Ausschuss berät über Zukunft des Duisburger Werkes Aufsichtsratchef Ulrich Lehner will Thyssen stärker kontrollieren

Essen · Ein Sonderausschuss soll auch über die Zukunft des Duisburger Stahlwerkes diskutieren.

Nach der Serie von Kartell-, Korruptions und Misswirtschaftsskandalen bei ThyssenKrupp will Aufsichtsratschef Ulrich Lehner die Kontrolle des angeschlagenen Dax-Konzerns straffen. Die "Wirtschaftswoche" berichtet unter Berufung auf Insider, das Kontrollgremium solle neben den Standardausschüssen auch themenbezogene, temporäre Ausschüsse einrichten.

Geplant sei zudem die Bildung eines Sonderausschusses Stahl, der über die Zukunft der Hütte in Duisburg (14 000 Beschäftigte) diskutieren soll. Ferner sei ein Sonderausschuss zu Kartellrisiken vorgesehen. ThyssenKrupp wollte den Bericht offiziell nicht kommentieren.

Kraft hat entscheidenden Einfluss

Der geplante Ausschuss zur Zukunft des Duisburger Stahlwerkes lässt aufhorchen — und lenkt die Aufmerksamkeit auf NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD). Sie ist für die 14 000 Stahlarbeiter in Duisburg in diesen Tagen die wichtigste Figur außerhalb des Konzerns, denn sie leitet in den Koalitionsverhandlungen zusammen mit Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) die Arbeitsgruppe Energie. "Damit hat sie entscheidenden Einfluss auf das Schicksal unserer Stahl-Jobs in Europa", hieß es gestern in Arbeitnehmerkreisen.

Denn Kraft und Altmaier ringen in Berlin um die Entlastungen von stromintensiven Unternehmen bei der EEG-Umlage. Ein kleines Detail im großen Koalitionspoker, das für die Stahlarbeiter existenziell werden könnte: Allein die soeben von 5,3 auf 6,2 Cent erhöhte Umlage belastet den Konzern pro Jahr schon um zusätzliche 15 Millionen Euro. Die ganze europäische Stahlsparte hat in den vergangenen neun Monaten aber nur 33 Millionen Euro Gewinn gemacht — trotz der Vergünstigungen bei der EEG-Umlage. Ohne diese Vergünstigungen, die in Brüssel ebenso wie bei Krafts Koalitionspartner in Düsseldorf — den Grünen — auf erhebliche Bedenken stoßen, würde die EEG-Belastung für ThyssenKrupp 300 Millionen Euro ausmachen.

Konzernchef Heinrich Hiesinger stellt die europäische Stahlproduktion neuerdings sogar öffentlich in Frage: "Es gibt keine Pläne für einen Abschied von der Stahlprduktion in Europa. Allerdings hängt viel auch vom Umfeld und den politischen Weichenstellungen ab", sagte er in einem WAZ-Interview. Sollten in Sachen EEG falsche Entscheidungen getroffen werden, würde dem ThyssenKrupp-Vorstand die Entscheidung über die Zukunft der europäischen Stahlsparte "abgenommen".

Kraft hat ihre industriefreundlichen Absichten bereits deutlich gemacht, als sie den Arbeitsplätzen öffentlich mehr Bedeutung als der Energiewende einräumte. Die entnervte Reaktion vom Düsseldorfer Koalitionspartner kam prompt: "Es liegt auf der Hand, dass sich die SPD mit der CDU im Bund nur in der Energiepolitik auf eine Marschrichtung einigen wird, die sich nicht mit der Position der Grünen deckt", antwortete der Düsseldorfer Grünen-Fraktionschef Rainer Priggen. Dem Vernehmen nach will Kraft sich über ihren Düsseldorfer Bündnis-Partner hinwegsetzen und bei der EEG-Umlage auf mehr Entlastungen für Unternehmen wie ThyssenKrupp drängen. Ein Düsseldorfer SPD-Parlamentarier sagte gestern: "Ärger mit 14 000 Stahlkochern in Duisburg können wir uns gar nicht leisten."

(RP)
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