Ermittlungen von München über Stuttgart bis Braunschweig Staatsanwälte rücken Autokonzernen auf die Pelle

Frankfurt/Main · Mit Rupert Stadler hat es den ersten Top-Manager erwischt: Seit Montag sitzt der 55-jährige Audi-Chef in U-Haft. Die Staatsanwaltschaft München II ermittelt gegen ihn wegen Betrugs im Dieselskandal. Stadler ist aber nicht der einzige Auto-Manager, gegen den verschiedene Staatsanwaltschaften ermitteln.

 Schon während der Karnevalszeit war der Dieselskandal ein großes Thema (Archivbild).

Schon während der Karnevalszeit war der Dieselskandal ein großes Thema (Archivbild).

Foto: dpa, obe

In München ermittelt die Staatsanwaltschaft München II gegen 20 Audi-Beschäftigte wegen Betrugs und "mittelbarer Falschbeurkundung" beim Verkauf von hunderttausenden Dieselautos. Darunter sind Stadler sowie ein Vorstandskollege. Die Ermittler haben bereits viermal Wohnungen und Büros der Beschuldigten durchsucht.

Neben Stadler haben die Münchner Staatsanwälte einen ehemaligen Manager, der bei Audi und Porsche gearbeitet hat, in U-Haft gebracht. Er sitzt bereits seit neun Monaten im Gefängnis.

Die Staatsanwaltschaft München I kümmert sich um den Audi-Konkurrenten BMW. Dabei geht es um Betrug in mehr als 11.000 Fällen. Deshalb durchsuchten Ermittler im März die Konzernzentrale. Die Staatsanwälte waren wegen eines Rückrufs des Kraftfahrt-Bundesamts aktiv geworden und prüfen nach wie vor, "ob überhaupt ein Fehlverhalten vorliegt." Es gebe bislang keine Verdächtigen, nur Zeugen.

Ermittlungen gegen Porsche in Stuttgart

Die Stuttgarter Staatsanwälte ermitteln unter anderem gegen Porsche. Mitte April durchsuchten die Ermittler Büros des Sportwagenbauers und nahmen kurz darauf den Motorenchef fest. Er sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Daneben führen die Stuttgarter noch ein Mitglied des Vorstands sowie einen ehemaligen Mitarbeiter als Beschuldigte.

Außerdem ermitteln die Staatsanwälte wegen des Verdachts der Marktmanipulation gegen die ehemaligen VW-Chefs Martin Winterkorn und Matthias Müller sowie den Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Dieter Pötsch. Sie werden verdächtigt, den Aktionären die finanziellen Konsequenzen der Aufdeckung des Dieselskandals für die Porsche-Dachgesellschaft Porsche SE bewusst zu spät mitgeteilt zu haben.

Auch Daimler wurde im Mai vergangenen Jahres durchsucht. Hier verdächtigen die Ermittler zwei bekannte und weitere unbekannte Mitarbeiter des Betrugs.

Schließlich ermitteln die Stuttgarter gegen Mitarbeiter des Autozulieferers Bosch wegen Beihilfe zum Betrug bei Daimler, Volkswagen, Audi und Chrysler. In Bezug auf Fiat wird ein Verfahren geprüft. Wann die Verfahren abgeschlossen werden können, ist noch nicht absehbar.

Die Braunschweiger Staatsanwälte sind für Volkswagen zuständig. Erst vergangene Woche verhängten sie ein Bußgeld von einer Milliarde Euro gegen den Autobauer, weil er Aufsichtspflichten verletzt hat. Damit ist das Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen das Unternehmen beendet. In weiteren Verfahren wird gegen mögliche Verantwortliche ermittelt.

Zum einen gibt es ein Verfahren wegen mutmaßlichen Betrugs gegen 39 Verdächtige, darunter Winterkorn. Gegen sechs Beschuldigte ermitteln die Staatsanwälte wegen Manipulation des CO2-Ausstoßes. Gegen Winterkorn, seinen Nachfolger Herbert Diess und Pötsch ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Marktmanipulation. Schließlich gibt es noch ein Verfahren gegen einen VW-Mitarbeiter wegen der Unterdrückung von Daten.

Im "Verlauf des Sommers" sollen die Anwälte in den meisten Verfahren Akteneinsicht bekommen. Erst danach ist eine Anklage möglich.

Erste Verurteilungen in den USA

Zwei Ex-Mitarbeiter von VW sitzen dort für mehrere Jahre im Gefängnis. Zudem wurde Winterkorn vor einem US-Gericht angeklagt. Er ist bislang aber in Deutschland vor einer Auslieferung sicher.

Wegen des Dieselskandals laufen in Deutschland und weltweit zahlreiche Zivilprozesse gegen die Autobauer. Dabei geht es um Schadenersatz wegen manipulierter Abgaswerte beziehungsweise zu später Information der Anleger. Die ausstehenden und bereits bezahlten Forderungen summieren sich auf dutzende Milliarden Euro.

(felt/AFP)
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