Die deutschen Metropolen Berlin, die parasitäre Hauptstadt

Düsseldorf (RP). Die größte deutsche Stadt verbreitet Glamour und boomt bei internationalen Gästen. Doch hinter der globalen Visitenkarte des Landes verbirgt sich ein überschuldetes Armenhaus. Berlin lebt bis heute über seine Verhältnisse - und das auf Kosten anderer.

So schön ist Berlin
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Foto: BTM, gms

berlin "Arm, aber sexy." Das flapsige Motto des Berliner Bürgermeisters Klaus Wowereit ist zwar peinlich, aber zutreffend. Die größte deutsche Stadt lebt auf einem Schuldenberg von 61 Milliarden Euro. Das ist so viel, dass selbst die Schließung aller Opern, Museen und anderer Kulturstätten gerade mal reichen würde, um zwei Monate lang die Zinsen zu zahlen. Nicht einmal jeder zweite Berliner ist erwerbstätig. 17 Prozent leben von Hartz-IV, doppelt so viele wie im Bundesschnitt (8,5 Prozent).

Doch dieses Armenhaus ist zugleich ein "hot spot" für die Jugend der Welt. Die Stadt vibriert geradezu vor Lebendigkeit der internationalen Gäste. In manchen Szene-Vierteln hört man fast mehr Englisch, Japanisch oder Italienisch als Deutsch. Unter jungen amerikanischen Schriftstellern gilt ein Berlin-Semester als ein Muss. Auf dem Kurfürstendamm kann man reiche, wenn auch teils obskure russische Geschäftsleute beobachten, die im Handumdrehen mit ihren Begleiterinnen eine Nobel-Boutique leerkaufen. Kaum eine Woche vergeht, ohne dass irgendeine Hollywood-Größe in der Stadt weilt, die immer mehr internationale Filmpremieren anlockt.

Der funkelnde Glamour macht die Berliner stolz und ihren Regierenden Bürgermeister übermütig. Doch von all dem kann Berlin sich leider nicht viel kaufen. Zwar boomt die Tourismus-Branche mit mehr als zwölf Millionen Hotel-Übernachtungen im Jahr, doch das allein trägt noch keinen Aufschwung.

Das wirtschaftliche Rückgrat der Industrieproduktion leidet unter Hexenschuss. Die einst bärenstarke Industriestadt der Kaiserzeit beherbergt heute gerade mal die Firmenzentralen von 14 der 500 größten deutschen Unternehmen (im kleineren Hamburg sind es 42, in NRW 164). Seit der Pharmakonzern Schering von Bayer geschluckt wurde, gibt es kein einziges Dax-Unternehmen mehr in Berlin.

Zwar haben sich in subventionierten Innovations-Zentren einige Biotech- und Software-Firmen angesiedelt, zudem wurden Unternehmen der Musikwirtschaft angelockt - doch in der Wertschöpfung kann dies die Verluste an Industrie nicht annähernd wettmachen.

Zugleich klagt keine Bevölkerungsgruppe mehr als die Hauptstädter. Die "schlechte Laune" der Berliner ist sprichwörtlich - und das liegt nicht nur am Wetter. Alt-Bundespräsident Roman Herzog hat erst gestern das Selbstmitleid der Stadt kritisiert und gefragt: "Wo ist eigentlich der Berliner Humor?"

Tatsache ist aber auch, dass Berlin eine um 15 Prozent höhere Finanzkraft als NRW hat - wenn man die Zuschüsse von Bund und Ländern einrechnet. Die Stadt ist vor allem deshalb in Not, weil sie bis heute pro Kopf 33 Prozent mehr ausgibt als die anderen Länder - etwa dafür, dass sie im Vergleich rund 40.000 Verwaltungsbedienstete zuviel hat.

Berlin leistet sich drei Opern, drei Universitäten, drei Kunsthochschulen, zehn Fachhochschulen und zwei Zoos. Das Image als Kulturmetropole lebt von einem Angebot, das sich die Stadt eigentlich gar nicht leisten kann. Schon jetzt kommt fast die Hälfte des Kulturetats aus der Bundeskasse.

Als 2006 die Berliner Verfassungsklage auf finanzielle Nothilfe scheiterte, fiel den Lokalpolitikern der parasitären Hauptstadt kaum mehr ein, als nach Hilfe von außen zu rufen. Prompt wurden wieder Forderungen nach dem Umzug der restlichen Bonner Ministerien laut. Und Wowereit brachte zum Antrittsbesuch bei Kanzlerin Angela Merkel die Erwartung mit, der Bund solle gefälligst die marode Staatsoper übernehmen. Er blitzte bei Merkel ebenso ab wie zuvor beim Verfassungsgericht und bei den anderen Ländern. Ihnen ist Berlin zwar lieb, aber vor allem teuer - zu teuer.

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