Chemiekonzern unter Druck 11.200 Glyphosat-Nutzer klagen Bayer an

Rechtskosten, Abschreibungen und Lieferausfälle lassen Bayers Gewinn 2018 einbrechen. Die Aktie steigt dennoch. Mitarbeiter müssen noch Monate warten, bis Details zum Jobabbau klar sind. Auf den aggressiven Investor Elliott angesprochen, reagiert Bayer-Chef Baumann gereizt.

 Bayer-Chef Werner Baumann.

Bayer-Chef Werner Baumann.

Foto: dpa/Oliver Berg

Im Streit um den Unkrautvernichter Glyphosat ziehen immer mehr krebskranke Amerikaner vor Gericht. „Bis zum 28. Januar wurden uns Klagen von 11.200 Klägern zugestellt“, teilte Bayer mit. Bislang waren es 9300. Bayer-Chef Werner Baumann will sich weiter wehren: „Wir haben die wissenschaftlichen Fakten auf unserer Seite und werden dieses wichtige und sichere Herbizid weiter entschieden verteidigen.“

Bayer hatte den Glyphosat-Hersteller Monsanto im vergangenen Jahr übernommen. Die Integration sei gut gestartet, so Baumann. Doch Bayer kämpft an vielen Fronten. Der Gewinn (Ebit) brach 2018 um 34 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro ein. Ursache sind Milliarden-Abschreibungen (vor allem bei rezeptfreien Arzneien), Umbaukosten und Rückstellungen für Prozesse über 661 Millionen Euro. Im vierten Quartal rutschte Bayer sogar in die roten Zahlen. Bei den Glyphosat-Klagen hat Bayer sogar nur Mittel für die Verteidigung zurückgestellt, aber nicht für möglichen Schadenersatz.

Der Gewinn vor Sondereinflüssen (Ebitda) legte 2018 leicht auf 9,5 Milliarden Euro zu, der Umsatz erhöhte sich um 13 Prozent auf 39,6 Milliarden Euro. Anleger hatten ähnliches erwartet und so gehörte die Bayer-Aktie mit einem Plus von fünf Prozent zu den Tagesgewinnern, zumal auch die Dividende konstant bei 2,80 Euro bleibt. „Von solchen Tagen brauchen wir mehr“, sagte Baumann. Mit 70 Euro ist die Bayer-Aktie aber noch immer nur noch halb so viel wert wie 2015. Das hat offenbar auch aggressive Investoren wie den US-Fonds Elliott angelockt, der gerne auf Zerschlagung drängt. Auf Elliott angesprochen reagiert Baumann gereizt: „Elliott ist der Freund meiner Tochter, mit dem habe ich gesprochen“, meinte er. Mehr sei zum Thema Elliott nicht zu sagen.

Nichts sagt Baumann auch zu Details des Jobabbaus. Bayer will 12.000 seiner 117.000 Stellen bis Ende 2021 abbauen, einen „signifikanten Teil“ davon in Deutschland, hier sind immerhin Kündigungen bis 2025 ausgeschlossen. Die Verhandlungen mit den Betriebsräten laufen. Es werde noch ein paar Monate dauern, bis man den Abbau auf Standorte runterbrechen könne, so Baumann. Derzeit werden die Mitarbeiter über Abfindungen und Vorruhestandsangebote informiert.

Probleme gab es 2018 in allen Divisionen: Bei den verschreibungspflichtigen Arzneien (Pharmaceuticals) ging der Gewinn vor Sondereinflüssen um zwei Prozent auf 5,6 Milliarden Euro zurück. Bei mehreren Arzneien gab es Lieferengpässe, Bayer hatte nach einem Warnbrief der US-Behörden Teile der Pharma-Produktion in Leverkusen stilllegen müssen, um die Schlampereien zu beseitigen. Kassenschlager bleiben das Schlaganfallmittel Xarelto und das Augenmittel Eylea. Doch Mitte der 2020er Jahre laufen viele Patente aus. Und was kommt nach dieser „Patentklippe“? Bayer hat 50 Projekte in der Pipeline, aber: „Die Pipeline könnte voller sein“, so Baumann.

Größtes Sorgenkind bleiben die verschreibungsfreien Arzneien (Consumer Health). Hier brach der Gewinn gar um 11 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro ein. Bis heute laufen viele der einst von Merck übernommenen Marken nicht, Bayer will nun Coppertone (Sonnenmilch) und Dr. Scholl’s (Fußpflege) verkaufen. Auch hier gibt es Lieferausfälle: Bei Canesten gingen die Umsätze um über acht Prozent zurück. „Für unser Geschäft mit rezeptfreien Arzneimitteln war 2018 ein schwieriges Jahr“, räumte Baumann ein.

In der Division CropScience stieg der Gewinn dagegen wegen der Monsanto-Übernahme um 30 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro. Monsanto lieferte gut 700 Millionen Euro Gewinn in Leverkusen ab. „Durch die Akquisition sind wir zur Nummer eins im Agrarmarkt aufgestiegen“, sagte Baumann. Zugleich haben sich dadurch die Schulden binnen Jahresfrist auf 36 Milliarden Euro verzehnfacht.

Nun hat Bayer seine 60-Prozent- Beteiligung am Chemiepark-Betreiber Currenta zum Verkauf gestellt. Bayer komme mit den Gesprächen gut voran, sagte Baumann. Laut Branchenkreisen gilt die australische Bank Macquarie als Favorit für die Übernahme. Der Verkauf der Tiermedizin (Animal Health) dauert dagegen etwas länger.

Auch auf den Brexit bereitet sich Bayer vor: Man habe die Vorräte auf der Insel erhöht, so dass sie für acht bis zwölf Wochen reichen, sagte Baumann. „So wollen wir das Grenz-Chaos der ersten Wochen managen.“ Für radiologische Produkte wie Xofigo für Männer mit Prostata-Leiden gehe das aber nicht. Daher sei man in Gesprächen über andere Lösungen.

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