Im Herbst Bsirske warnt vor Massenentlassungen

Erfurt (RPO). In den vergangenen Tagen mehrten sich die Stimmen, dass es erste positive Signale aus der Wirtschaft gebe. Kein Anlass zur Entwarnung für den Vorsitzenden der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske: "Es gibt keinen Grund zur Entwarnung, im Gegenteil. Wir müssen damit rechnen, dass im Spätsommer oder Herbst Massenentlassungen beginnen", sagte Bsirske in einem Zeitungsinteriew.

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Foto: gms

"Es muss deutlich mehr Geld in öffentliche Investitionen fließen, in Bildung, in Umwelttechnologie, in die öffentliche Infrastruktur. Und wir brauchen konkrete Schritte zur Stärkung der Massenkaufkraft", sagte Bsirske der "Thüringer Allgemeine". Die Bundesregierung müsse jetzt noch einmal entschlossen gegensteuern.

So solle der "Hartz IV"-Regelsatz auf 435 Euro angehoben werden. "Zudem muss die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I verlängert werden. Jeder, der arbeitslos wird und zuvor ein Jahr lang beschäftigt war, sollte dann auch ein Jahr lang Arbeitslosengeld I erhalten", sagte Bsirske. Bislang erhalten Arbeitslose mit nur einem Jahr Vorbeschäftigung nur höchstens sechs Monate die Versicherungsleistung.

"Es darf nicht sein, dass viele Menschen jetzt in kurzer Zeit in Hartz IV rutschen und dann erst alle Ersparnisse aufbrauchen müssen". Über 50-Jährige sollten generell zwei Jahre lang Arbeitslosengeld I beziehen, fordert der Gewerkschaftschef. Finanziert werden sollten die erneuten Konjunkturhilfen durch "eine gezielte Steuererhöhung im Bereich der großen und größten Vermögen, Einkommen, Erbschaften und Unternehmensgewinnen", zudem sollte nach Bsirskes Überzeugung eine "Finanztransaktionssteuer" eingeführt werden.

Ausbildungsnotstand befürchtet

Angesichts der Wirtschaftskrise blickt auch Bundesarbeitsminister Olaf Schol (SPD) mit Sorge in den Herbst. Er befürchtet einen Ausbildungsnotstand. "Wenn wir jetzt nichts tun, droht ein großes Problem am Ausbildungsmarkt im Herbst", sagte Scholz der "Frankfurter Rundschau". Er rief die Wirtschaft auf, trotz der Konjunkturkrise ihre Anstrengungen zu verstärken. "Kein Unternehmen darf weniger ausbilden, als in den früheren Jahren. Und einige müssen noch eine Schippe drauflegen", betonte der SPD-Politiker.

Den Hinweis auf sinkende Schülerzahlen werde er nicht als Entschuldigung für einen Rückgang des Lehrstellenangebots akzeptieren. "Ich kann die Wirtschaft nur warnen: Auf solche Spielchen lasse ich mich nicht ein", betonte Scholz. "Wir brauchen wie in den Vorjahren 600.000 Ausbildungsplätze. Darunter darf es nicht gehen. Ich bin dagegen, dass man mit Taschenspielertricks dieses Ziel vernebelt." Eigentlich seien für ein, zwei Jahre sogar "deutlich mehr als 600.000 Ausbildungsplätze" nötig, um die vielen unversorgten Altbewerber unterzubringen.

Zugleich geht Olaf Scholz davon aus, dass sich die rund 20 Millionen Rentner in den kommenden Jahren auf Nullrunden oder sehr geringe Anpassungen ihrer Bezüge einstellen. "Große Sprünge wird es kaum geben", sagte Scholz der "Frankfurter Rundschau". Er wolle niemand "Sand in die Augen streuen". Eine schlechte Wirtschaftsentwicklung werde sich "auch bei den Renten niederschlagen".

Zugleich räumte Scholz erstmals ein, dass die Beiträge zur Rentenversicherung - anders als von der Bundesregierung noch im November angekündigt - mittelfristig wahrscheinlich nicht gesenkt werden können.

Bis 2020 solle der Beitrag nicht über den heutigen Satz von 19,9 Prozent klettern, sagte der Minister. Auf die Frage, ob bis dahin eine Senkung realistisch sei, antwortete er: "Das wird schwierig."

In ihrem Rentenversicherungsbericht hatte die Bundesregierung noch erklärt, im Jahr 2012 werde der Beitrag auf 19,2 Prozent und ab 2013 auf 19,1 Prozent fallen.

(DDP)
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