Düsseldorf Unter drei Millionen Arbeitslose

Düsseldorf · Der wirtschaftliche Aufschwung setzt sich fort. Die Unternehmen suchen händeringend nach neuen Fachkräften. Für sie wird es immer schwieriger, das passende Personal zu finden. Viele Stellen sind unbesetzt.

Der robuste wirtschaftliche Aufschwung lässt die Arbeitslosigkeit in Deutschland weiter sinken. In NRW waren im Mai 733 000 Menschen ohne Job – 16 700 weniger als im April. Das ist der niedrigste Stand in einem Mai seit 1993. Die Arbeitslosenquote ging von 8,3 Prozent auf 8,1 Prozent zurück. Deutschlandweit sank die Arbeitslosenzahl erstmals seit sieben Monaten wieder unter die Marke von drei Millionen. Die Arbeitslosenquote fiel um 0,3 Prozentpunkte auf 7,0 Prozent, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) mitteilte.

"Der deutsche Arbeitsmarkt ist kerngesund", sagte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen gestern. Die Auswirkungen der Krise hat der Arbeitsmarkt in NRW nun überwunden – und es geht weiter aufwärts. Die Lage sei heute günstiger als vor der Krise, sagte Christiane Schönefeld, Chefin der NRW-Regionaldirektion der BA. Das verdeutlicht auch die kräftige Arbeitsnachfrage: Im Mai wurden in NRW 40 100 offene Stellen gemeldet, das sind 8,2 Prozent mehr als vor einem Jahr. Gleichzeitig bleiben aber immer mehr Stellen unbesetzt. Das zeigt: Für die Betriebe wird es immer schwieriger, geeignete Kräfte unter den Arbeitslosen zu finden.

Dabei suchen die Unternehmen nun verstärkt nach neuen Fachkräften, um die steigende Nachfrage bedienen zu können. Siemens hat derzeit rund 3800 offene Stellen in Deutschland, Versorger Eon 340 und der Chemiekonzern Lanxess 80. Die Deutsche Telekom hat zurzeit 450 Stellen ausgeschrieben, in diesem Jahr sollen "einige Tausend" Beschäftigte eingestellt werden, so ein Sprecher. Pharma-Riese Bayer will rund 1000 Mitarbeiter neu einstellen, zusätzlich 900 Auszubildende. Bei Henkel gibt es aktuell 77 offene Stellen. "Der Stellenmarkt hat in den vergangenen Monaten enorm an Dynamik gewonnen", sagte eine Siemens-Sprecherin. In den ersten zwei Quartalen des Jahres habe der Konzern in Deutschland rund 6300 Mitarbeiter neu eingestellt – das seien fast so viele wie im gesamten Jahr 2010. Dem Energieriesen Eon fehlt es vor allem an Ingenieuren. "Um unsere Innovationen voranzubringen, brauchen wir zahlreiche Techniker", sagte eine Sprecherin. Aber auch in allen anderen Bereichen seien Stellen vakant. Auch Lanxess sucht "kompetente Leute in allen Bereichen". "Die Chemiebranche boomt", sagte ein Sprecher.

Ein Ende des Aufschwungs am Arbeitsmarkt ist nicht in Sicht. "Die Nachfrage nach Arbeitskräften wird weiter steigen, wenn auch mit etwas gebremster Dynamik", sagt Thomas Bauer, Vizepräsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI). Holger Schäfer, Arbeitsmarktexperte beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW), geht davon aus, dass die Arbeitslosenzahl in diesem Jahr dauerhaft bei unter drei Millionen liegen wird. "Gut möglich, dass sie im Herbst sogar auf bis zu 2,6 Millionen sinkt." Die meisten zuletzt eingestellten Beschäftigten seien Kurzzeitarbeitslose gewesen. Irgendwann müssten aber auch die Langzeitarbeitslosen zurück in den Arbeitsmarkt – das werde bedeutend schwieriger. "Momentan ist die Konjunktur aber stark genug, dass dies gelingt", sagte Schäfer.

(RP)
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