Vattenfall AKW-Streit: Vattenfall lenkt ein

Hamburg/Kiel (RPO). Der schwedische Energiekonzern Vattenfall Europe gerät immer mehr unter Druck. Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) droht Vattenfall mit einem Lizenz-Entzug für das Atomkraftwerk Krümmel. Der Betreiber lenkt inzwischen ein: Vattenfall will es Behörden erlauben, die für die Pannen verantwortlichen Mitarbeiter direkt zu befragen.

Dichter Rauch: Feuer im AKW Krümmel
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Dichter Rauch: Feuer im AKW Krümmel

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Foto: ddp

Ein genauer Termin für diese Befragungen steht nach Angaben von Vattenfall-Sprecher Ivo Banek aber noch nicht fest. Das Unternehmen kündigte für Freitag einen Zwischenbericht zu den Vorfällen in Krümmel an. Unterdessen wurde bekannt, dass in Schweden gegen acht Bauarbeiter wegen sexueller Belästigung ermittelt wird, die auf dem Werksgelände des von Vattenfall betriebenen AKW Ringhals gearbeitet haben.

Zwischenfälle mit Alkohol

Der Vorfall ereignete sich nach Vattenfall-Angaben bereits vor zwei Wochen außerhalb des AKW in einem Hotel, wo die Männer in alkoholisiertem Zustand weibliches Reinigungspersonal belästigt haben sollen. Daraufhin habe sich der Energiekonzern von den Bauarbeitern getrennt. Banek wies Kritik an dem Konzern zurück. Er sehe derzeit keine Grundlage für den Vorwurf mangelnder Kooperation. "Wir arbeiten ohne Abstriche mit der Aufsichtsbehörde zusammen", sagte er.

Gabriel drohte dem Betreiber an, ein Wiederanfahren des AKW Krümmel zu unterbinden. Die Bundesaufsicht könne die schleswig-holsteinische Atomaufsicht anweisen, einem Wiederanfahren nicht zuzustimmen, sagte Gabriel. Es müsse "sehr präzise" geklärt werden, warum nach dem Transformatorbrand die vorgesehenen Sicherheitsbestimmungen nicht exakt befolgt worden seien und welche Rolle dabei das Verhalten "entscheidender Mitarbeiter" gespielt habe. Vieles spreche dafür, dass es Kommunikationsprobleme gegeben habe.

Kein Wiederanfahren vor kompletter Klärung

Gabriel zeigte sich überzeugt, dass die Kieler Atomaufsicht kein Wiederanfahren vor Klärung aller Fragen erlaube. Notfalls werde der Bund dies mit einer atomrechtlichen Weisung "selbstverständlich" verhindern. In diesem Fall trage der Bund auch das Prozessrisiko, falls Vattenfall Schadenersatz gelten mache. Gabriel unterstrich aber: "Im jetzigen Stadium auf die Idee zu kommen, den Reaktor wiederanzufahren, das würde sich selbst Vattenfall nicht zutrauen."

Unterdessen prüft die Kieler Aufsichtsbehörde weiterhin die rechtlichen Möglichkeiten eines Entzugs der Betriebserlaubnis. Ein Ergebnis werde "eher Wochen als Tage" dauern, sagte Ministeriumssprecher Oliver Breuer. Er betonte, das Ministerium wolle neben dem Reaktorfahrer und dem Schichtleiter zwei weitere Mitarbeiter befragen. "Wir wollen uns ein Gesamtbild machen."

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Josef Fell forderte Vattenfall auf, eine bislang geheime Mängelliste über das Kraftwerk Brunsbüttel herauszugeben. Wenn der Konzern es mit der Transparenz ernst meine, sollte er die Veröffentlichung nicht länger gerichtlich verhindern.

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) verzeichnet zunehmend Pannen in älteren Atomkraftwerken. Die "meldepflichtigen Ereignisse" nähmen bei älteren AKW auf jeden Fall zu, sagte BfS-Präsident Wolfram König. Besonders die 1969 entworfene Baureihe tue sich hier hervor. "Was wir jetzt feststellen, ist der Versuch der Unternehmen, gerade von neueren Kraftwerken Reststrommengen auf ältere zu übertragen." Dies sei nicht im Sinne des Gesetzgebers.

(afp2)
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