Nach Personalchaos in Mainz Bahnchef Grube bricht seinen Urlaub ab

Berlin · Bahnchef Rüdiger Grube bricht seinen Urlaub wegen der Personalprobleme im Mainzer Stellwerk ab. Er wolle an diesem Mittwoch an einem Spitzengespräch mit Personalmanagern der Bahn und der Führung der Gewerkschaft EVG teilnehmen, verlautete am Montag aus Bahnkreisen.

Das ist Rüdiger Grube
8 Bilder

Das ist Rüdiger Grube

8 Bilder
Foto: AP

Damit wurde ein Bericht der "Bild"-Zeitung bestätigt. Das Blatt zitierte aus einer E-Mail Grubes an seine Mitarbeiter: "Aus diesem Grund habe ich meinen Urlaub abgesagt, um gemeinsam mit meinen Vorstandskollegen und den Kollegen der DB Netz AG aktiv an Lösungen zu arbeiten." Es gehe darum, eine Lösung für "die Situation am Stellwerk in Mainz" zu finden. Personalmangel zwingt die Bahn dort zu einem stark eingeschränkten Zugverkehr.

Lage in Mainz verschärft sich

Am Montagmorgen hat sich die Lage am Mainzer Hauptbahnhof verschärft. Im Nahverkehr fällt jede dritte Verbindung weg. Noch bis Ende des Monats soll ein sogenannter Notfahrplan gelten. Tausende Pendler und Reisende sind betroffen. Derweil hat die Bahn bundesweite Probleme eingeräumt.

In Mainz fahren seit Montag noch weniger Züge als in den Wochen zuvor: In den frühen Morgenstunden trat der neue Notfahrplan der Deutschen Bahn in Kraft. Züge im Nahverkehr fahren statt im Halbstunden- nur noch im Stundentakt, der Fernverkehr beschränkt sich auf Züge Richtung Worms und Gegenrichtung. Laut "SWR" fällt ein Drittel der Verbindungen aus. Tausende Reisende und Pendler seien betroffen.

Der Notfahrplan sei "zunächst anvisiert" bis Ende August, sagte ein Bahn-Sprecher in Berlin. Das hänge aber auch davon ab, ob und wann kranke Kollegen zurückkehrten. Im Mainzer Stellwerk sind von den üblicherweise 15 Mitarbeitern fünf krank und drei im Urlaub - daher das Chaos im Schienenverkehr.

Die Bahn habe Gespräche mit den Mitarbeitern geführt und führe sie auch weiterhin, sagte der Bahn-Sprecher. Ziel sei es, dass die Beschäftigten ihren Urlaub abbrechen oder gar nicht erst antreten. Erzwingen könne das Unternehmen dies aber nicht.

Die Deutsche Bahn und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) haben für Mittwoch in Frankfurt ein Spitzengespräch zu den Personalproblemen vereinbart. Daran werden auf Bahnseite Personalvorstand Ulrich Weber und die Personalchefs der Geschäftsbereiche teilnehmen, wie eine Bahnsprecherin am Montag sagte.

DB Netz: Bundesweit Probleme

Bahn-Aufsichtsratsmitglied und FDP-Generalsekretär Patrick Döring hatte in der "Bild am Sonntag" gefordert, die Mitarbeiter müssten auf Kosten der Bahn ihren Urlaub abbrechen, weil der Ruf des Unternehmens auf dem Spiel stehe. Die Bahn lebe "auch vom Teamgeist der Eisenbahner".

Der Vorsitzende der Eisenbahngewerkschaft (EVG) wies die Forderungen entschieden zurück. "Unsere Kolleginnen und Kollegen brauchen ihren Erholungsurlaub dringend", erklärte Alexander Kirchner. Mitarbeiter im Mainzer Stellwerk hätten bereits mehrfach ihren Urlaub verschieben müssen oder seien aus dem Urlaub zurückgeholt worden. An vielen Stellwerken in Deutschland sei das nicht anders.

Die Bahntochter DB Netz hat am Montagvormittag bundesweite Probleme bei Stellwerken eingeräumt. Nicht nur der Mainzer Hauptbahnhof sei betroffen, sagte der Vorstandschef der DB Netz AG, Frank Sennhenn, im ARD-Morgenmagazin. "Wir haben bundesweit eine angespannte Situation, das ist richtig. Wir sind dabei, alle Stellwerke, bei denen wir ähnlich kritische Situationen haben, nach Kräften abzusichern."

Massiver Personalabbau rächt sich

Hintergrund der Personalknappheit sind auch Überalterung und Nachwuchsmangel. Die EVG bemängelt, das Problem sei seit Jahren bekannt. Es fehlten in den Stellwerken bundesweit rund 1000 Fahrdienstleiter. Die Bahn habe zwar versucht gegenzusteuern. Aber dies reiche nicht aus, um den massiven Personalabbau der vergangenen Jahre auszugleichen, sagte EVG-Vorstandsmitglied Reiner Bieck am Samstag im RBB. Dem "Spiegel" zufolge werden knapp 3000 Weichen-Schaltzentralen der Bahn noch weitgehend mechanisch betrieben. Nur 415 Stellwerke würden computergesteuert.

In Konzernkreisen hieß es, die Mängel in der Personalplanung hätten auch mit der Ablösung des Chefs der Netz-Sparte, Oliver Kraft, sowie dessen Arbeitsdirektor zu tun. Krafts Vertrag war erst im vergangenen Jahr bis 2017 verlängert worden, Anfang 2013 musste er dann gehen. Kraft hatte zuvor die Netz-Sparte zum wichtigsten Gewinnlieferanten des Konzerns gemacht. Über Jahre wurden gerade in diesem Bereich jährlich Tausende Stellen abgebaut. Zugleich wurden allerdings die Stellwerke wegen verzögerter Investitionen im Zuge des geplanten Börsengangs 2008 langsamer als zunächst geplant durch moderne vollelektronische ersetzt, was zu einer Personalentlastung geführt hätte.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort