Nach Auktions-Ende Betreiber starten Vorbereitungen für 5G-Netze

Bonn/Düsseldorf · Der Weg für ultraschnelle Netze in Deutschland ist frei. Nach dem Ende der 5G-Mobilfunkauktion sind erste Masten bereits testweise aktiviert worden, weitere werden dieses Jahr dazukommen. 2020 dürfte der Ausbau an Fahrt aufnehmen.

„Wir sind intensiv daran, den 5G-Netzstart vorzubereiten“, sagte Telekom-Deutschlandchef Dirk Wössner am Donnerstag in Bonn. Vor allem für die Industrie ist 5G wichtig, aus Sicht des Telekom-Managers wird es aber auch für Privatkunden an Bedeutung gewinnen - etwa für Anwendungen der virtuellen Realität und für Online-Spiele.

Allerdings dürfte bis dahin noch Zeit vergehen. Noch gibt es kaum Smartphones auf dem Markt, die 5G-fähig sind. Telefónicas Deutschlandchef Markus Haas wollte am Donnerstag auch keinen Starttermin für 5G-Tarife für Verbraucher nennen. „Das wird nicht mehr in diesem Jahr sein, aber wir haben schon einen ambitionierten Plan“, sagte Haas. Im dritten Quartal wolle O2 nun erst einmal die Ausrüster für das neue Netz auswählen.

Am Mittwoch war die längste Frequenzauktion in Deutschland nach mehr als zwölf Wochen zu Ende gegangen - die Deutsche Telekom, Vodafone, Telefónica und Drillisch müssen insgesamt rund 6,6 Milliarden Euro zahlen. Erwartet worden waren nur drei bis fünf Milliarden Euro.

Die Frequenzblöcke, die nun vergeben wurden, sind an Auflagen geknüpft: Bis Ende 2022 müssen mindestens 98 Prozent der Haushalte in Deutschland mit mindestens 100 MBit pro Sekunde im Download versorgt werden, zudem ist schnelles mobiles Internet an größeren Straßen und Zugstrecken vorgesehen. Teilweise ist die Übertragung im 4G/LTE-Standard machbar. Klar ist dennoch, dass die Netzbetreiber ihren Ausbau deutlich forcieren müssen.

Das Ergebnis der Auktion sorgte keineswegs für Feierlaune in der Branche. Die Netzbetreiber bemängelten die hohen Kosten - das ziehe für den Ausbau benötigtes Geld ab. Nach Berechnung von Telekom und Vodafone könnte man mit dem Betrag, der an den Bund geht, rund 50 000 Mobilfunkstationen bauen. „Es ist gut, dass die Aktion vorbei ist und dass wir das Spektrum bekommen haben, was wir brauchen“, sagte Wössner. „Aber es ist schlecht, dass es sehr teuer wurde.“

Vodafone äußerte sich ähnlich. Deutschlandchef Hannes Ametsreiter monierte die hohen Kosten - das Geld hätte lieber in den Netzausbau fließen sollen. Bei der Inbetriebnahme einer 5G-Station am späten Mittwochabend zu Testzwecken in Düsseldorf sagte Ametsreiter, zu Beginn werde Vodafone 5G vor allem in die Industrie bringen. Bis Ende 2021 will Vodafone den Standard für bis zu 20 Millionen Menschen verfügbar machen. Die Telekom hat ebenfalls ambitionierte Ziele - bis Ende 2022 sollen 99 Prozent der Bevölkerung mit einer Bandbreite von 100 MBit pro Sekunde versorgt werden können.

Mit Blick auf das anziehende Tempo beim Mobilfunk-Ausbau äußerte Telekom-Manager Wössner Bedenken. „Wir haben erhebliche Probleme, die passenden Standorte für 4G und 5G anzumieten und zu errichten“, sagte er. Auf kommunaler Ebene gebe es erhebliche Widerstände - so würden vielerorts neue Antennen aus ästhetischen Gründen abgelehnt.

Behörden seien zum Teil unterbesetzt und Genehmigungsverfahren für neue Masten zögen sich hin. So dauere es in Mecklenburg-Vorpommern bis zum grünen Licht der Behörden im Schnitt 15 Monate - dort brauche es inklusive Vorbereitung und Bau mehr als zwei Jahre, bis eine neue Mobilfunkanlage stehe. Der Deutschland-Schnitt liege bei 18 Monaten. „Das dauert viel zu lang, in Südkorea sind es nur drei Monate.“ Solche Hemmnisse stünden im Widerspruch zu dem Ziel, dass es keine Funklöcher mehr geben dürfe, sagte Wössner.

Telefónica-Manager Haas forderte für bundesweite Netzanbieter die Möglichkeit, bei der Nutzung von Funkmasten stärker zu kooperieren. Außerdem solle zur Beseitigung weißer Flecken in der Flächenabdeckung ein staatliches Förderprogramm aufgelegt werden. Für bereits genutzte Flächenfrequenzen sollten Nutzungsrechte verlängert werden.

Mit Spannung war das Abschneiden der Firma Drillisch erwartet worden, die bisher Antennen der Konkurrenz nutzt. Das Unternehmen machte bis zum Ende der Auktion mit und wird nun tatsächlich der vierte Netzbetreiber in Deutschland. „Wir freuen uns über den Ausgang der Auktion“, sagte Ralph Dommermuth, Chef des Drillisch-Mutterkonzerns United Internet. „Wir haben Frequenzen ersteigert, mit denen wir in der Lage sind, ein leistungsfähiges 5G-Netz aufzubauen.“

Bisher ist vorgesehen, dass der Bund mit dem Geld den Glasfaserausbau auf dem Land fördert und schnelles Internet und moderne Technik in Schulen ermöglicht. Kritik aus der Opposition, wonach die Einnahmen im Bundeshaushalt zu „versickern“ drohten, wies Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zurück: Er versicherte im „Deutschlandfunk“, dass mit dem Geld keine Haushaltslöcher gestopft würden, sondern in die digitale Infrastruktur investiert werde. Sein für diesen Bereich zuständiger Kabinettskollege Andreas Scheuer (CSU) betonte ebenfalls, die Einnahmen würden komplett dafür verwendet. „Alle Unternehmen, die Lizenzen erworben haben, werden jetzt massiv investieren“, zeigte sich Scholz beim Euro-Finanzministertreffen in Luxemburg überzeugt.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) äußerte Sorgen. „Deutschland ist zwar Spitzenreiter bei Industrie 4.0, doch fehlt bislang der nötige Ehrgeiz, um auch im Netzausbau - die Basis von Industrieanwendungen der Zukunft - an der Weltspitze mitzuspielen“, sagte BDI-Präsident Dieter Kempf. Er gab zu bedenken, dass milliardenschwere Förderprogramme des Bundes wenig nützen, „wenn Bau und Planung der Netze durch das Planungs- und Baurecht zu einer immer größeren Herausforderung werden“. Langwierige Antrags- und Genehmigungsverfahren müssten abgeschafft werden, forderte er.

Ein Teil des Spektrums wurde nicht versteigert, sondern soll auf Antrag Industriefirmen und anderen Unternehmen zugeteilt werden. Damit können die Firmen eigene Netze einrichten.

(felt/dpa)
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