Projekt für mehr Chancengleichheit im Job Anonyme Bewerbung nutzt Frauen und Migranten

Berlin · Bewerbungen ohne Namen, Geschlecht, Alter und Familienstand nutzen Arbeitnehmern, die in üblichen Verfahren statistisch gesehen schlechtere Chancen haben. Dies ist das Ergebnis eines Pilotprojekts, das am Dienstag präsentiert wurde. Auch aus NRW kommt viel Lob.

So geht die perfekte Bewerbung
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Foto: dpa, Sophie Mono

Menschen, die bei Bewerbungen vorher nicht die gleichen Chancen hätten, Migranten etwa oder Frauen, bekämen im anonymisierten Bewerbungsverfahren Chancengleichheit "und das ist gut", erklärte die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, Christine Lüders, am Dienstag. In den Unternehmen habe das Pilotprojekt eine "Riesendiskussion" ausgelöst, inwiefern Klischees das Bewerbungsverfahren beeinflussten.

Auch aus NRW gibt es ein positives Zwischenfazit. Das Verfahren, das Angaben über Herkunft und Alter der Bewerber zunächst völlig ausblendet, wird nach zweijähriger Testphase beibehalten und weiterentwickelt.

Traineestelle für Posten der Leitungsebene

Die Regionaldirektion NRW berichtete in Düsseldorf, es hätten sich mehr Bewerber, auch Akademiker mit Zuwanderungsgeschichte, gemeldet. Von den etwa 1800 zunächst anonymen Kandidaten bekamen später sieben eine Traineestelle für Posten der Leitungsebene, darunter eine Frau mit ausländischen Wurzeln und ein älterer, über 40 Jahre alter Bewerber.

Bei dem Projekt anonymisierte Bewerbungen verzichteten die Arbeitgeber auf Fotos sowie Angaben wie den Namen, das Alter, das Geschlecht, die Herkunft oder den Familienstand. Einige setzten dabei auf Onlinebewerbungen, andere auf Formulare per E-Mail oder Post und wiederum andere ließen Bewerbungen erst nachträglich anonymisieren. Erst bei einer Entscheidung für einen Bewerber wurden die persönlichen Details bekannt gemacht. Das Projekt umfasste 8500 Bewerbungen.

Verwirklichung echter Chancengleichheit

An der Initiative beteiligten sich die Deutsche Post, die Deutsche Telekom, LOréal, der Geschenke-Vermittler Mydays, Procter & Gamble, das Bundesfamilienministerium, die Arbeitsagentur Nordrhein-Westfalen und die Stadtverwaltung von Celle.

"Aus unserer Sicht ist das anonymisierte Bewerbungsverfahren eine Grundlage zur Verwirklichung echter Chancengleichheit", erklärte Christiane Schönefeld, die Chefin der Regionaldirektion, in einer Mitteilung. Es sei auch im eigenen Haus über "Scheren im Kopf" und Stereotypen gesprochen worden.

Im Vorfeld hatte es aber auch Kritik an dem Projekt gegeben. Heinrich Kolb, sozialpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, hielt das Verfahren für wenig praktikabel: "Den Unternehmen fehlen wesentliche Informationen über die Kandidaten", sagt Kolb. Die Entscheidung werde ins Einzelgespräch verlagert, betriebsinterne Abläufe verzögerten sich.

Den hohen Verwaltungsaufwand bemängelte auch Oliver Steffens, personalpolitischer Experte beim Institut für Deutsche Wirtschaft (IW).

(AFP)
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