Chemiekonzern Bayer bietet Sprinterprämie für rasches Ausscheiden

Leverkusen · Der Chemiekonzern muss tief in die Tasche greifen, um in Deutschland Tausende Stellen sozialverträglich abzubauen. 57-jährige Mitarbeiter können für bis zu sechs Jahre in Vorruhestand gehen. Für Jüngere gibt es bis zu 63 Monatsgehälter an Abfindungen.

 In Wuppertal demonstrierten Bayer-Mitarbeiter 2018 gegen den Abbau.

In Wuppertal demonstrierten Bayer-Mitarbeiter 2018 gegen den Abbau.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Bei Bayer laufen die Verhandlungen zum Jobabbau auf Hochtouren. Der Konzern will 12.000 seiner 118.000 Stellen abbauen – davon ein „signifikanter Teil“ in Deutschland, wo der Chemiekonzern ohne betriebsbedingte Kündigungen auskommen muss. Entsprechend lukrativ fallen die Angebote aus, damit sich genug Freiwillige finden. Nun bietet Bayer Mitarbeitern, die jünger sind als 57 Jahre, eine Abfindung von einem Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr an. Zum Vergleich: In kleinen Betrieben ist ein halbes Monatsgehalt als Abfindung üblich. Und Bayer legt noch einen drauf: Wer vom Konzern angesprochen wird und den angebotenen Aufhebungsvertrag binnen vier Wochen annimmt, bekommt eine Sprinter-Prämie von 0,8 Monatsgehältern dazu. Insgesamt kann er also mit 1,8 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr gehen.

In der Spitze sind damit für Bayer-Mitarbeiter in Deutschland Gesamtabfindungen von bis zu 63 Monatsgehältern möglich. Bei früheren Programmen waren es maximal 54 Monatsgehälter. Diese Regelung ist Teil der Betriebsvereinbarung „Instrumente für die Personalanpassung“, die Gesamtbetriebsrats-Chef Oliver Zühlke und Personalvorstand Hartmut Klusik nun unterzeichnet haben. Zühlke hat eine Anhebung des Abfindungs-Deckels zur Bedingung gemacht. Für Mitarbeiter, die noch keine drei Jahre bei Bayer sind, sollen drei Monatsgehälter das Ausscheiden versüßen.

Für Beschäftigte über 57 Jahre setzt der Leverkusener Konzern auf ein gut dotiertes Vorruhestandsprogramm. Ihnen bietet Bayer „Flexi Aufhebungsverträge“, die über sechs Jahre laufen. In dieser Zeit werden die betroffenen Mitarbeiter nach komplexen Formeln weiter vergütet, dabei spielen unter anderem Gehalt und Jahresleistung eine Rolle. Zudem zahlt Bayer weiter Rentenversicherungs-Beiträge, denn wenn der Mitrbeiter mit 63 in Ruhestand geht, soll er maximal Rentenabschläge von 7,2 Prozent hinnehmen müssen. Dieses Angebot soll für Beschäftigte gelten, die mindestens 35 Rentenversicherungsjahre haben.

Die Vereinbarung gilt laut Konzern für alle Unternehmen in Bayers Personalverbund, also etwa die AG, die Töchter CropScience, HealthCare und Consumer Health. Ausgenommen ist laut einem Sprecher die Tiermedizinsparte (Animal Health), die als Ganzes verkauft werden und wo es zuvor auch keine Personalanpassung geben soll. Auch gilt das Angebot nicht für den Chemiepark-Betreiber Currenta, an dem Bayer zu 60 Prozent beteiligt ist. Für diese Beteiligung sucht der Konzern weiter einen Käufer.

Bis Ende März soll feststehen, wie sich der Stellenabbau auf die Standorte verteilt. Besonders groß sind die Sorgen weiterhin in Leverkusen, weil hier viel Verwaltungsarbeitsplätze sind. Bayer hatte Ende 2018 angekündigt, dass in der Verwaltung weltweit 5500 bis 6000 Arbeitsplätze wegfallen sollen. In Gewerkschaftskreisen wird befürchtet, dass in Leverkusen Tausende Stellen wegfallen. Der Konzern will sich zu den Details unter Verweis auf die laufenden Verhandlungen nicht äußern. Bislang ist nur bekannt, dass in Wuppertal 350 Stellen wegen der Schließung des Faktor-8-Werks wegfallen sowie weitere in der dortigen Pharmaforschung. Betriebsbedingte Kündigungen sind in Deutschland gleichwohl bis Ende 2025 ausgeschlossen.

Sorgen macht man sich auch über den anhaltend niedrigen Aktienkurs. Derzeit notiert Bayer bei 67 Euro, 2015 waren es 144 Euro. Mit Spannung schauen Arbeitnehmer und Aktionäre auf den 27. März, wenn Bayer seine Bilanz für 2018 vorstellt und etwas zum Stand der Glyphosat-Klagen sagen wird. (mit dpa)

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