Nach Milliarden-Verlust Anklage gegen UBS-Händler wegen Betrugs

London/Genf (RPO). Im Betrugsskandal bei der Schweizer Großbank UBS ist der mutmaßliche Verantwortliche am Freitag in Großbritannien formell angeklagt worden. Dem 31-jährigen Kweku Adoboli werde Betrug durch Missbrauch seiner Stellung und Bilanzbetrug vorgeworfen, teilte die Polizei in London mit. Er werde noch im Laufe des Tages dem Untersuchungsrichter vorgeführt.

Die Ratingagentur Moody's erklärte unterdessen, sie prüfe wegen des Betrugsfalls eine Abstufung der UBS in ihrer Bonitätsbewertung. Schweizer Medien berichteten, die Bank plane eine massive Verkleinerung ihrer Investmentabteilung. Nach BBC-Informationen gibt es Hinweise darauf, dass der festgenommene Händler seinen Arbeitgeber von sich aus auf den Milliardenschaden aufmerksam gemacht habe.

Frist verlängert

Die 24-stündige Frist, innerhalb der ein Verdächtiger ohne Erstattung einer Anzeige festgehalten werden könne, sei um zwölf Stunden verlängert worden, teilte die Londoner Polizei am Freitagmorgen mit. Adoboli war in der Nacht zum Donnerstag gegen 3.30 Uhr festgenommen worden. Wenige Stunden später gab die UBS bekannt, durch "nicht autorisierte Handelsgeschäfte" sei dem Unternehmen ein Schaden von etwa zwei Milliarden Dollar (1,45 Milliarden Euro) entstanden.

Der Schweizer Finanzexperte Hans Geiger äußerte Zweifel an der Theorie, dass ein einzelner Händler allein einen Milliardenschaden habe verursachen können. "Ich denke, es gab Personen, die etwas von dem Betrug wussten", sagte der emeritierte Züricher Bankenprofessor dem Schweizer Fernsehen.

Nicht die Höhe von geschätzten zwei Milliarden Dollar sei für ihn schockierend, sondern die Tatsache, dass die UBS offensichtlich die Risiken nach wie vor nicht kontrollieren könne. "Wer dies nicht kann, gehört nicht in dieses Geschäft. Wer nicht in der Champions League Fußball spielen kann, der gehört nicht dorthin", sagte Geiger demnach weiter.

"Ich brauche ein Wunder"

Wie der leitende BBC-Wirtschaftsredakteur Robert Peston auf der Internet-Seite des Fernsehsenders berichtete, wird von der Londoner Finanzaufsicht FSA geprüft, warum die Bank die nicht autorisierten Geschäfte des 31-Jährigen übersehen konnte. Möglicherweise habe Adoboli die UBS von sich aus auf die unautorisierten Geschäfte hingewiesen.

Als letzten Kommentar auf seiner Facebook-Seite schrieb der Banker Peston zufolge: "Ich brauche ein Wunder". Die UBS gab unterdessen bekannt, sie habe das gesamte Team Adobolis vom Dienst suspendiert.

Nach dem spektakulären Milliardenverlust hatte die UBS eingeräumt, sie werde für das gesamte dritte Quartal vermutlich rote Zahlen ausweisen müssen. Zudem droht nun offenbar eine Herabstufung der Bonitätsbewertung der Großbank. Die Ratingagentur Moody's teilte mit, sie prüfe wegen des anhaltend schwachen Risikomanagements eine Herabstufung des Langfristratings, das derzeit mit der Note Aa3 bewertet wird.

Kürzungen im Investmentbanking

Der schweizerische "Tagesanzeiger" berichtete am Freitag unter Berufung auf Unternehmenskreise, dass die UBS mehrere Tausend Stellen in ihrer Investmentabteilung zu streichen plane. Die genauen Pläne sollten auf einem Investorentag am 17. November vorgestellt werden, hieß es.

Bereits im August hatte die Bank angekündigt, bis 2013 insgesamt rund 3.500 Stellen zu streichen, um die jährlichen Kosten um etwa zwei Milliarden Franken (1,7 Milliarden Euro) zu senken. In der Investmentabteilung hatte auch der festgenommene Händler Adoboli gearbeitet.

(apd/awei)
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