Treffen von Merkel und Sarkozy Bankenhilfe wird zum Zankapfel

Düsseldorf (RPO). Kurz vor einem deutsch-französischen Gipfel ist ein Streit über Hilfen für europäische Banken aus den Mitteln des Rettungsfonds EFSF entbrannt. Die Bundesregierung betonte am Freitag, dass sie zunächst die Banken und dann die Nationalstaaten in der Pflicht sieht, die Institute mit ausreichend Eigenkapital zu versehen, um der Staatsschuldenkrise zu trotzen.

Die Euro-Rettungsversuche im Überblick
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Foto: AFP

Im Umfeld der Gespräche auf EU-Ebene hieß es, Frankreich wolle dagegen seine Banken auch mit EFSF-Mitteln stützen. Über die Lage der Banken sprechen Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy bei einem Treffen am Sonntag in Berlin.

Merkel bekräftigte ihre grundsätzliche Bereitschaft, die deutschen Banken bei Bedarf auch mit staatlicher Hilfe zu rekapitalisieren. Wenn die Experten dazu rieten, "werden wir das einleiten". Dabei gebe es aber eine klare Abfolge: Erst müssten die Banken versuchen, Kapital zu bekommen, dann müssten die Nationalstaaten eintreten. Sie stellte klar: "Nur wenn ein Land das aus eigener Kraft nicht schafft, kann die Europäische Finanzstabilitäts-Fazilität (EFSF) genutzt werden."

Französische Geldhäuser gelten als gefährdet

Zurzeit arbeiten die Euro-Mitgliedsländer an den Leitlinien für den Einsatz der Mittel des Euro-Rettungsschirms EFSF, die von effektiv 240 Milliarden auf 440 Milliarden Euro aufgestockt werden. Zudem soll der Schirm künftig Ländern Sonderkredite zur Stützung ihres Finanzsystems gewähren können. Nach Angaben aus Verhandlungskreisen dringt Frankreich auf möglichst laxe Regeln und will seinen eigenen Institute mit EFSF-Geld helfen.

Die französischen Geldhäuser gelten wegen ihres relativ hohen Engagements in Staatsanleihen überschuldeter Euro-Länder als potenziell gefährdet. Für den französischen Staat ist die Lage heikel. Das französische Spitzenrating (AAA) am Kapitalmarkt könnte in Gefahr geraten, wenn der Staat sich zur Stützung der Geldinstitute massiv höher verschulden müsste. "Aber es wird grundsätzlich für alle Staaten ein großes Problem, die Mittel aufzubringen ohne das eigene Rating zu gefährden", sagte ein hochrangiger deutscher Banker.

Das französische Finanzministerium verneinte einen Streit mit Deutschland. Beide Seiten seien sich einig, dass die Geldinstitute mehr Geld bräuchten, Staatshilfe aber nur ein letztes Mittel sein könne, hieß es in Ministeriumskreisen in Paris. Die Banken sollten zunächst selbstständig versuchen, Geld aufzutreiben oder den Kapitalmarkt anzapfen: "Es gibt keine deutsch-französischen Divergenzen", hieß es weiter.

Diplomat: Euro-Länder erwägen gemeinsamen Gang zum EFSF

Nach Worten eines EU-Diplomaten haben die Euro-Ländern über eine gemeinsame Nutzung des EFSF zur Bankenrekapitalisierung diskutiert. "Eine Idee ist, dass alle Mitgliedstaaten der Euro-Zone zusammen zum EFSF gehen", sagte der Diplomat zu Reuters in Brüssel. Dies wäre unabhängig davon, ob ein Land das Geld zur Stützung seiner Banken braucht oder nicht. Die Staaten sollten die Milliarden des EFSF dann nutzen, Fonds zur Rekapitalisierung oder für Garantien an Banken zu schaffen oder zu verstärken: "Das Geld würde noch immer national genutzt, aber es gäbe keinerlei Stigmatisierung spezifischer Länder." Zudem könne eine große Summe zur Bankenrettung genannt werden, um die Märkte zu beeindrucken.

Wie der Diplomat weiter sagte, wird die Idee von Frankreich unterstützt, Deutschland sei dagegen. Die Euro-Länder stünden unter Druck, beim Treffen der G-20-Finanzminister am 14. Oktober ihren internationalen Partnern eine Strategie zum Umgang mit der kritischen Lage der Banken zu präsentieren. Eine Entscheidung soll aber erst beim Euro-Gipfel am 18. Oktober fallen.

EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn gab sich zuversichtlich, dass bis zum Euro-Gipfel eine Lösung gefunden wird. Es sei grundsätzlich möglich, den EFSF als letzte Lösung für die Kapitalisierung von strauchelnden Banken zu nutzen. Er sei optimistisch, dass die allermeisten Länder der EU ihre Banken entweder über die Finanzmärkte oder aber aus eigenen staatlichen Mitteln rekapitalisieren könnten.

Ein Sprecher der EU-Kommission warnte vor Alleingängen: "Es wäre sinnlos, wenn die Länder hier bilateral oder unilateral handeln, wir brauchen ein europäisches Herangehen." Die Börsianern hoffen ungeachtet der Differenzen zwischen Paris und Berlin auf den Durchbruch: "Sie müssen liefern und sie haben nicht viel Zeit. Jede Veränderung ist besser als der Status quo", sagte Marktanalyst Giuseppe Amato vom Düsseldorfer Brokerhaus Lang & Schwarz.

Im französischen Finanzministerium hieß es, Hauptthema des Gespräches zwischen Merkel und Sarkozy am Sonntag seien die Lage in der Euro-Zone und in Griechenland. Es könnte Anpassungen bei den Beschlüssen des Euro-Gipfel vom 21. Juli zur Beteiligung des Privatsektors an einem zweiten Hellas-Hilfspaket geben. Vollständig über den Haufen geworfen würden diese aber nicht. Verändert werden könnten nicht nur die Höhe der Abschläge auf griechische Anleihen, sondern auch die Zinsen und Laufzeiten.

(RTR/top)
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