IWF will Europa helfen Börsen schießen massiv in die Höhe

Brüssel (RPO). Die Hoffnung auf Milliardenhilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF) hat am Mittwoch für ein Kursfeuerwerk am deutschen Aktienmarkt gesorgt. Auslöser war der IWF-Europa-Direktor Antonio Borges, der in Aussicht stellte, seine Institution werde möglicherweise an der Seite des Eurorettungsschirms EFSF Anleihen von Krisenstaaten aufkaufen. Besonders Finanzwerte haussierten danach.

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Der Dax gewann 4,9 Prozent auf 5473 Punkte. Der MDax legte um 3,6 Prozent auf 8066 Zähler zu. Der TecDax stieg um 2,6 Prozent auf 642 Punkte.

An der New Yorker Wall Street wirkten sich die Äußerungen weniger stark aus. Der Dow-Jones-Index schaffte bis 17.55 Uhr (MESZ) ein Plus von 0,5 Prozent auf 10.860 Punkte. Der Nasdaq-Composite stieg um 1,4 Prozent auf 2.439 Zähler.

Der Euro notierte gegen 17.55 Uhr bei 1,3320 Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs bei 1,3337 Dollar festgelegt.

Größter Gewinner im Dax waren K+S, die 8,3 Prozent auf 38,59 Euro zulegten. Gegen den Trend schlossen Fresenius Medical Care als einziger Wert mit einem Minus von 0,1 Prozent auf 49,26 Euro.

Im MDax setzten sich Aareal Bank mit einem Plus von 11,7 Prozent auf 11,61 Euro an die Spitze. Südzucker fanden sich mit einem Minus von 2,1 Prozent auf 20,97 Euro am unteren Ende des Index wieder.

Im TecDax gewannen Xing am stärksten, die Aktie schoss um 11,3 Prozent auf 53,84 Euro in die Höhe. Stratec verloren dagegen 1,5 Prozent auf 28,08 Euro.

Hilft der IWF oder nicht?

Einen Tag vor einem kleinem Welt-Finanzgipfel im Berliner Kanzleramt hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) am Mittwoch überraschend in Aussicht gestellt, künftig an der Seite des Euro-Rettungschirms EFSF Anleihen von Spanien und Italien zu kaufen. Der IWF sei dazu bereit, sobald die Erweiterung des Rettungsschirms von allen Mitgliedsstaaten ratifiziert sei, sagte IWF-Europa-Direktor Antonio Borges in Brüssel.

Damit zeichnet sich eine grundsätzliche Änderung der Rolle des IWF in der Schuldenkrise ab. Bisher steuerte der Währungsfonds zwar fast 80 Milliarden Euro zur Stützung angeschlagener Euro-Länder bei, intervenierte aber nicht offen auf den Anleihemärkten. Borges stellte zudem in Aussicht, der IWF könne Italien und Spanien zusätzlich spezielle vorsorgliche Kreditlinien gewähren.

Dementi am Abend

Am Abend stellte Borges dann aber klar, dass der Internationale Währungsfonds nun doch keine Anleihen von Euro-Staaten direkt kaufen wolle. "Der Fonds kann seine Ressourcen nur an Staaten vergeben und kann diese Gelder nicht benutzen, um direkt in den Anleihemärkten zu intervenieren", erklärte IWF-Europa-Direktor Antonio Borges am Mittwochabend in Brüssel. "Wir leihen verschiedenen europäische Staaten Geld, die uns um Unterstützung gebeten haben."

Der Fonds habe aber keine zusätzlichen Bitten erhalten und erwäge nicht ein Eingreifen in den Märkten zusammen mit dem Euro-Rettungsschirm EFSF. Zuvor hatte Borges noch erklärt, der Fonds erwäge den Kauf von Anleihen von Spanien und Italien.

EU unbeeindruckt von Herabstufung Italiens

Die EU-Kommission zeigte sich am Mittwoch demonstrativ unbeeindruckt von der Herabstufung Italiens durch die Ratingagentur Moody's. EU-Währungskommissar Olli Rehn bescheinigte dem Land ernsthafte und ehrgeizige Konsolidierungsbemühungen. Diese gingen "in die richtige Richtung", sagte er. "Das ist unser Rating für Italien. Und wir erhalten es aufrecht."

In einem am selben Tag veröffentlichten Bericht forderte der IWF die Euro-Länder auf, die Mittel aus dem Rettungsschirm zu verwenden, um neue Anleihen der angeschlagenen Länder zu garantieren. Zugleich sollten die Euro-Staaten die Europäische Zentralbank gegen mögliche Verluste aus ihren bisher getätigten Anleihekäufen absichern.

Feuerwehr des Finanzsystems

Der IWF agiert wie eine Feuerwehr des weltweiten Finanzsystems. Er verfügt allein über 500 Milliarden Dollar aus neuen Kreditvereinbarungen mit reichen Ländern wie Saudi-Arabien, China, Norwegen oder der Schweiz. Hinzu kommt eine Aufstockung seiner regulären Mittel, die in den kommenden Jahren mehrere hundert Milliarden Dollar bringen soll.

Borges sagte: "Wir verfügen über eine ganze Reihe von Optionen, die auf den Tisch geholt werden könnten, um das Vertrauen in diese Länder wieder herzustellen."

Keine Eile bei Entscheidung über Griechenland-Tranche

Das im Juli vereinbarte zweite Hilfspaket für Griechenland muss nach den Worten von Borges wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage des Landes und der nur langsam vorankommenden Reformen überarbeitet werden. Das bedeute aber nicht unbedingt, dass die Inhaber von griechischen Anleihen mit größeren Verlusten rechnen müssten. Da bis Dezember keine größeren Schuld-Rückzahlungen anstünden, bestehe auch kein Grund zur Eile bei der Entscheidung über die nächste Tranche an Krediten, erklärte Borges.

EU-Währungskommissar Rehn sprach sich unterdessen für Maßnahmen zur Stärkung des europäischen Bankensystems aus. "Die Kapitalpositionen europäischer Banken müssen gestärkt werden, um zusätzliche Sicherheitsspielräume zu schaffen und so die Unsicherheiten zu reduzieren", sagte Rehn der "Financial Times".

(apd/felt)
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