Schlechte Nachricht für Versicherte AOK will keine Prämien ausschütten
Berlin · AOK-Versicherte werden keine Rückerstattungen ihrer Beiträge erhalten. Der Chef des Bundesverbandes, Jürgen Graalmann, lehnt eine Ausschüttung von Prämien nach Informationen unserer Redaktion ab.
"Wir als AOK werden die Überschüsse in die langfristige Sicherung der Versorgung investieren und keine Prämien ausschütten", sagte Graalmann unserer Redaktion. "Das Geld gehört den Versicherten und soll in die langfristige Versorgung fließen. Wir werden unsere Leistungsangebote weiter verbessern", versprach der AOK-Chef.
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hatte die Kassen mehrfach aufgefordert, ihre hohen Überschüsse in Form von Prämien an die Versicherten auszubezahlen. Zuletzt hatte er sogar mit einer gesetzlichen Regelung gedroht. Derzeit verfügen die Krankenkassen über einen Überschuss von knapp zehn Milliarden Euro. Im Gesundheitsfonds liegen weitere zehn Milliarden Euro an Überschüssen.
Im Folgenden lesen Sie das vollständige Interview mit Jürgen Graalmann:
Die Ärzte setzen sich für den Erhalt des Systems aus gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen ein. Ist das eine zukunftsweisende Strategie?
Graalmann Die Positionierung der Ärzte ist nachvollziehbar, weil die Private Krankenversicherung immer wieder betont, dass sie hohe Honorare zahlt. Der Beschluss des Ärztetages bietet aber keine Lösung für die Probleme innerhalb des Systems der Privaten Krankenversicherung. Das muss die PKV selbst lösen.
Die Ärzte argumentieren, alle Patienten würden von der Existenz der Privaten profitieren...
Graalmann Die Argumentation der Privaten Krankenversicherung, dass sie mit den höheren Honoraren für die Ärzte das gesamte Gesundheitswesen subventioniere, halte ich für falsch. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Die Mehrheit der Privatversicherten konzentriert sich auf die Ballungsräume. In den ländlichen Räumen gibt es nur wenige Privatversicherte. Dort stellen wir gesetzliche Kassen die Versorgung sicher. Daher sollte man eher über eine Netzgebühr für die Private Krankenversicherung nachdenken. Denn die vertreiben ihre PKV-Vollversorgung auch in ländlichen Regionen und sind darauf angewiesen, dass die Gesetzlichen ein gut ausgebautes Netz an Ärzten und Krankenhäusern sicherstellen.
Die Ärzte wollen ein eigenes Finanzierungskonzept fürs Gesundheitswesen vorstellen. Was erwarten Sie davon?
Graalmann Ich begrüße es, dass sich auch die Ärzte mit der Finanzierbarkeit unseres Gesundheitswesens auseinander setzen. Wir brauchen eine gesamtgesellschaftliche Antwort auf die Frage, wie wir die medizinische Versorgung auf Dauer sicherstellen. Dabei geht es nicht nur um die Finanzierung, sondern auch um die Sicherung von Innovationen im Leistungskatalog und um die Nutzenbewertung.
Die Politik erwägt, Krankenkassen zur Ausschüttung von Prämien an die Versicherten zu zwingen. Welche Folgen hätte das für das System?
Graalmann Es ist ja ungewohnt, dass wir in der Gesetzlichen Krankenversicherung solche Überschüsse haben. In der Politik führt das zu dem Reflex, dass Prämien ausgeschüttet werden sollen. Ich halte es für klüger, nachhaltig mit den Finanzen umzugehen. Wir als AOK werden die Überschüsse in die langfristige Sicherung der Versorgung investieren und keine Prämien ausschütten. Das Geld gehört den Versicherten und soll in die langfristige Versorgung fließen. Wir werden unsere Leistungsangebote weiter verbessern.
In der jüngsten Vergangenheit haben sich Ärzte und Krankenkassen immer wieder öffentlich gegenseitig angegriffen. Wie kann das Klima wieder besser werden?
Graalmann Wir müssen weg von der Misstrauenskultur, die es im Gesundheitswesen gibt. Uns eint, dass Ärzte und Krankenkassen ein hohes Interesse haben, die Versorgung der Patienten weiter zu verbessern. Gleichwohl gibt es Herausforderungen, bei denen wir auch mal zugespitzt formulieren müssen, damit auch jeder die Lösungsvorschläge versteht.
Stichwort Fangprämien für Ärzte, die ihre Patienten an bestimmte Krankenhäuser überweisen...
Graalmann Dass es solche Fehlentwicklungen gibt, ist offenkundig. Der Hintergrund ist, dass es Überkapazitäten im Krankenhausbereich gibt. Nur so ist es zu erklären, dass die Krankenhäuser versuchen, möglichst viele Einweisungen zu bekommen und sogar bereit sind, dafür zu zahlen. Das dürfen wir nicht zulassen. Die Einweisungen müssen streng nach Qualität , Qualifikation und medizinischer Sinnhaftigkeit ausgerichtet werden. Deshalb bieten wir Patienten Entscheidungshilfen und zum Beispiel Qualitätsrankings zu Knieoperationen.