Ende des Jobabbaus Bayer will deutsche Werke mit Milliarden stärken

Leverkusen · Betriebsrat und Konzern einigen sich auf ein „Zukunftskonzept Deutschland“: 2,2 Milliarden Euro sollen in die deutschen Standorte fließen. Der Konzern will sich nicht aufspalten. Monheim soll die Zentrale von Crop Science bleiben. Leverkusen wird gestärkt. Ab 2025 soll es Jobaufbau geben.

 Leverkusen wird gestärkt.

Leverkusen wird gestärkt.

Foto: dpa/Oliver Berg

Die Unsicherheit bei den Bayer-Beschäftigten war hoch: Welchen Stellenabbau bringt die Monsanto-Übernahme mit sich? Plant der Konzern eine Aufspaltung? Wie deutsch bleibt Bayer? Nun haben sich der Gesamtbetriebsrat und der Bayer-Vorstand auf ein „Zukunftskonzept Deutschland“ geeignet, da  die Basis für neue Jobs ab 2025 schaffen soll. Am Morgen wurde die Belegschaft informiert. „Das Zukunftskonzept rückt den Heimatstandort Deutschland wieder stärker in den Fokus – mit substanziellen Zusagen zur Weiterentwicklung der deutschen Standorte. Wir geben den Mitarbeitern in Deutschland damit dringend benötigte Orientierung“, sagte Oliver Zühlke, Chef des Gesamtbetriebsrats, unserer Redaktion: „Unser Ziel ist es, ab 2025 wieder Beschäftigungswachstum in Deutschland zu erreichen.“ Personalvorständin Sarena Lin betonte: „Deutschland ist nicht nur die Heimat von Bayer. Von Deutschland aus wollen wir die globale Wettbewerbsfähigkeit von Bayer stärken.“ Und das sind die Details der Einigung:

Drei-Sparten-Konzern Der Konzern will an seinen drei Sparten Pharmaceuticals (rezeptpflichtige Arzneien), Crop Science (Agrochemie) und Consumer Health (rezepftreie Arzneien) festhalten. „Das Zukunftskonzept enthält ein klares Bekenntnis zu einem integrierten Unternehmen mit seinen drei Divisionen Crop Science, Pharmaceuticals und Consumer Health“, teilte der Konzern mit. Spekulationen um eine Aufspaltung sind damit vom Tisch. „Bayer bleibt ein integrierter Konzern mit drei Divisionen, die Strategie wird nicht verändert“, so Zühlke.

Crop Sciene Monheim soll weiter die Zentrale der Agrochemie bleiben, auch wenn deren neuer Chef Rodrigo Santos in St. Louis sitzt, wo einst die Monsanto-Zentrale war. Bayer hatte den umstrittenen Saatgut-Konzern 2018 übernommen. Bis 2026 plant die Division an ihren Standorten in Dormagen, Frankfurt und Knapsack Investitionen in Digitalisierung und neue Technologien in Höhe von 385 Millionen Euro. Fast 300 Millionen fließen zudem in Sachinvestitionen in Monheim und Frankfurt.

Pharmaceutials Berlin bleibt die Zentrale der größten Bayer-Sparte, der Forschungsstandort in der Hauptstadt wird ebenso modernisiert wie der in Wuppertal. „An den Produktionsstandorten in Bergkamen, Berlin, Leverkusen, Weimar und Wuppertal sollen in den kommenden Jahren strategische Investitionen in einer Größenordnung von mehr als 1,4 Milliarden Euro erfolgen“, sagt der Vorstand zu. „Das Zukunftskonzept sieht vor, dass der Großteil der Belegschaft in der Forschung und Entwicklung weiter in Deutschland beheimatet sein soll.“ Hier soll auch ein großer Teil der geplanten Neueinstellungen in den Bereichen Zell- und Gentherapie sowie Data Science erfolgen. Das ist nicht selbstverständlich: „Bayer investiert seit Jahren im Ausland, da stellte sich die Frage: Welche Perspektiven gibt es überhaupt für die deutschen Standorte?“, sagt Zühlke.

  „Zum Beispiel wird es in Leverkusen einen neuen Betrieb für nicht-hormonelle Tabletten (Solida) geben“, sagte Heike Hausfeld, Chefin des Betriebsrats am Standort Leverkusen. „Die Standorte stehen nicht in Konkurrenz zueinander, sondern als Kompetenzzentren für eine spezifische Ausrichtung.“ Die eigene Forschung am Standort in Deutschland solle wieder gestärkt werden, so Hausfeld. Dazu wolle man ein „wissenschaftliches Ökosystem“ aufbauen.  2018 hatte Bayer im Zuge des Sparprogramms verkündet, Forschungsleistungen extern einzukaufen, was für viel Unruhe in der Belegschaft gesorgt hatte. „Macht die Forschung nicht kaputt“, hieß es damals bei einer Demonstration in Wuppertal. Die Fabrik zur Herstellung des Bluter-Medikaments Faktor 8 in Wuppertal war noch vor dem Start geschlossen worden.

Consumer Health Die Sparte für rezeptfreie Arzneien, die unter anderem Cremes wie Bepanthen und Canesten vertreibt, werde erheblich in ihre deutschen Standorte in Bitterfeld, Darmstadt und Grenzach investieren, sagte der Konzern weiter zu. Bayer investiert 120 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren, vor allem in die Bereiche Digitalisierung, Smart Factory und Weiterbildung.

Stellenabbau 2018 hatten Bayer den Abbau von weltweit 12.000 Stellen angekündigt, davon 4500 in Deutschland. „Die Programme sind  abgeschlossen und in das 2020 angekündigte Transformationsprogramm übergegangen“, sagte Zühlke. Nach einer Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Unternehmen werde ein „Großteil der Einsparungen bis 2024 durch Sachkostenreduzierungen erreicht“, betont Zühlke.

Alle sechs Bayer-Vorstände haben das 17-seitige Zukunftskonzept unterschrieben. Drei von ihnen (Sarena Lin, Rodrigo Santos, Heiko Schipper) haben Deutsch nicht als Muttersprache und bekennen sich doch zum deutschen Standort. Zugleich wurde die Belegschaft auch über die Höhe der Boni informiert: „„Für Tarifbeschäftigte gibt es rund 15 Prozent eines Jahreseinkommens, für leitende Mitarbeiter rund 30 Prozent“, sagt Zühlke. „Das ist dreimal so viel wie im vergangenen Jahr“, ergänzt Hausfeld. Zühlkes Zeit als Betriebsrats-Chef und stellvertretender Aufsichtsrats-Chef neigt sich dem Ende zu, Hausfeld soll ihm nach den Betriebsratswahlen nachfolgen. „Ich freue mich, dass wir das Zukunftskonzept zum Ende meiner Amtszeit auf den Weg bringen konnten“, sagt Zühlke. Für ihn gehen 37 Bayer-Jahre zu Ende.

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