Hayward muss Hut nehmen BP-Chef provoziert US-Kongress

(RP). Vor einem Untersuchungsausschuss in Washington machte Tony Hayward, Chef des Energiekonzerns BP, eine so schlechte Figur, dass der Aufsichtsrat ihm am Abend das Krisenmanagement entzog. Zuvor hatte er darauf beharrt, keine Fehler vor und während der Ölpest begangen zu haben.

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Der politische Lichtblick im Öl-Drama ist für Barack Obama völlig überraschend gekommen: Joe Barton, ein bisher unbekannter Republikaner aus Texas, sorgte gleich zu Beginn der Kongressanhörung von BP-Chef Tony Hayward für einen Paukenschlag und schoss damit die Opposition ins politische Abseits. Er schäme sich dafür, wie das Unternehmen zurzeit von der Politik unter Druck gesetzt werde. "Das ist ein Bestechungsfonds", sagte er empört zu dem 20 Milliarden Dollar umfassenden Entschädigungspaket, das Barack Obama BP abgerungen hat.

Im Konferenzsaal hätte man eine Stecknadel fallen hören. Selbst Bartons Parteifreunden stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Vieles ist in der Welle der öffentlichen Erregung über die Ölkatastrophe zurzeit möglich, aber nicht Mitleid mit BP. Stunden später gab Barton dann unter massivem Druck seiner Parteiführung klein bei und entschuldigte sich. Aber da war der Schaden schon angerichtet. Bissig rechnete die "Washington Post" vor, wie viele Spenden er und seine republikanischen Kollegen von der Ölindustrie in den vergangenen Jahren erhalten haben.

BP-Chef Hayward verlegte sich während der Anhörung in Dutzenden von Varianten darauf, dass er von fragwürdigen technischen Entscheidungen, welche die spätere Katastrophe beförderten, nichts gewusst habe. Im Übrigen sei seit seinem Amtsantritt 2007 die Verbesserung der bis dahin mangelhaften Sicherheitskultur von BP seine höchste Priorität gewesen. "Es war ein Fokus wie bei einem Laser", sagte Hayward.

Mit seinem nuschelnden britischen Akzent wurde er von den Abgeordneten schon akustisch manchmal nicht verstanden — was die sowieso angespannte Stimmung nicht hob. Doch der BP-Spitzenmanager reihte sich mit seinen Ausweichmanövern nur in eine Tradition ein: Vom Ex-Chef von General Motors, Rick Wagoner, bis hin zu Lloyd Blankfein von Goldman Sachs sind in den vergangenen Monaten alle Wirtschaftsführer, die vor dem Kongress aussagen mussten, von ihren Anwälten auf nichtssagende Allgemeinplätze gedrillt worden.

Hayward, der zuvor öfter durch verbale Ausrutscher aufgefallen war, schien am besonders kurzen Zügel zu sein. Aber die Abgeordneten konnten ihm genügend Peinlichkeiten unter die Nase reiben. Er wolle endlich sein Leben zurückhaben, hatte er beispielsweise am Rande eines Interviews einmal gesagt. "Wissen Sie, wer wirklich sein Leben zurückhaben will?", fragte der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, der Demokrat Bart Stupak: "Es sind die Menschen am Golf, deren Leben BP zerstört hat, und die Familien der elf Ölarbeiter, die bei der Explosion getötet wurden."

Demonstrative Zerknirschung

An demonstrativer Zerknirschung ließ es Hayward nicht fehlen. "Ich möchte direkt die Menschen ansprechen, die in der Golfregion leben und arbeiten: Ich weiß, dass dieser Zwischenfall ihr Leben zutiefst betrifft und aufwühlt. Ich bedauere das zutiefst", sagte er in seinem vorformulierten Statement, das den bisher als unsensibel geltenden Spitzenmanager als mitfühlend zeigen sollte. Ein bisschen Reue — ansonsten keinerlei womöglich gerichtsverwertbare Aussagen, das war sieben Stunden lang die Marschrichtung.

Fünf Fehlentscheidungen konnten die Kongressabgeordneten detailliert aufzählen. Doch Hayward verwies immer nur auf die noch nicht abgeschlossenen, firmeninternen Untersuchungen. Im Laufe der Zeit wurden seine Antworten immer kürzer. Manchmal blickte er nicht mehr in den Saal, sondern nur noch auf seine Hände. Jedes bisschen Wohlwollen, mit dem die Firma vielleicht nach dem Zugeständnis des Entschädigungsfonds rechnen konnte, war da verspielt. Am Abend zog BP die Reißleine: Hayward übernimmt nicht länger das Krisenmanagement im Kampf gegen die Ölpest. Seine Aufgabe würden an BP-Manager Robert Dudley übertragen, teilte der Aufsichtsrat des Mineralölkonzerns mit.

(RP)
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