Konzern legt Kraftwerks- und Ökostromsparte zusammen 9000 Eon-Mitarbeiter sollen in neue Sparte wechseln

Düsseldorf · Eons Personalvorstand Mike Winkel kündigt im Interview mit unserer Redaktion an, dass die Kraftwerks- und Ökostrom-Sparte fusioniert und von Essen aus gesteuert werden sollen.

 Mike Winkel ist 43 Jahre alt und Personalvorstand bei Eon.

Mike Winkel ist 43 Jahre alt und Personalvorstand bei Eon.

Foto: Bretz, Andreas

Henkel, Evonik, Eon — in immer mehr Vorständen sind Manager, die wie Sie in der früheren DDR großgeworden sind. Führen sie anders?

Winkel Als ich mit der Schule fertig war, fiel die Mauer. Diese einschneidende Erfahrung hat meine Einstellung zu Veränderungen geprägt. Ich sehe Wandel seitdem stets als Chance, nicht als Bedrohung. So dürfte es vielen Ostdeutschen gehen.

Bei Eon ist gerade sehr viel Wandel. Wie weit sind Sie mit dem Sparprogramm Eon 2.0 gekommen?

Winkel Wir liegen voll im Plan. Die Kosten wurden insgesamt bereits deutlich gesenkt und 7700 der 11.000 Stellen, die wir weltweit bis Ende 2015 abbauen wollen, sind bereits weggefallen - und zwar ganz überwiegend einvernehmlich. Die Mitarbeiter sind in Vorruhestand gegangen oder haben den Konzern freiwillig verlassen. Bei weiteren 1500 haben wir bereits eine Regelung gefunden, bei 1800 steht sie noch aus.

Viel Streit hatte es im Vorfeld um die Beschäftigungsgesellschaft gegeben, an deren Ende die Arbeitslosigkeit steht. Wie viele Mitarbeiter sind dort?

Winkel Der Streit war nicht nötig. 130 Mitarbeiter sind in die Beschäftigungsgesellschaft "Eon Perspekt" gewechselt, wo die Mitarbeiter maximal drei Jahre bleiben können. Ein Drittel von ihnen konnte bereits weitervermittelt werden.

Hilft Ihnen eigentlich die Rente mit 63 beim Stellenabbau?

Winkel Nein. Wir werden die Rente mit 63 sicher nicht nutzen, um Personal abzubauen. Die meisten Dax-Konzerne bieten aber andere Lösungen als die Rente mit 63. In Bereichen, die von Abbau betroffen sind, bietet Eon teilweise Vorruhestandslösungen bis Jahrgang 61 an.

Für Furore hatten einst auch Ihre Service-Gesellschaften im rumänischen Cluj und in Berlin gesorgt, die Verwaltungsarbeiten erledigen. Laufen die mittlerweile?

Winkel In Berlin haben wir rund 100 Mitarbeiter. In Cluj sind es 280, gut 500 sollen es werden. Die E.ON- Mitarbeiter in ganz Europa haben ihre neuen Kollegen professionell eingearbeitet. Dafür bin ich sehr dankbar, wenn man bedenkt, dass manchmal ihre eigene Stelle betroffen war. Einzelne Probleme gibt es bei der Umstellung der Lohnabrechnung, aber das ist ein Problem der Komplexität. Bei Eon gibt es 2500 Betriebsvereinbarungen. Das wollen wir ändern.

Wer weniger Personal hat, braucht weniger Platz. Prüfen Sie wie RWE den Verkauf Ihrer Zentrale?

Winkel Nein, Eon bleibt in Düsseldorf und will seine Zentrale nicht verkaufen. Ebenso wenig übrigens wie den Neubau in Essen. Viele angemietete Immobilien haben wir dagegen aufgegeben.

Eon-Chef Teyssen hat jüngst gesagt, der Konzern habe weitere Kostensenkungspotenziale über Eon 2.0 hinaus identifiziert. Was heißt das?

Winkel Wir gehen von einer einmaligen zu einer kontinuierlichen Performance-Steigerung über. Sparen wird zur Daueraufgabe. Konkret heißt dies zum Beispiel, dass alle Bereiche jährlich Kosten in Höhe der Inflation plus bis zu weitere zwei Prozent einsparen müssen. Die genaue Vorgabe richtet sich nach dem jeweiligen Markt.

Reicht das, um den Kraftwerkspark profitabel zu halten?

Winkel Jedes Kraftwerk, das seine laufenden Kosten nicht verdient, muss vom Netz. Bis 2015 werden wir wie angekündigt 13 Gigawatt unserer einst rund 50 Gigawatt Kraftwerkskapazität in Europa stillgelegt haben. Fallen die Großhandelspreise weiter, werden wir weitere stilllegen. Es sei denn, es kommt eine Lösung, die Versorgungssicherheit in Deutschland angemessen vergütet. Die Bundesregierung hat sich das Thema Kapazitätsmarkt ja vorgenommen.

Wird das umstrittene Kohle-Kraftwerk Datteln jemals ans Netz gehen und Geld verdienen?

Winkel Ja. Datteln IV wird ans Netz gehen, das Genehmigungsverfahren kommt voran. Anders als andere Kohlekraftwerke wird es auch Geld verdienen. Mit der Bahn, der wir Hochspannungsstrom liefern, und unseren Kunden im Revier, denen wir Strom und Fernwärme liefern, haben wir sichere Abnehmer.

Was kann Eon tun, um die Kraftwerkssparte effizienter zu machen?

Winkel Wir wollen die konventionelle Stromerzeugung mit den erneuerbaren Energien zusammenlegen. "Next Generation" heißt das Projekt. Damit wollen wir die Erzeugung insgesamt effizienter machen und auch den Mitarbeitern in den Kohle- und Gaskraftwerken eine dauerhafte Perspektive geben.

Wie viele Mitarbeiter sind betroffen?

Winkel In "Next Generation" werden wir rund 8000 Mitarbeiter aus den konventionellen Kraftwerken und 1000 von den erneuerbaren Energien zusammenfassen. Die gemeinsame Erzeugungseinheit soll ihren Sitz in Essen haben. Hier wollen wir die Steuerungsaufgaben konzentrieren und hunderte Arbeitsplätze ansiedeln.

Schön für NRW. Wo fallen Stellen weg?

Winkel Bestimmte Steuerungsaufgaben werden von den Standorten Hannover, Malmö, Coventry und Landshut nach Essen gehen. Das ist die Planung. Wir bieten den Mitarbeitern an, dorthin zu wechseln.

Dient die Zusammenfassung dazu, die Erzeugungssparte künftig abzutrennen?

Winkel Nein, Erzeugung gehört zu unserem Kerngeschäft, das wird auch so bleiben. Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist zudem ein großer Wachstumstreiber im Konzern.

Das bringt aber noch nicht viel. Eon macht nur 15 Prozent des Gewinns mit Ökostrom. Wann wird es mehr?

Winkel Jedes Jahr. Mit der Verstromung erneuerbarer Energien erzielen wir 700 Millionen Euro, mit Wasserkraft sind es zusammen 1.4 Mrd Euro. Wenn unsere neuen Windparks in der Nordsee fertig sind, kann es eine Milliarde Euro ohne Wasserkraft sein. Wir sind schon jetzt unter den Top 10 weltweit.

RWE hat im Streit um Schadenersatz wegen der Sofort-Abschaltung von Atomkraftwerken nach Fukushima Erfolg. Wird Eon sich anschließen?

Winkel Wir haben durch die Abschaltung der Meiler Unterweser und Isar 1 über mehrere Monate im Jahr 2011 einen Schaden in der Größenordnung von 250 Millionen Euro erlitten. Diesen hat Eon gegenüber Niedersachsen, Bayern und dem Bundesumweltministerium kürzlich außergerichtlich geltend gemacht.

Warum so spät?

Winkel Eon wollte im Frühjahr 2011 einen Beitrag leisten, um die hitzige politische Debatte über die Folgen von Fukushima zu versachlichen. Nun wurde die Rechtswidrigkeit des Moratoriums festgestellt. Also handeln wir. Im Interesse der Aktionäre kann Eon keine Schäden hinnehmen, die durch rechtswidrige Anordnungen entstanden sind.

Als Personalvorstand sind Sie auch für das Thema Diversity zuständig. Wann wird Eon weiblicher?

Winkel Wir sind dabei. Wir sind ein technisches Unternehmen. Das erklärt unseren relativ geringen Frauenanteil von 28 Prozent, entschuldigt ihn aber nicht. Eon will weiblicher werden. Den Frauenanteil an den Führungskräften konnten wir 2013 von 12,9 auf 14,1 Prozent erhöhen. Frauen für die Ökostrom-Sparte zu gewinnen ist übrigens leichter als für die Kraftwerkssparte. Nun peilen wir 16 Prozent an. Auf Dauer soll der Frauenanteil bei den Führungskräften aber ebenso hoch sein wie in der Belegschaft.

Geht das ohne gesetzliche Quote?

Winkel Wir brauchen den Staat, aber nicht für die Vorgabe von Quoten, sondern z.B. für die Bereitstellung guter Kinderbetreuung. Damit kann der Staat am meisten für Eltern tun.

(RP)
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