Milliardenmarkt Arzneimittelfälschung Augen auf beim Medikamentenkauf

Düsseldorf (RPO). Es ist ein Milliardengeschäft: Mit gefälschten Medikamenten lässt sich mehr Geld verdienen als mit Drogenhandel. Auch in Deutschland kommen gefährliche Plagiate auf den Markt. Die Chance ist hierzulande jedoch sehr gering, an eine der gefährlichen Fälschungen zu geraten. Trotzdem ist Achtsamkeit angesagt: Wir sagen Ihnen, worauf Sie achten müssen.

2007: Medikamentenverbrauch in Deutschland
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2007: Medikamentenverbrauch in Deutschland

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Foto: AP

Mit gefälschten Medikamente lässt sich sehr viel Geld verdienen. Das Potenzmittel Viagra bringt pro Kilogramm 90.000 Euro ein, rechnet die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) vor. Da können selbst harte Drogen wie Kokain (65.000 Euro) und Heroin (50.000) nicht mithalten. "Es geht da um sehr viel Geld", sagte Kai Vogel, Gesundheitsexperte der Verbraucherzentrale NRW, im Gespräch mit unserer Redaktion. Insofern wundert es nicht, dass das Geschäft mit Plagiaten in der Europäischen Union boomt.

Am Montag schlug EU-Kommissar Günther Verheugen Alarm: Den EU-Zollbehörden gingen in nur zwei Monaten mehr als 34 Millionen Plagiate ins Netz. "Die Zahl der gefälschten Arzneimittel in Europa, die beim Patienten landen, steigt immer mehr", warnte er der "Welt". "Das hat alle unsere Befürchtungen übertroffen." Es handele sich bei den gefälschten Arzneimitteln vor allem um Antibiotika, Krebs- und Malariamedikamente, cholesterinsenkende Arzneien sowie Schmerzmittel sowie das Herz- und Potenzmittel Viagra.

Allerdings ist in Deutschland keine Schwemme von Arznei-Kopien zu erwarten. "Bei deutschen Apotheken oder deutschen Internet-Versandhändlern ist die Chance eher gering, an ein gefälschtes Medikament zu geraten", erklärte Vogel. Besonders das Internet wird immer wieder mit den Fälschern in Verbindung gebracht. "Patienten können kaum zweifelsfrei feststellen, ob sie bei einer sicheren, legalen Versandapotheke oder bei einem illegalen Anbieter landen", sagte ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf. Sein Verband vertritt in erster Linie die stationären Apotheker.

Eine Online-Bestellung ist andererseits nicht automatisch mit einer Gefahr verbunden. Hier gibt es Möglichkeiten, auf Nummer sicher zu gehen. Es ist ohnehin nicht erlaubt, verschreibungspflichtige Medikamente außerhalb der EU zu bestellen.Aber hier sitzen die Arzneimittelfälscher in der Regel, vor allem in Afrika und Asien. "Im Internetversandhandel sollte man immer prüfen, wer dahinter steckt und im Zweifelsfall die Hotline anrufen", empfiehlt Vogel. An dieser Stelle trennt sich die Spreu meistens sehr schnell vom Weizen - ist kein deutschsprachiger, fachkundiger Support zur Stelle, sollten die Alarmglocken schrillen.

Aber nicht nur im Internet lauert eine mögliche Gefahr: Die Fälschungen tauchen nach den Angaben von Vogel "so langsam im Großhandel auf". Gleichzeitig werden die Kopien immer raffinierter. "Viele der neueren Fälschungen sind für den Laien kaum zu unterscheiden", warnt der Experte. Ein wichtiges Kriterium sei das Aussehen der Verpackung. Ebenfalls wichtig: Sind Aufdrucke und Beipackzettel auf Deutsch? Im Zweifelsfall rät Vogel dazu, mit dem Medikament zum Apotheker zu gehen.

Außerdem könnte der Gesetzgeber den Fälschern das Handwerk bald erschweren. "Angesichts der dramatischen Entwicklung bei den Fälschungen muss die Politik ein schärferes Controlling durchsetzen", forderte Apothekerverbandschef Wolf. Die EU will sich laut Verheugen auf ein gemeinsames Vorgehen gegen die Fälschungen einigen. Im Gespräch sind u. a. fälschungssichere Kennzeichnungen der Medikamente. "Hier gibt es konkreten Handlungsbedarf. Es wäre gut, wenn es eine flächendeckende, europäische Lösung gibt, die zusätzlich den Schutz der Patientendaten berücksichtigt", sagte Wolf.

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