Gewaltprävention 44.000 Bahner erhalten ein Sicherheitstraining

Berlin · Mit Deeskalations-Trainings und Selbstverteidigungskursen sollen die Mitarbeiter fit gemacht werden. Zudem soll künftig jeder Übergriff konsequent erfasst werden. Wer will, bekommt auch eine Anleitung zum Umgang mit Pfefferspray.

 Die Mitarbeiter der Bahn-Tochter DB-Sicherheit, Marc Leitloff (r.) und Frank Buhrmeister, während eines Einsatzes am Düsseldorfer Hauptbahnhof.

Die Mitarbeiter der Bahn-Tochter DB-Sicherheit, Marc Leitloff (r.) und Frank Buhrmeister, während eines Einsatzes am Düsseldorfer Hauptbahnhof.

Foto: Andreas Endermann

Die Bahn will ihre Mitarbeiter besser auf Übergriffe vorbereiten. Der Konzern einigte sich mit dem Betriebsrat und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) auf eine Vereinbarung mit dem Titel "Sicher unterwegs". Diese sieht vor, dass alle Mitarbeiter mit Kundenkontakt Deeskalations- und Verhaltenstrainings erhalten.

"Schon heute werden viele unserer Kollegen geschult", sagte ein Bahn-Sprecher auf Anfrage. Dabei gehe es beispielsweise darum, wie sie eine brenzlige Situation im Dialog entschärfen könnten. "Ein falsches Wort an der falschen Stelle kann vieles kaputtmachen, ein richtiges Wort kann dagegen sehr deeskalierend wirken", so der Sprecher. "In einigen Fällen schulen wir die Mitarbeiter aber auch in Techniken, wie sie tätliche Angriffe parieren können. Auf diesen Schulungs-Erfahrungen wollen wir aufbauen, wenn wir nun flächendeckend alle 44.000 Mitarbeiter in Unternehmensbekleidung schulen."

Auf Wunsch gibt es Pfefferspray

Der Verteidigungsaspekt gehört einem Sprecher der EVG zufolge schon heute zum Schulungsrepertoire: Mitarbeiter könnten sich auf eigenen Wunsch mit Pfefferspray ausrüsten lassen. "Sie werden dann entsprechend geschult, damit beim Einsatz nicht Unbeteiligte zu Schaden kommen."

Allerdings steht auch für die EVG die Deeskalation im Vordergrund. "Im Konfliktfall ist es für die Beschäftigten sinnvoller, sich zurückzuziehen. Sie sollen sich nicht in Gefahr begeben." Wenn eine Situation eskaliere, sei es es deshalb auch richtig, den Zug im nächsten Bahnhof stehen zu lassen.

"Unsere Mitglieder haben uns ganz klar signalisiert, dass die Zahl der Übergriffe zugenommen hat", so der EVG-Sprecher. Die Gewerkschaft begrüßte, dass künftig alle Übergriffe im "Informationsnetzwerk Security" vermerkt werden - also auch Beleidigungen, Anspucken oder Schubsereien. Bahnbeschäftigte, die Opfer von Übergriffen wurden, hätten in der Vergangenheit häufig Desinteresse der Vorgesetzten beklagt, kritisierte EVG-Vize Klaus-Dieter Hommel: "Hier gab es in der Vergangenheit Defizite, weil vieles als Lappalie abgetan wurde. Wer zweimal von seinem Chef gesagt bekommt, man solle sich nicht so anstellen, wenn man obszön beleidigt oder brutal geschubst wird, macht beim dritten Mal keine Meldung mehr."

"Nulltoleranz-Strategie"

Durch die neue "Nulltoleranz-Strategie" der Bahn könnten die Beschäftigten deutlich mehr Hilfe erwarten. "Darauf werden wir nun sehr genau achten und unsere Kolleginnen und Kollegen aktiv auffordern, fehlende Unterstützung zu melden", sagte Hommel. Er kündigte an, die nun getroffene Vereinbarung auch bei den Eisenbahn- und Verkehrsunternehmen im Nahverkehr durchzusetzen.

Die Bahn hatte zuletzt ihre Sicherheitsmaßnahmen aufgrund der steigenden Zahl von Übergriffen auf ihr Personal verstärkt. Nach Konzernangaben sei damit begonnen worden, die Zahl der Sicherheitskräfte von 3700 auf über 4000 zu erhöhen. Weitere 180 Kräfte beginnen in diesem Jahr ihre Ausbildung. Daneben setzt die Bahn auf technische Hilfsmittel wie den Ausbau von Videotechnik, die Erprobung neuer Sicherheitstechnologien sowie den Einsatz sogenannter Bodycams, also Kameras, die die Sicherheitskräfte an ihrer Uniform tragen.

Kontinuierlich würden zudem Dienstpläne überprüft und die personelle Präsenz zu bestimmten Anlässen verstärkt. Gewalttätern droht die Bahn nicht nur mit einer straf- und zivilrechtlichen Verfolgung, sondern auch mit Hausverboten und der Weigerung, sie zu befördern.

(maxi)
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