ThyssenKrupp-Aufsichtsratschef gibt Posten auf Aktionärsvertreter begrüßen Crommes Abschied

Frankfurt · Einer der einflussreichsten deutschen Topmanger, Gerhard Cromme, zieht sich vollständig aus dem angeschlagenen ThyssenKrupp-Konzern zurück. Er zieht damit Konsequenzen aus den Fehlentwicklungen bei dem Stahl- und Anlagenbauer und macht den Weg frei für einen Neuanfang.

 Gerhard Cromme tritt vom Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden zurück.

Gerhard Cromme tritt vom Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden zurück.

Foto: dapd, Volker Hartmann

Nach 12 Jahren an der Spitze des Kontrollgremiums werde er zum 31. März den Posten niederlegen, teilte das Unternehmen am Freitag überraschend mit. Cromme habe zudem die Krupp-Stiftung gebeten, seine Entsendung in den Aufsichtsrat zum gleichen Zeitpunkt zu beenden. Die Stiftung ist mit rund 25 Prozent größter Anteilseigner von ThyssenKrupp.

Der 70-jährige Manager, der auch an der Spitze des Aufsichtsrates von Siemens steht, wird auch sein Amt als stellvertretender Vorsitzender des Kuratoriums der Alfried Krupp von Bohlen und Halbacht-Stiftung niederlegen. Chef der Stiftung ist der 99-jährige Bertold Beitz, der Cromme bislang zwar nicht offiziell, aber heimlich als seinen Nachfolger aufgebaut hatte. Beitz stärkte Cromme bis zuletzt den Rücken. Als die erste Rücktrittsforderungen erhoben wurde, gab er dem "Handelsblatt" zu Protokoll: "Cromme bleibt!".

Persönliche Konsequenzen

Jetzt zieht der promovierte Jurist und Multiaufsichtsrat persönliche Konsequenzen: "In Verantwortung für das Unternehmen, seine Mitarbeiter und Aktionäre möchte ich nach zwölf Jahren als Vorsitzender mit diesem Schritt auch im Aufsichtsrat einen personellen Neuanfang ermöglichen", erläuterte Cromme laut Mitteilung seinen Rücktritt. Er wünsche dem Unternehmen, dass es aus der derzeitigen Krise gestärkt hervorgehe.

Aktionärsvertreter begrüßtem den Schritt. Der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Thomas Hechtfischer sagte: "Wir finden das richtig". Ein Neuanfang nach den Fehlentscheidungen und Skandalen dürfe sich nicht nur auf den Vorstand beschränken, sondern müsse auch den Aufsichtsrat einschließen. Er hoffe, dass Crommes Nachfolger als Aufsichtsratschef von außerhalb kommen werde, sagte Hechtfischer. Auf der Hauptversammlung im Januar in Bochum hatten Anteilseigner Cromme erneut zum Rücktritt aufgefordert.

500 Millionen Euro weniger Kosten

In den vergangenen Wochen und Monaten war Cromme immer wieder vorgeworfen worden, für die Fehlentwicklungen wie das milliardenschwere Debakel der Stahlwerke in Brasilien und den USA sowie Korruptionsfälle und Kartellverstöße mitverantwortlich zu sein. Im vergangenen Geschäftsjahr 2011/12 war ThyssenKrupp mit einem Verlust von fünf Milliarden Euro tief in die Verlustzone abgestürzt. Der Aufsichtsrat setzte wegen der sich zuspitzenden Krise im Dezember vergangenen Jahres den halben Vorstand vor die Tür.

Der seit gut zwei Jahre amtierende Vorstandschef Heinrich Hiesinger versucht, den Konzern wieder in ruhiges Fahrwasser zu bringen. Zuletzt verordnete er im Februar dem Unternehmen einen rigiden Sparkurs, der den Wegfall von 2000 Stellen vorsieht. Hierdurch sollen die Kosten um 500 Millionen Euro gedrückt werden.

Hiesinger dankte Cromme für seine Arbeit bei ThyssenKrupp. Seine Entscheidung nehme der Vorstand mit Respekt entgegen, sagte der Manager. Cromme habe die deutsche Stahlindustrie entscheidend geprägt und zur notwendigen Neuordnung der Branche wesentlich beigetragen.
Siemens wollte den Rücktritt nicht kommentieren.

(afp/REU/nbe/felt/csi)
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