Neue AKW-Haftung Eon-Aufspaltung in Gefahr

Berlin · Die Bundesregierung könnte mit einer Gesetzesänderung dem Energiekonzern Eon bei seiner Aufspaltung einen Strich durch die Rechnung machen.

AKW-Haftung: Regierungspläne könnten Eons Aufspaltung durchkreuzen
Foto: centertv

"Eltern haften für ihre Kinder", macht Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel klar, dass Eon auch noch viele Jahre nach der Abspaltung seiner Atomkraftwerke in eine neue Gesellschaft für zusätzliche Kosten beim Abriss oder der Müllentsorgung geradestehen soll. Noch vor der 2016 geplanten Aufspaltung des Energieriesen in einen Öko- und einen Atomkonzern will die Regierung das Gesetz ändern, durch das Eon bislang nach fünf Jahren aus dem Schneider sein könnte. "Wenn das geschieht, macht die Aufspaltung keinen Sinn mehr", sagte eine an den Plänen beteiligte Person der Nachrichtenagentur Reuters.

Bei dem Düsseldorfer Versorger schrillen die Alarmglocken. Vorstandschef Johannes Teyssen betont, ungeachtet der Ankündigung aus Berlin an dem Vorhaben festzuhalten. Eon stehe zu seiner Strategie, sagte der 55-Jährige in der vergangenen Woche. Zugleich wies er aber vor Analysten darauf hin, dass sich der Konzern um mehr Klarheit bemühe. "Wir müssen lernen, wir müssen uns anpassen, aber Spekulationen, dass wir grundsätzlich von unserer Strategie abrücken, entbehren jeder Grundlage."

Von Anfang an hatten Kritiker dem Konzern vorgeworfen, sich mit der Aufspaltung in einen Ökokonzern mit dem Namen Eon und einen für Atom-, Kohle- und Gaskraftwerke namens "Uniper" aus der Verantwortung stehlen zu wollen. Teyssen hat dies strikt zurückgewiesen. Zudem solle Uniper nicht nur die Meiler, sondern auch die Atom-Rückstellungen von über 16 Milliarden Euro übernehmen. "Die Rückstellungen sind ausreichend und sicher", betont Teyssen zu jeder Gelegenheit. Das wird allerdings immer wieder bezweifelt. In einem von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten heißt es daher, dass bei den Haftungsfolgen im Falle einer Abspaltung "dringender Regelungsbedarf" bestehe. Teyssen kritisiert, dass Bundeswirtschaftsminister Gabriel bereits an einer Gesetzesänderung zu den Haftungsregeln arbeite. Dies passe nicht zu einem offenen Prozess. Die Regierung solle die Ergebnisse der von ihr eingesetzten Atom-Kommission abwarten, bevor sie "ohne genaue Kenntnis der Sachlage" Schlüsse ziehe. Bei der Bundesregierung blitzte Teyssen mit seinem Wunsch nach gemeinsamen Beratungen ab. Es seien keine Termine oder Gespräche mit den Betreibern geplant, sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums kürzlich.

Aktionäre sollen entscheiden

Die Reaktion der Investoren reicht von Gelassenheit bis tiefer Besorgnis. Eon würde seine Pläne wahrscheinlich auch im Fall einer Gesetzesänderung vorantreiben, sagt der Portfolio-Manager von Union Investment, Thomas Deser. "Dahinter steckt das Kalkül, dass die beiden künftigen Konzerne wegen einer besseren Trennschärfe der Geschäftsmodelle insgesamt höher bewertet werden als die jetzige Eon." Zudem würde der Konzern wohl prüfen, ob die Gesetzesänderung gegen die Verfassung verstößt.

"Wir haben das Konzept der Aufspaltung schon auf der Hauptversammlung hinterfragt", betont der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Thomas Hechtfischer. "Welches Problem ist damit gelöst, dass ein Kohlekraftwerk zu einer neuen Gesellschaft gehört?" Wenn nun auch noch die Nachhaftung verlängert werde, müsste der ganze Plan neu bewertet werden. "Das Risiko für die Eon-Aktionäre würde steigen." Die DSW werde prüfen, ob sie den Plänen überhaupt auf der Hauptversammlung Mitte 2016 zustimmt. Eon habe darauf gewettet, dass es bei der Fünf-Jahresfrist bleibe, erklärt ein Berater der Energiewirtschaft. "Wenn die Bundesregierung diese Frist ausweitet, hat E.ON nichts gewonnen. Uniper wäre dann erstmal an der Wand."

(REU)
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