Autokrise Bochum zittert und kämpft um Opel

Bochum (RP). Dem größten Arbeitgeber der Ruhrgebietsstadt droht das "Aus" – wenn die amerikanische Mutter General Motors in die Insolvenz gehen muss. Doch nach der Kohlekrise, dem Abbau von Stellen bei Opel 2004 und dem Nokia-Weggang sagen viele Bochumer: "Das schaffen wir auch noch."

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Foto: AP

Bochum (RP). Dem größten Arbeitgeber der Ruhrgebietsstadt droht das "Aus" — wenn die amerikanische Mutter General Motors in die Insolvenz gehen muss. Doch nach der Kohlekrise, dem Abbau von Stellen bei Opel 2004 und dem Nokia-Weggang sagen viele Bochumer: "Das schaffen wir auch noch."

Draußen ist es usselig — kalt, regnerisch. Dezember-Wetter im Ruhrgebiet. Mickrige Tannenbäumchen und ein paar Lichterkette können keine rechte Adventsstimmung in die Tristesse am Werner Hellweg in Bochum-Werne zaubern. Wenige Gehminuten entfernt in der Kindertagesstätte der Arbeiterwohlfahrt (AWO) an der Kreyenfeldstraße ist die Vorfreude auf Weihnachten nicht zu übersehen. Von den 50 Kindern selbstgebastelte Weihnachtssterne und für den Nikolaus gemalte Bilder schmücken die Räume. Hintereinander laufend, die Hände auf den Schultern des Vordermannes, spielen die Kinder "Eisenbahn" und ziehen lachend durch die Räume. "Die sind so süß", sagt Kita-Leiterin Monika Burczyk und fügt nachdenklich hinzu, "die kleinen Mäuse wissen noch nichts vom dem, was sie draußen erwartet. Gott sei Dank."

Draußen vor der Kita, wo Eltern warten, um ihren Nachwuchs abzuholen, bestimmt ein Thema die Gespräche: die Krise bei Opel, dem größten Arbeitgeber der Stadt. Die Existenz des Werk ist gefährdet, seit dem amerikanischen Mutterkonzern General Motors (GM) die Insolvenz droht.Wer nicht selbst bei Opel arbeitet, hat einen Verwandten, der dort arbeitet oder er kennt zumindest einen Opelaner.

6100 Menschen sind bei Opel in Bochum beschäftigt. Laut Industrie- und Handelskammer (IHK) verdienen 4000 weitere bei Zulieferfirmen, als Dienstleister für das Werk sowie als "private Versorger" wie Bäcker, Gastronomen oder Kioskbesitzer ihr Geld. Das "Aus" für Opel würde ihre Existenz und die ihrer Familien gefährden.

Welch "große Sorgen" sich die Bochumer machen, bekommt Bernd Wolharn, Pfarrer der katholischen Gemeinde in Altenbochum, Tag für Tag mit. Der Geistliche sieht es "an dieser Stelle als unseren Auftrag an, als Kirche die Stimme zu erheben". Der Pfarrer will schon bald mit sozialpolitischen Nachtgebeten Zeichen setzen.

Auf diese "Stärken" der Stadt setzt ebenfalls Wirtschaftsdezernent Paul Aschenbrenner. Andererseits weiß er: "Das Aus für Opel wäre für die Stadt eine Katastrophe". Doch der Dezernent betont im gleichen Atemzug: "Wir Bochumer sind Krisen gewohnt — und wir können kämpfen."

Diese Einschätzung teilt Polizeioberkommissar Torsten Heim, bekannter als "Toto" in der SAT.1-Polizei-Doku "Toto und Harry" (3,5 Millionen Zuschauer) an der Seite von Polizeikommissar Thomas Weinkauf. "An Opel hängt das Wohl von ganz Bochum. Alle machen sich Sorgen", sagt der Streifenpolizist, der ganz nah an den Menschen auf der Straße dran ist. Ärgerlich ist für ihn vor allem: "Da passiert in den USA der Supergau, und schon bist Du mit dabei — obwohl Du nix falsch gemacht hast". Aber Torsten Heim sagt auch: "Ich kenn' den Menschenschlag hier. Wir krempeln die Ärmel hoch, schnallen den Gürtel noch enger und malochen noch mehr — dat schaffen wir schon."

Skeptischer sind die Eltern des fünfjährigen Marius in der AWO-Kita in der Kreyerfeldstraße. Vater Carsten hat als Lehrling 1987 bei Opel begonnen und kann nur "hoffen", noch länger dort in der Dauer-Nachtschicht arbeiten zu können. Seiner Ehefrau Petra macht die Krise Angst. "Wenn Opel zumacht, muss ich mir wohl Arbeit suchen."

Ob der kleine Marius mal ein Opelaner sein wird ? "Wie es jetzt aussieht, wohl kaum", sagt sein Vater. Und Marius' AWO-Erzieherin Rosemarie Minter meint: "Früher wusste man: Wenn das Kind bei Opel unterkommt, hat es einen Job fürs Leben. Die Sicherheit gibt es nicht mehr. Das ist vorbei."

(RP)
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