Butterschiffe legen bald für immer an "Billiger als in Polen"- Supermärkte auf hoher See

Neubrandenburg (rpo). Der Slogan lockt hunderttausende Menschen an Bord: "Billiger als in Polen". Die schwimmenden Supermärkte liegen im Stettiner Hafen, auf Oder und Elbe. Sie bieten steurfreie Waren an - doch in sechs Monaten machen die Einkaufsinsel für immer ihre Taue fest.

<P>Neubrandenburg (rpo). Der Slogan lockt hunderttausende Menschen an Bord: "Billiger als in Polen". Die schwimmenden Supermärkte liegen im Stettiner Hafen, auf Oder und Elbe. Sie bieten steurfreie Waren an - doch in sechs Monaten machen die Einkaufsinsel für immer ihre Taue fest.

Rentnerin Anita Baldauf aus Demmin (Mecklenburg-Vorpommern) sitzt zusammen mit einer Hand voll weiterer Passagiere auf dem Oberdeck der "MS Princess". Vor ihnen stehen eine riesige Flasche Whisky und ein Beutel, aus denen eine Stange Zigaretten lugt. Für eine Schachtel Zigaretten bezahlen sie im Laden 2,85 Euro, berichten die Frauen. Eine Stange auf dem Butterschiff mit zehn Schachteln kostet 7,99 Euro. "Man spart hier schon ganz schön", freuen sich die Frauen, die einmal wöchentlich zum Duty-Free-Einkauf kommen.

Doch die zoll- und steuerfreie Waren gibt es nur noch ein halbes Jahr. Denn mit dem Beitritt Polens und Tschechiens zur EU ist auch an der Grenze zu diesen Ländern das Zollfrei-Geschäft nicht mehr erlaubt. Mitte 1999 sind die Butterfahrten innerhalb der Europäischen Union abgeschafft worden.

Dabei ist das moderne Fährterminal im idyllischen Fischerdorf Altwarp am Stettiner Haff ist vor drei Jahren für 7,5 Millionen DM (3,8 Mio Euro) gebaut worden. Die Butterschiffe, auf die bis zu 400 Passagiere passen, legen im Takt ab.

Die "MS Princess" schippert ins gegenüberliegende Nowe Warpno (Neuwarp). Zwischen den Orten liegen nur wenige hundert Meter. Und die EU-Außengrenze. Damit die Passagiere in Ruhe einkaufen können, drehen sich die schwimmenden Kolosse im Haff hin und her. Erst nach langwierigen Manövern erreichen sie den polnischen Nachbarort, wo die Händler auf den Grenzbasaren warten. Doch die meisten Passagiere fahren wieder zurück, ohne ihren Fuß auf polnischen Boden gesetzt zu haben. "Nur fünf Prozent der Leute gehen nach Neuwarp", berichtet Peter Redepenning, Steuermann der "MS Princess", die sechs Mal täglich zwischen Ostdeutschland und Westpolen pendelt.

Eine halbe Million Passagiere nutzt jährlich die Adler- Butterschiffe der Insel- und Halligreederei von Alt- nach Neuwarp. Seit zehn Jahren ist die Reederei dort im Geschäft. Die EU- Osterweiterung im kommenden Jahr werde deutliche Einbußen bringen, sagt Betriebsleiterin Inge Bocklage. "Es wird vielleicht ein Viertel übrig bleiben - an Fahrten und Passagieren." In Altwarp hat Adler 86 Mitarbeiter auf vier Schiffen. "Nach der EU-Erweiterung werden es nur noch 20 Mitarbeiter sein", prognostiziert sie.

Nicht nur in Altwarp fahren Adler-Schiffe, auch zwischen Gartz und Gryfino (Polen) auf der Oder sowie von Bad Schandau nach Hrensko (Tschechien) auf der Elbe. Dort bietet auch die Sächsische Dampfschifffahrt Duty-Free an. 30 000 Passagiere zählt die Linie Königstein-Decin jährlich, wie Geschäftsführer Michael Lohnherr berichtet. "Wir werden die Strecke im kommenden Jahr unverändert weiter fahren." Die Mehrzahl der Gäste komme nicht wegen der Einkaufsmöglichkeiten an Bord. "Sie wollen auf einem historischen Dampfer sitzen und die schöne Landschaft genießen."

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