Ärger bei der Deutschen Bank Aktionäre rechnen mit Achleitner ab
Während der Hauptversammlung fällt die Aktie auf ein Rekordtief. Ein Fondsmanager spricht vom „Horrorfilm mit Überlänge“. Die Aktionäre entlasten Chefkontrolleur Paul Achleitner, wenn auch nur mit 72 Prozent.
Der drastische Kurseinbruch, die mickrige Dividende, hohe Boni und die immer wiederkehrenden Skandale der Deutsche Bank: Die Aktionäre lasen Vorstand und Aufsichtsrat gestern in der Frankfurter Festhalle die Leviten. Zu Beginn der Hauptversammlung war der Aktienkurs auf ein abermaliges Rekordtief von unter 6,40 Euro gefallen.
Am Ende verpassten sie dem langjährigen Aufsichtsratschef Paul Achleitner einen Denkzettel, der Putsch aber fiel aus: Achleitner wurde von 72 Prozent des Kapitals entlastet. Vor einem Jahr hatte er noch 84 Prozent Zustimmung bekommen. Vorstandschef Christian Sewing wurde mit 75 Prozent entlastet. Üblich sind Zustimmungsquoten von mehr als 90 Prozent. Allerdings hätte auch eine Nichtentlastung keine direkten Konsequenzen.
Es gebe erste positive Zeichen, aber noch reiche das nicht, monierte Klaus Nieding, Vizepräsident der Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz: „Die Bank hat im ersten Quartal wieder ordentlich Federn gelassen, die Erträge brechen ein, insbesondere das Investmentbanking geht zurück.“ Da fehle eine richtige Strategie, das könne man auf Dauer nicht durch weitere Kostensenkungen auffangen. Die Absage der Fusion mit der Commerzbank sei zwar richtig gewesen. Doch welche Optionen habe die Bank jetzt noch? fragte er. Der Aktienkurs zeige die tiefe Verunsicherung der Aktionäre. Auch die jüngsten Nachrichten etwa im Zusammenhang mit Finanzierungen der Familie des US-Präsidenten Trump lassen die Bank nicht zur Ruhe kommen.
Andreas Thomae von der Fondsgesellschaft der Sparkassen, der Deka, sprach gar von einem „Horrorfilm mit Überlänge“, den die Bank biete. Alexandra Annecke von der genossenschaftlichen Fondsgesellschaft Union Investment nannte es „traurig und schockierend“, was aus der Deutschen Bank geworden sei: „Das einstige Vorzeigeinstitut ist nur noch ein Koloss auf tönernen Füßen“. Die Wut der Aktionäre richtet sich nicht nur gegen den niedrigen Kurs der Aktie, von dem auch Sewing sich „enttäuscht“ zeigte. Sie sind vor allem erzürnt darüber, dass sie nur eine Dividende von elf Cent je Aktie erhalten, die Boni aber wieder üppig fließen: Während die Bank 1,9 Milliarden an Boni ausschütte, speise sie ihre Anteilseigner mit 12 Prozent dieser Summe ab, kritisierte Nieding.
Boni und Zulagen für bestimmte Vorstände empören auch Aktionärsschützer Markus Kienle von der SdK, das sei zutiefst unmoralisch. Die SdK entlastete deshalb diese Vorstände, aber auch den Aufsichtsrat insgesamt nicht.
Paul Achleitner stand besonders in der Kritik. Denn seit seinem Amtsantritt vor sieben Jahren ist der Aktienkurs um 70 Prozent eingebrochen. Doch Achleitner weigert sich, seinen Stuhl zu räumen: Er habe nicht vor, Investoren und Kunden des Instituts im Stich zu lassen, sagte er: „An einem Denkmal liegt mir nichts, am Wohl der Deutschen Bank aber schon.“
Dagegen sind die Aktionäre Sewing gegenüber eher wohlgesonnen. Der versprach einen deutlichen Umbau der Bank: „Ich kann Ihnen versichern, wie sind zu harten Einschnitten bereit“, sagte er. Da hatte sich zuletzt Achleitner etwas zögerlicher gezeigt. Am Donnerstag aber versicherte er, der Aufsichtsrat stehe hinter Christian Sewing, der habe die „volle Unterstützung und Rückendeckung des Aufsichtsrats“ für sein Konzept, mit dem er die Bank in eine bessere Zukunft führen wolle. Auch Achleitner zeigte sich nun offen für Veränderungen: „Wir müssen noch schneller und radikaler umbauen.“
Sewing will mehr. Er plant eine neue Unternehmenskultur: „Zu oft hatten in unserer Bank diejenigen die Oberhand, die bremsen statt Neues zu ermöglichen.“ Deshalb fördere die Bank intern jetzt mehr Unternehmertum. Und das Institut werde die Transformation beschleunigen. Dazu wolle man die Bank „konsequent auf die profitablen Bereiche ausrichten, die für unsere Kunden relevant sind“. Stabile Erträge liefert etwa die Transaktionsbank, aber auch die Fondstochter DWS. Doch ob die allein bleibt, ist fraglich. Aktuell verhandelt sie mit der Schweizer Großbank UBS über eine Zusammenlegung mit deren Fondssparte. Auch die französische Amundi zeigt sich an der DWS interessiert.