Reaktion auf turbulente HV Bayer plant außerordentliche Aufsichtsratsitzung

Berlin/Chicago · Der Leverkusener Großkonzern Bayer plant nach dem Debakel beim jüngsten Aktionärstreffen einem Magazinbericht zufolge eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung.

Diese solle "in zwei bis drei Wochen" stattfinden, berichtete die "Wirtschaftswoche" am Mittwoch. Dabei solle es um Antworten auf die Führungs- und Vertrauenskrise bei dem Pharma- und Agrarchemiekonzern gehen. "Ein Weiter-so kann es nicht geben", sagte ein Kontrolleur dem Blatt. Ein Bayer-Sprecher teilte mit, Termine von Aufsichtsratssitzungen würden grundsätzlich nicht veröffentlicht oder kommentiert.

Die Aktionäre hatten der Führung vergangene Woche einen historischen Denkzettel verpasst. Auf der Hauptversammlung wurde der Vorstand nicht entlastet. Werner Baumann ist damit der erste amtierende Vorstandschef eines Dax-Konzerns, dem die Anteilseigner das Vertrauen entzogen haben. Sie kritisieren vor allem die teure Übernahme des US-Rivalen Monsanto, der das umstrittene Pflanzengift Glyphosat herstellt. Seit dem Kauf im vergangenen Sommer hat Bayer gut 38 Milliarden Euro an Börsenwert verloren, in den USA sehen sich die Leverkusener mit etwa 13.400 Klägern wegen einer mutmaßlich krebserregenden Wirkung von Glyphosat konfrontiert.

Am Wochenende hatte Bayer-Aufsichtsratschef Werner Wenning gesagt, das Abstimmungsergebnis der Hauptversammlung sehr ernst zu nehmen. "Gleichzeitig steht der Aufsichtsrat geschlossen hinter dem Vorstand." Das Gremium werde sich in den kommenden Wochen intensiv mit den Ergebnissen und den Diskussionen während der Hauptversammlung beschäftigen.

Die US-Umweltbehörde EPA teilte unterdessen mit, Glyphosat weiterhin nicht als krebserregend einzustufen und widerspricht damit mehreren jüngst in den USA gefällten Gerichtsurteilen. "Die EPA sieht weiterhin keine Risiken für die öffentliche Gesundheit, wenn Glyphosat entsprechend der aktuellen Anweisungen verwendet wird."

In zwei Fällen wurde das Unternehmen bereits zu millionenschweren Schadenersatzzahlungen verurteilt. Bayer hat zwar Berufung eingelegt oder dies angekündigt, viele Experten gehen aber letzten Endes von teuren Vergleichen aus. Manche Analysten prognostizieren dafür Kosten von 15 bis 20 Milliarden Euro.

In den USA ist Glyphosat das am häufigsten verwendete Pflanzengift. Bauern versprühen das Mittel auf Feldern mit Sojabohnen oder andere Früchten, die genetisch so verändert sind, dass sie der für andere Pflanzen tödlichen Wirkung von Glyphosat widerstehen können. Privatleute nutzen das Herbizid auch für den Rasen zu Hause.

(felt/Reuters)
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