30.000 Praxen am Dienstag dicht Ärzte stimmen Patienten auf harte Zeiten ein

Mainz (RPO). Während die Ärzte immer lauter protestieren und ihre Patienten auf harte Zeiten einstimmen, lehnt Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) zusätzliche Belastungen ab. Der Idee eines Gesundheitsrats wie auch zusätzlichen Praxisgebühren erteilte die SPD-Politikerin am Montag eine Absage. Für Dienstag rechnet der Verband nach eigenen Angaben mit bis zu 30.000 geschlossenen Praxen, dann vor allem in Baden-Württemberg.

Ärzte protestieren gegen Honorar-Reform
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Einen Tag vor dem Deutschen Ärztetag am Dienstag demonstrierten bei der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) in Mainz nicht nur lautstark rund 100 Augenärzte. Bundesweit folgten nach Angaben des Verbands Freie Ärzteschaft bis zu 10.000 Mediziner einem Aufruf zu Praxisschließungen aus Protest gegen das neue Honorarsystem und gegen die Gesundheitspolitik. Für Dienstag rechnet der Verband sogar mit bis zu 30.000 geschlossenen Praxen.

KBV sieht Versorgung in Gefahr

Auch KBV-Chef Andreas Köhler äußerte heftige Kritik an den jüngsten Reformen. Die flächendeckende Versorgung in Deutschland sei ernsthaft in Gefahr. Ungehemmter Wettbewerb wirke wie eine "Abrissbirne" für das Gesundheitswesen. Er stellte sich hinter Forderung der Bundesärztekammer nach Ranglisten für Kassenleistungen und einem "Gesundheitsrat". Ein "unbegrenztes Leistungsversprechen" und begrenzte Mitteln passten nicht zusammen, sagte Köhler. "Ohne die Zufuhr neuer Mittel wird sich diese Schere immer weiter öffnen."

Der KBV-Chef schlug vor, die Patienten sollten künftig unter unterschiedlichen Tarifen in den gesetzlichen Kassen wählen können. Wer dabei auf freie Arztwahl verzichtet, soll zum Beispiel die Praxisgebühr erlassen bekommen.

Köhler unterstützte auch grundsätzlich die Debatte über eine "Adjustierung der Eigenbeteiligung" - also Praxisgebühr oder Zuzahlungen. Es gehe aber nicht von vorneherein darum, den Patienten mehr Geld abzuverlangen. Zuvor hatten Forderungen nach einer höheren Praxisgebühr für Facharztbesuche Empörung ausgelöst.

Gegen Leistungsausschluss

Gesundheitsministerin Schmidt erteilte solchen Vorschlägen eine Absage. Es solle bei der Praxisgebühr einmal im Quartal bleiben, sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung": "Bei den Zuzahlungen sind für viele Menschen die Grenzen erreicht." Auch das Konzept des "Gesundheitsrats" entspreche "nicht meinem Verständnis vom Sozialstaat". Leistungen sollten nur ausgeschlossen werden, wenn sie nachweislich nichts nützten.

Weitere Kostensenkungen nach der Wahl schloss Schmidt nicht aus. Doch stellte sie auch weiteres Geld in Aussicht. Schon bei den Verhandlungen zur Gesundheitsreform 2007 habe die SPD einen Zuschuss aus Steuermittel von 25 Milliarden Euro gefordert. "Mein Ziel ist es, in der nächsten Legislaturperiode diese Reform auf den Weg zu bringen", sagte Schmidt.

(AP)
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