Trotz Anstieg Bauern profitieren kaum von Milchpreisen
Engelskirchen · Molkereiprodukte sind im Handel deutlich teurer geworden. Doch die Landwirte spüren fast nichts davon. Sie haben selbst mit gestiegenen Kosten zu kämpfen.
Edeka will seine Milchpreise erhöhen, Aldi hat es schon getan: Ein Liter Milch der Eigenmarke Milsani kostet nun 17 Cent mehr, Bio-Vollmilch wurde sogar um 54 Cent teurer und kostet jetzt 1,59 Euro. Doch bislang kommt kaum etwas davon bei den Landwirten an. Die Verträge mit den Molkereien wurden erst im Frühjahr angepasst, als die Bauern bereits unter den wegen des russischen Angriffskriegs gestiegenen Kosten für Energie, Düngemittel und Futter ächzten. Seitdem bekommen sie zwar im Bundesdurchschnitt 49 Cent pro Liter – statt wie zuvor 33 bis 35 Cent, also rund 40 Prozent mehr. Doch der neue Preisanstieg hat sich darin noch nicht niedergeschlagen. Und: Für die meisten ist er gerade mal ein Ausgleich für die Mehrkosten.
Hinzu kommt, dass Molkereien selbst vom russischen Angriffskrieg betroffen sind: Sie müssen deutlich mehr Geld für Gas und Transport ausgeben. Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter fordert dennoch, die Erzeugerpreise noch einmal deutlich anzuheben. Ihr Sprecher, Landwirt Hans Foldenauer, hält selbst seit 40 Jahren Milchkühe auf seinem Hof im bayerischen Irsee, 95 sind es heute. Er kündigte an, demonstrieren zu wollen, sollten Landwirte nicht bald deutlich besser für ihre Milch bezahlt werden: „Ansonsten wäre das nichts anderes als Abzocke“, sagt er. Foldenauer bekommt inzwischen sogar mehr als 50 Cent für den Liter Milch. Doch das reiche nicht aus, um kostendeckend zu wirtschaften. Die Preise für Energie, Düngemittel und Futter seien einfach zu hoch.
So geht es auch Milchbauer Hans Stöcker aus Engelskirchen. Er führt einen Familienbetrieb in fünfter Generation, 1992 übernahm er den Hof von seinem Vater. Gemeinsam mit seinem Sohn hält er 180 Milchkühe. Für 100 Kilo Kraftfutter zahlen sie nun 45 statt wie früher 26 Euro. „Die Kosten sind kaum noch zu tragen“, sagt er. Stöcker wünscht sich eine Entlastung. Die Anhebung aus dem Frühjahr reiche nicht aus. Und selbst Landwirten, die ihr Futter selbst anbauten, gehe es nicht besser. Nach drei Dürrejahren mussten auch sie viel eiweißhaltige Nahrung für ihre Tiere zukaufen.
Die Klimakrise wirkt sich genauso wie der Krieg negativ auf die Betriebe aus. In Nordrhein-Westfalen geben laut Landesvereinigung Milch NRW von derzeit rund 5000 Milchbauern jedes Jahr drei bis fünf Prozent ihre Betriebe auf. Die meisten von ihnen können die finanziellen Lasten nicht mehr stemmen. Das Geschäft mit der Milch ist nicht leicht, einige Landwirte haben ihren Bestand in den vergangenen Jahren deutlich reduziert: „Deshalb ist für den Handel inzwischen weniger Milch verfügbar. Und wenn ein Gut knapper wird, ist es eben mehr wert“, sagt ein Sprecher der Landesvereinigung Milch NRW. Auf diese Weise nehmen die Landwirte Einfluss auf den Markt.
Landwirt Foldenauer ist überzeugt davon, dass sowohl der Handel als auch die Molkereien den Milcherzeugern mehr zahlen könnten, es aber nicht möchten. Beweise dafür hat er nicht. Doch kämpfe er weiter dafür, dass sich das ändere.