Baukonzern in der Krise Bilfinger-Chef Roland Koch tritt zurück

Mannheim · Nach zwei Gewinnwarnungen innerhalb kurzer Zeit gibt der frühere hessische Ministerpräsident sein Amt auf. Offensichtlich gab es Streit zwischen Vorstand und Teilen des Aufsichtsrates. Interimsnachfolger ist Herbert Bodner.

Baukonzern in der Krise: Bilfinger-Chef Roland Koch tritt zurück
Foto: dpa, ua cul axs

Wenn renommierte Vorstandschefs zurücktreten, ist das schon spektakulär. Im Fall von Roland Koch (56) wird es fast noch spektakulärer. Denn Koch ist ein Seiteneinsteiger in der Wirtschaft, der den Sprung aus der Politik in die Wirtschaft wagte und vorher als Kronprinz von Angela Merkel (beide CDU) galt. Daraus wurde nichts, und Koch wechselte zum Baukonzern Bilfinger. Jetzt ist auch das vorbei: Gestern Abend erklärte Koch überraschend seinen Rücktritt und zog die Konsequenzen aus zwei Gewinnwarnungen binnen kurzer Zeit. Er geht Ende der Woche und wird bis längstens Mai 2015 durch Aufsichtsrat Herbert Bodner ersetzt.

"Für ein unverändert erfolgreiches Unternehmen wie Bilfinger ist Berechenbarkeit am Kapitalmarkt ein wichtiges Gut", erklärte Koch, "durch zwei kurz aufeinanderfolgende Gewinnwarnungen, für die ich als Vorstandsvorsitzender einstehe, ist dieses Vertrauen erschüttert." Und weiter: "Ich hoffe, mit meinem Angebot eine schnelle Normalisierung herbeiführen zu können. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil ich feststellen musste, dass wesentliche Teile des Aufsichtsrats und ich bei der Beurteilung der unmittelbaren nächsten notwendigen Maßnahmen nicht ausreichend übereinstimmen."

"Wesentliche Teile des Aufsichtsrates" - damit sind dem Vernehmen nach die Vertreter des Großaktionärs Cevian gemeint. "Seitdem die im Aufsichtsrat sind, ist die Stimmung deutlich aggressiver", heißt es im Umfeld des Unternehmens. Und sie beurteilten die Zukunftschancen wohl auch deutlich negativer als die Vorstandsriege um Koch.

Der Konzern hatte die Anleger indes schon Ende Juni dadurch erschreckt, dass er seine Jahresprognose nicht mehr aufrechthalten konnte. Statt mit einer deutlichen Zunahme des operativen Gewinns hatte Koch seinerzeit für 2014 einen Ergebnisrückgang von bis zu zehn Prozent angekündigt. Die Wirkung damals: Die Aktie stürzte um 18 Prozent ab. Jetzt sinkt die Ergebnisprognose noch einmal um 40 Millionen auf 340 Millionen bis 360 Millionen Euro, und an der Börse ging es erneut runter. Nachbörslich betrug das Minus immer noch drei Prozent.

Kochs Abgang ist der eines ungewöhnlichen Seiteneinsteigers. "Politiker, die in die Wirtschaft wechseln, gehen meist in eine Sparte, in der sie vorher schon gearbeitet haben, oder sie wechseln in ein Unternehmen mit staatlicher Beteiligung. Roland Koch war der Sonderfall: Er ist in die private Wirtschaft gewechselt, und dort direkt operativ an die Spitze eines Unternehmens", sagt der Journalist und Politikwissenschaftler Moritz Küpper. Koch selbst hatte Küpper Koch über seinen Wechsel in die Wirtschaft mal gesagt: "Mein Vorteil war, dass ich nicht in eine völlig neue, unbekannte Welt kam, da ich vor und auch während meiner politischen Laufbahn bis zur Wahl zum Ministerpräsidenten schon viele Jahre als wirtschaftsberatender Anwalt tätig war." Und: "Im Übrigen gibt es bei den administrativen Tätigkeiten viele Parallelen zum Tagesgeschäft in der Politik". Am Ende aber auch die gleichen Risiken.

(RP)
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