Wut über Krankenkassen Ärzte drohen mit Streik

Berlin (RPO). Nach gescheiterten Gesprächen mit den Krankenkassen über die künftigen Honorare von Ärzten drohen die niedergelassenen Mediziner jetzt mit Streik. Weitere Verhandlungen hätten keinen Sinn mehr, hieß es vonseiten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

Wartezimmer niedergelassener Ärzte könnten bald geschlossen bleiben.

Wartezimmer niedergelassener Ärzte könnten bald geschlossen bleiben.

Foto: ddp

Nach dem Platzen der Honorarverhandlungen mit den Krankenkassen schließen die Kassenärzte Praxisstreiks nicht mehr aus. Noch ist es allerdings nicht so weit. Für Ende August sind zwei weitere Verhandlungstermine angesetzt, wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung am Freitag mitteilte. "Wir erwarten, dass die Kassen ein verbessertes Angebot vorlegen", sagte KBV-Sprecher Roland Stahl der AP. Das Gesundheitsministerium appellierte an beide Seiten, sich zu einigen.

Ärzte und Krankenkassen streiten seit Monaten über höhere Honorare für die niedergelassenen Mediziner. Diese fordern 4,5 Milliarden Euro oder rund 20 Prozent mehr. Die Politik hat eine Erhöhung um 2,5 Milliarden Euro zugesagt. Die Krankenkassen boten bei einer Runde am Donnerstag aber nur 1,4 Milliarden Euro zusätzlich an, wie es aus Verhandlungskreisen hieß. Daraufhin setzten die Ärzte die Verhandlungen aus.

"Wir wollen mit den Ärzten über die bessere Verteilung der Honorare zwischen den Ärzten und eine moderate Honorarsteigerung reden", versicherte Kassen-Verhandlungsführer Johann-Magnus von Stackelberg am Freitag. Doch seien die Geldbeutel der Versicherten kein Selbstbedienungsladen. "Ich fordere die Ärztevertreter auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren", erklärte von Stackelberg, Vizechef des GKV-Spitzenverbands.

Mehr Geld für gleiche Leistung

Die Verhandlungen haben Auswirkungen sowohl auf Patienten als auch auf die Beitragszahler. KBV-Sprecher Stahl betonte, ohne die kräftige Honoraraufstockung sei auf Dauer die "flächendeckende Versorgung der Bevölkerung nicht mehr gewährleistet". Da Ärzte seit Jahren rund ein Drittel der Leistungen unentgeltlich erbrächten, sei zudem die Unzufriedenheit so groß, dass Proteste und Streiks nicht auszuschließen seien.

Die Kassen betonen hingegen, schon jetzt hätten niedergelassene Ärzte nach Abzug der Praxiskosten im Durchschnitt brutto 120.000 Euro im Jahr. Eine Aufstockung der Honorare brächte kaum Verbesserung für Patienten - etwa in Form kürzerer Wartezeiten, sagte Verbandssprecherin Ann Hörath der AP. Gleichzeitig würde sie aber den Beitragssatz der Krankenkassen in die Höhe treiben.

Die unter anderem von Bundeskanzlerin Angela Merkel genannte Summe von 2,5 Milliarden Euro bedeutet etwa 0,25 Prozentpunkte beim Beitragssatz. Für 2009 legt erstmals die Regierung den Satz einheitlich für alle Kassen fest. Befürchtet wird ein Wert deutlich über 15 Prozent.

Ministerium mahnt

Das Gesundheitsministerium appellierte an die Verhandlungspartner. "Wir erwarten, dass die Gespräche zügig wieder aufgenommen werden", sagte Sprecher Klaus Vater. "Streik ist eigentlich kein Mittel, um die Bewertung ärztlicher Tätigkeit voranzubringen."

Erzielen die Partner bis zum Monatsende keine Einigung, könnte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt eingreifen und die Honorare festlegen. Der GKV-Spitzenverband vermutete hier das Motiv der Ärzte. "So wollen sich die Ärztevertreter höhere Honorare auf dem Rücken der Beitragszahler verschaffen", erklärte von Stackelberg.

Der Streit ist politisch heikel, vor allem im bayerischen Landtagswahlkampf. Die dortigen Hausärzte hatten monatelang protestiert, bis sie die politische Zusage über 2,5 Milliarden Honorarplus hatten.

Dahinter wiederum steckt der Streit über die Umverteilung der Ärztehonorare wegen des Gesundheitsfonds: Nur wenn die Summe aufgestockt wird, ist gesichert, dass die bayerischen Hausärzte nicht weniger als bisher bekommen.

(ap)
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