Autokrise Andere werden Opel folgen

Düsseldorf · Europas Autobauer sind in der Krise. Der Markt Ist gesättigt, die Autos halten zu lang und interessieren junge Leute zu wenig.

Dezember 2012: Opel-Belegschaftsversammlung in Bochum
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Jetzt rächt sich die fünf Milliarden Euro schwere Abwrackprämie, mit der die Bundesregierung die deutschen Autobauer vor drei Jahren vor dem Absturz bewahren wollte. Denn heute wie damals gerät die Konjunktur unter Druck, und heute wie damals leiden Europas Autobauer unter Überkapazitäten von durchschnittlich 25 Prozent.

Aber anders als damals zwingt die Krise die Hersteller diesmal dazu, ihre Kapazitäten dem Käuferschwund anzupassen — denn dass ein großer europäischer Staat die Verkäufe erneut mit einem milliardenschweren Konjunkturprogramm ankurbeln wird, ist angesichts der Staatsschuldenkrise wohl ausgeschlossen.

Mit der Schließung des Opel-Werkes in Bochum, die das Management Anfang der Woche angekündigt hat, führt die Krise des europäischen Automobilbaus erstmals auch in Deutschland zu großformatigen Konsequenzen.

Die Gründe sind struktureller Natur

Seither geht unter den 800.000 Beschäftigten in der deutschen Automobilindustrie die berechtigte Angst um, dass Opel nur der Auftakt für einen umfassenden Stellenabbau in den kommenden zwei Jahren sein könnte. Vor allem unter den 300.000 Mitarbeitern der deutschen Zuliefer-Industrie, die auch Autofabriken im europäischen Ausland mit Teilen versorgt.

Experten wie Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM) oder Felix Kuhnert von der Unternehmensberatung PwC rechnen vor, dass es in Europa mindestens acht Autofabriken zuviel gibt. "In den vergangenen fünf Jahren ist der Absatz in Europa um 20 Prozent eingebrochen", sagt Bratzel. Das sind drei Millionen weniger verkaufte Fahrzeuge als im Jahr 2007.

Die Gründe sind struktureller Natur: Der Markt ist gesättigt, jungen Leuten sind Autos nicht mehr so wichtig, die Bevölkerung schrumpft und die steigenden Benzin- und Werkstattkosten machen das Autofahren generell weniger attraktiv. Hinzu kommt die lange Lebensdauer moderner Autos. Deshalb ist keine Besserung in Sicht: Nach einem Rückgang des Europa-Marktes von sieben Prozent im laufenden und voraussichtlich 3,5 Prozent im nächsten Jahr werden die Verkäufe laut Bratzels Prognose frühstens 2014 wieder anziehen. "Aber auf das Niveau von 2007 werden wir in Europa nie wieder kommen", sagt er voraus.

Die Autobauer sehen das offenbar ähnlich. Ford hat vor sechs Wochen die Schließung eines Werkes im belgischen Genk sowie zwei kleinerer Werke in Großbritannien angekündigt. Betroffen sind 5700 Mitarbeiter, bei Opel werden es voraussichtlich über 3000 sein. Rechnet man das vor zwei Jahren geschlossene Opel-Werk in Antwerpen hinzu (2600 Mitarbeiter), rasiert Opel die Produktion in derselben Größenordnung wie Ford.

Hersteller von Kleinwagen besonders hart getroffen

Der französische Peugot-Citroen-Konzern hat den Abbau von 8000 Jobs in Europa beschlossen und wird voraussichtlich im kommenden Jahr ein Werk bei Paris schließen. Für Bratzel entspricht das in der Summe aber allenfalls der Hälfte der europäischen Überkapazitäten, weshalb er mit der Schließung von weiteren vier Werken rechnet. Seine Kandidaten: Fiat, Peugeot, Renault und vielleicht auch noch einmal Opel.

Vor allem in den südlichen Krisenstaaten geht derzeit der Markt in die Knie. In Italien sanken die Neuzulassungen laut Branchenverband Acea im Oktober um zwölf Prozent, in Spanien sogar um über 20 Prozent. Das trifft die Hersteller von Kleinwagen besonders hart, die in Südeuropa traditionell stark gefragt sind. Aber auch die Hersteller von Premiumfahrzeugen leiden unter den neuerdings rückläufigen Wachstumsraten in China, das wesentlicher Motor für die immer noch üppigen Gewinne im Luxussegment ist.

Die meisten Hersteller in Europa sind noch profitabel. Aber bei durchschnittlichen Gewinnspannen von rund sechs Prozent können nur noch wenige jene Milliarden erwirtschaften, die jetzt für die Entwicklung massentauglicher Elektroautos notwendig wären. Oder für den Unterhalt von Fabriken, die ausgedient haben.

(RP/csr/felt/csi)
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