Edelstahlsparte von ThyssenKrupp Arbeiter bitten Berthold Beitz um Hilfe

Essen · Im Kampf für die Arbeitsplätze bei der vom Verkauf bedrohten ThyssenKrupp-Edelstahlsparte Inoxum hoffen die Stahlarbeiter jetzt auf Hilfe des 98-jährigen Konzernpatriarchen Berthold Beitz. Vor der Essener Villa Hügel, Sitz der Krupp-Stiftung, gaben vier Arbeitnehmervertreter von Inoxum gestern einen von 700 Stahlarbeitern unterzeichneten Brief ab, in dem sie Berthold Beitz um Unterstützung im Kampf um die Arbeitsplätze bitten.

Krefelder Stahlarbeiter demonstrieren in Bochum
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ThyssenKrupp plant den Verkauf seiner Edelstahltochter Inoxum mit Werken in Krefeld, Bochum und Düsseldorf-Benrath an den finnischen Stahlkonzern Outokumpu. Erste Verhandlungsdetails drangen gestern an die Öffentlichkeit: So sollen bis zum Jahr 2015 rund 1000 der bundesweit 5500 Arbeitsplätze wegfallen. Auf Entlassungen soll in einem großzügigen Sozialplan verzichtet werden.

Im Krefelder Werk soll die sogenannte "Schmelzphase" bereits 2013 dichtgemacht werden, der Stahl würde aber weiter dort veredelt; 2015 stünde die Schließung der Schmelzphase in Bochum an. Outokumpu würde sämtliche Aktivitäten von Inoxum übernehmen. Dadurch entstünde ein Weltmarktführer mit 18 000 Mitarbeitern und mehr als zehn Milliarden Euro Umsatz. ThyssenKrupp würde im Gegenzug eine Beteiligung von knapp 30 Prozent an Outokumpu erhalten.

Um 17 Uhr findet heute die womöglich entscheidende Sitzung im ThyssenKrupp-Aufsichtsrat statt: Dort droht eine Kampfabstimmung über den Verkauf. Die Doppelstimme von Aufsichtsratschef Gerhard Cromme könnte den Ausschlag geben. Die Stahlarbeiter hoffen nun, dass Beitz seinen Einfluss auf Cromme geltend macht.

Im Brief der Arbeiter an Beitz heißt es: "Seit 1900 wird in der von August Thyssen gegründeten Krefelder Stahlwerke AG Edelstahl hergestellt. Das Werk und seine Beschäftigten sind in Krefeld und Umgebung tief verwurzelt. Wenn jetzt ThyssenKrupp-Mitarbeiter entlassen werden sollen, weil sich Manager in Brasilien und Amerika verrannt haben, ist das eine schreiende Ungerechtigkeit. Dies passt nicht zur Krupp-Philosophie, die wir so lange erlebt und geschätzt haben."

Zeitgleich protestierten gestern Nachmittag 1200 Stahlarbeiter vor dem Essener Atlantic-Hotel: Die Manager von ThyssenKrupp verhandelten dort bis in die vergangene Nacht mit Outokumpu. Die Arbeitnehmervertreter, die an den Verhandlungen teilnehmen, forderten von den Finnen eine Standortgarantie für die deutschen Werke und den Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen. Ralf Köpke, DGB-Vorsitzender aus Krefeld, hatte die Delegation von 700 Krefelder Stahlarbeitern begleitet: "Die Stimmung ist sehr kämpferisch." Das Essener Atlantic-Hotel wurde während der Verhandlungen durch ein Polizeiaufgebot bewacht.

Dienstag um 15 Uhr wollen die Stahlarbeiter vor der ThyssenKrupp-Konzernzentrale in Essen demonstrieren. Falls die Inoxum ohne Zustimmung der Arbeitnehmervertretung verkauft wird, sollen weitere Aktionen folgen: "Dann gibt es richtig Ärger", hieß es aus Gewerkschaftskreisen.

Sollte der deutsche Stahlriese keine Einigung erzielen, gibt es zwei Möglichkeiten. ThyssenKrupp hatte einen Börsengang oder eine Ausgliederung als eigenständige Gesellschaft in ThyssenKrupp-Hand als Optionen genannt.

(RP/csi)
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