Klagewelle in den USA Milliarden-Vergleich wegen Bayer-Spirale

Leverkusen · Der Konzern hat in den USA viele Baustellen. Nun einigt er sich mit Tausenden Klägerinnen wegen des Verhütungsmittels Essure und legt dafür 1,4 Milliarden Euro auf den Tisch. Die Aktie gibt nach.

 Bayer in Leverkusen.

Bayer in Leverkusen.

Foto: dpa/Oliver Berg

Für die amerikanischen Anwälte ist der Bayer-Konzern eine Goldgrube: Sie überziehen ihn nicht nur wegen des Unkrautvernichters Glyphosat mit Klagen, sondern auch wegen des Verhütungsmittels Essure. Nun hat sich Bayer mit einem großen Teil auf einen Vergleich geeinigt und legt dafür 1,6 Milliarden Dollar (1,4 Milliarden Euro) auf den Tisch. „Bayer hat Vereinbarungen mit Kläger-Anwaltskanzleien getroffen, mit denen etwa 90 Prozent der insgesamt fast 39.000 Essure-Klagen in den USA beigelegt werden, die schon eingereicht sind und zum Teil noch nicht eingereicht wurden“, teilte Bayer mit. Man befände sich in Gesprächen mit den verbliebenen Klägerinnen, so Bayer. In den 1,4 Milliarden Euro ist eine Pauschale für sie enthalten.

Die Spirale konnte ohne chirurgischen Eingriff in die Eileiter eingesetzt werden. Allerdings klagten Frauen über chronische Schmerzen, unregelmäßige Blutungen, über Verletzungen an der Gebärmutter und den Eileitern sowie Depressionen.

Wie stets betonte der Konzern: „Die Vergleichsvereinbarungen enthalten keinerlei Eingeständnis eines Fehlverhaltens oder einer Schuld.“ Auch können sich Frauen in anderen Ländern, die sich durch Essure geschädigt sehen, keine Hoffnung machen, ebenfalls Geld von Bayer zu erhalten: „Die Vergleiche haben keinen Einfluss auf Rechtsstreitigkeiten in anderen Ländern, weil die Entscheidung, diese Fälle beizulegen, maßgeblich auf Faktoren beruht, die spezifisch für das US-Rechtssystem sind“, erklärte der Konzern.

Zudem hält er Essure weiter für sicher. Allerdings hat Bayer schon 2018 den Essure-Verkauf in den USA gestoppt und dies mit einem Rückgang der Verkäufe begründet. Tausende Frauen hatten sich mit ihren Sorgen an die US-Gesundheitsbehörde FDA gewandt.

Finanziell ist der Vergleich für Bayer kein Problem: Schon im zweiten Quartal hatten die Leverkusener hierfür gut 1,2 Milliarden Euro zurückgelegt. Erneut aber ist es eine Übernahme, die Bayer Ärger macht. Essure kam 2013 zu Bayer, als der Konzern das auf Verhütungsprodukte spezialisierte US-Unternehmen Conceptus übernahm. Die Bayer-Aktie gab nachbörslich um gut zwei Prozent nach und fiel auf 56,80 Euro

Die Übernahme des US-Konzerns Monsanto hat Bayer in ganz andere Dimensionen geführt: 125.000 Amerikaner haben den Konzern wegen Monsantos Unkrautvernichter Glyphosat verklagt oder eine Klage angekündigt. Sie machen ihn für ihre Krebserkrankung verantwortlich. Den mühsam ausgehandelte , elf Milliarden Dollar teure Vergleich hat ein US-Richter im Juli teilweise wieder gekippt. Nun laufen die Verhandlungen weiter.

Die Essure-Schlagzeilen verderben Bayer auch eine Klima-Initiative. Pünktlich zum diesjährigen Erderschöpfungstag, den Klimaschützer am Samstag begehen, schließt sich der Konzern den „Science Based Targets“ an, einer Initiative unter anderem des WWF, die den Klimaschutz der Wirtschaft voranbringen will. Die Initiative, der 950 Firmen angehören, hat Bayers Pläne geprüft: Bayer will helfen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen und die direkten Emissionen aus eigenen Kraftwerken und Anlagen ebenso senken wie die indirekten Emissionen aus dem Stromeinkauf und über die nächsten zehn Jahre 42 Prozent seines CO2-Ausstoßes gegenüber 2019 einsparen: Das entspricht 1,6 Millionen Tonnen und ist vergleichbar mit den Emissionen eines Staates wie Malta. Zugekaufter Strom soll Ökostrom sein. Ab 2030 will Bayer klimaneutral arbeiten. Werden die Ziele nicht erfüllt, erhält der Vorstand weniger Gehalt.

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