Glyphosat-Klagen Bayer will weiter für Glyphosat kämpfen

Leverkusen/San Francisco · Überraschend fordert US-Richter Vince Chhabria, bei dem 650 Klagen gebündelt sind, Bayer und die klagenden Glyphosat-Nutzer auf, einen Mediator zu suchen. Doch Bayer will weiter kämpfen. Denn auch Vergleiche könnten Milliarden kosten.

Der neue Schlag für Bayer trägt die Nummer 141:  Unter diesem Zeichen hat Vince Chhabria, Richter am Distriktgericht in San Francisco, nun eine „Pretrial Order“, eine vorgerichtliche Verfügung, erlassen. Darin fordert er den deutschen Chemiekonzern und die Anwälte der klagenden Glyphosat-Nutzer auf, einen Mediator zur außergerichtlichen Einigung einzuschalten. „Wenn sie sich nicht einigen können, wird das Gericht einen  Mediator bestellen“, schreibt Chhabria. Er will erreichen, dass sich beide Seiten auf einen Vergleich verständigen. Zugleich sagte er die für den 20. Mai anstehende nächsten Verhandlung ab.

Bei Vince Chhabria sind rund 650 Klagen gegen das glyphosathaltige Mittel Roundup gebündelt. Im ersten dieser Fälle hat eine Jury unter Chhabria unlängst dem klagenden Ed Hardeman recht gegeben und dem 70-Jährigen Schadenersatz von 80,3 Millionen Dollar zugesprochen. Dieser Fall gilt als „Bellwether Fall“, der zwar rechtlich nicht bindend, aber richtungsweisend für andere Fälle ist.

Bayer will sich zwar auf eine Mediation einlassen, aber auch weiter vor Gericht kämpfen. Denn ein teurer Vergleich in San Francisco würden einen Präzedenfall schaffen und das gesamt Verfahren teuer machen. „Wir werden selbstverständlich dem Beschluss des Gerichts hinsichtlich des Eintritts in eine Mediation Folge leisten“, sagte ein Bayer-Sprecher. Das Verfahren befinde sich jedoch noch in einer frühen Phase und es gebe erst zwei Jury-Urteile, in keinem Fall wurde bislang die Berufung durchlaufen. „Daher werden wir uns auch weiterhin darauf konzentrieren, unsere glyphosatbasierten Herbizide vor Gericht zu verteidigen.“

Vor Hardeman  hatte schon der Hausmeister Dewayne Johnson im vergangenen Jahr 78 Millionen Dollar an Schadenersatz zugesprochen bekommen. Im Fall Johnson werde man die Berufungsbegründung einreichen, im Fall Hardeman verschiedene Anträge beim Gericht stellen, so Bayer. „Wir vertrauen unverändert auf die umfangreichen wissenschaftlich verlässlichen Erkenntnisse, die die Sicherheit von Roundup stützen und die Grundlage der positiven Bewertungen von Regulierungsbehörden weltweit sind.”

Insgesamt sah sich Bayer bereits Ende Januar 11.200 Klägern gegenüber und geht davon aus, dass die Zahl weiter steigt.  Die Bank JP Morgan rechnet mit einem Anstieg auf 15.000 Kläger. Analysten spielen bereits seit Wochen durch, was die Klagewelle und /oder Vergleiche kosten. „Aktuell fürchtet der Markt, dass der Schadenersatz hoch ausfällt: In Bayer-Kursen um die 60 Euro sind nach Markteinschätzung Schadenersatzzahlungen von 20 bis 25 Milliarden Euro eingepreist“, hatte Markus Manns, Manager bei der Fondsgesellschaft Union Investement, unlängst gesagt.

Die Aktie von Bayer reagierte am Freitag mit einem Kursanstieg von zeitweise 1,5 Prozent auf  61,60 Euro. Womöglich schwingt hier auch die Hoffnung der Anleger mit, dass die Prozesse etwas schneller als zuletzt befürchtet zu Ende gehen könnten. „Für Unsicherheit sorgt, dass die Prozesse noch Jahre dauern könnten. Am Ende könnte bei Glyphosat möglicherweise ein Vergleich stehen, der Zeit und Kosten spart sowie, auch mit Blick auf die Aktienkursentwicklung, die derzeitige Verunsicherung beseitigt“, hatte jüngst Stefan Röhle, Analyst bei Independent Research,  erklärt. Das träfe den Konzern dennoch: Bilsang hat  Bayer nur Geld für Anwälte, aber nicht für Vergleiche mit den Glyphosat-Klägern zurückgelegt.

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