globalisierung per se Stellen vernichtet. Im Gegenteil: Unternehmen, die ins Ausland gehen, schaffen im Schnitt mehr Stellen in Deutschland als die Unternehmen, die nur im Inland aktiv sind.

Warum dann die große Angst vor der Globalisierung?

Fitschen Mit China und Indien greifen heute zwei Länder gleichzeitig auf spektakuläre Art und Weise in den Weltmarkt ein, die zusammen mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung stellen. China hat zudem Währungsreserven von rund 1,7 Billionen US-Dollar, die angelegt sein wollen. Die Chinesen stellen drei der fünf größten Banken der Welt. Die schiere Größe macht vielen Menschen Angst.

Was können wir für die Verlierer der Globalisierung tun?

Fitschen Bildung, Bildung. Bildung. Zudem hätten Geringqualifizierte auch mehr Chancen, wenn Einfacharbeitsplätze weniger stark mit Abgaben belegt wären und damit die Schwarzarbeit unattraktiver würde.

Welche Bedeutung hat China für Deutschland?

Fitschen Inzwischen gehen 11 Prozent der deutschen Exporte nach Asien. Zum Vergleich: Auf die USA entfallen nur noch zehn Prozent.

Welche Rolle spielt China für Sie?

Fitschen Im Ausland arbeitet mehr als die Hälfte unserer Mitarbeiter, hier werden zwei Drittel unserer Erträge erzielt. Wir sind in 76 Ländern aktiv. In China bauen wir unsere Position gezielt auf. Wir haben dort neben unseren etablierten Filialen inzwischen eine inländische Banklizenz sowie Beteiligungen an einer Bank im Privatkundengeschäft und an einem Vermögensverwalter.

Bleibt der Sitz der Deutschen Bank in Deutschland?

Fitschen Ja selbstverständlich. Es hat auch nie eine ernsthafte Debatte um die Verlagerung der Zentrale gegeben. Nur mit einer stabilen Verankerung im Heimatland können wir weltweit erfolgreich sein.

Auch mit Privatkunden? Wir erinnern uns an Zeiten, in denen die Bank von Privatkunden wenig wissen wollte.

Fitschen Die Deutsche Bank hat 14 Millionen Privatkunden, davon 9,7 Millionen in Deutschland. Wir bauen dieses Geschäft weiter aus, im Inland und auch in Ländern wie Italien, Spanien, Belgien oder Polen. Die Kunden schätzen unsere Produktpalette und qualifizierte Beratung. Aktionäre schätzen die stabilen Erträge aus diesem Geschäft.

Antje Höning führte das Gespräch.

(RP)
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